Michail Sygar

Endspiel

Die Metamorphosen des Wladimir Putin
Cover: Endspiel
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2015
ISBN 9783462048308
Kartoniert, 400 Seiten, 16,99 EUR

Klappentext

Der im Jahr 2000 überraschend zum russischen Präsidenten gewählte Wladimir Putin orientiert sich zunächst nach Westen, will in den Klub der Staatenlenker wie Tony Blair, George W. Bush und Gerhard Schröder aufgenommen werden. Doch bald fühlt er sich betrogen, von der Nato-Osterweiterung, den vom Westen unterstützten 'orangen' Revolutionen in Georgien und der Ukraine. Er räumt potenzielle Rivalen wie Michail Chodorkowski aus dem Weg und zieht innenpolitisch die Zügel an. Es folgt eine Phase, in der Putin sich eher wie ein mächtiger Oligarch gibt, in der er das 'gute Leben' der Superreichen schätzen lernt. Während der Präsidentschaft Medwedews bleibt er mit seinen PR-Stunts - halbnackt auf dem Pferd, mit Weißkranichen fliegend - omnipräsent. Als sich zu Beginn seiner dritten Amtszeit das Großstadtpublikum von ihm abwendet, besinnt Putin sich auf das einfache Volk, mit dem er sich im Hass auf Amerika einig weiß.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.01.2016

Von einer spannenden, erkenntnisreichen Lektüre berichtet Johanna Roth: Anhand von zahlreichen Interviews mit einstigen Wegbegleitern Putins zeichnet der Journalist Michail Sygar den Weg des russischen Politikers zu seiner heutigen Machtposition als eine Abfolge von Wandlungen und Zufällen nach, die den heute gefürchteten Machtpolitiker als "gewissermaßen in sein Amt hineingestolpert" kenntlich machen. Demnach habe sich Putin erst an die Macht gewöhnen und sie zu schätzen lernen müssen, bevor er zur heute im Westen gefürchteten Figur geworden ist. Zweierlei führte er dabei im Sinn, referiert die Kritikerin: Einerseits suche er obsessiv nach den Bildern und Projektionen des Westens, die er bestätigen oder im eigenen Interesse aufgreifen kann, andererseits bediene er Sehnsüchte nach einer Heldenfigur im Innern. Mitunter mute das hochkonzentrierte Buch für westliche Kreise zwar etwas unzugänglich an, da es sich sehr auf wenig durchschaubare personelle Konstellationen konzentrierte, erklärt die Rezensentin. Auch der politische Nährboden der Jelzin-Ära bleibe eher unklar. Doch wichtig sei dieses Buch für Putin-Interessierten allemal.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.01.2016

Rezensent Christian Esch kommt es vor, als sähe er eine russische Version der US-Serie "House of Cards". Das  Buch des Moskauer Journalisten Michail Sygar wäre das Drehbuch dazu. Wenn der Autor 15 Jahre Putinismus Revue passieren lässt, weiß Esch jedenfalls nicht immer, was Fiktion, was Fakt ist. Genau das ist das Problem des Buches, findet er, auch wenn es unterhaltsam ist, wenn Sygar die "Darsteller" des Kremltheaters auflaufen lässt, Intrigen darstellt und vertrauliche Gespräche wiedergibt. Woher zum Teufel weiß er das alles?, fragt sich der Rezensent desöfteren. Dass er vom Autor keine Antwort erhält, schmälert seinen Lektüregenuss beträchtlich, auch wenn er in der Unentschiedenheit zwischen Gerücht und Wahrheit das von Sygar behandelte politische System gespiegelt sehen kann.