Michael Gemperle (Hg.), Franz Schultheis (Hg.), Berthold Vogel (Hg.)

Ein halbes Leben

Biografische Zeugnisse aus einer Arbeitswelt im Umbruch
Cover: Ein halbes Leben
UVK Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 2010
ISBN 9783867642446
Kartoniert, 760 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

"Arbeit ist das halbe Leben", sagt man. Sie ist zentraler Bestandteil unseres Alltags, Kernbereich unserer Lebenswelt und bestimmt meist eine lange Wegstrecke unserer biografischen Laufbahn. Doch die Arbeitswelt unterliegt einem raschen und tief greifenden Wandel: Finanzkrise und Rezession, Insolvenzen, Massenarbeitslosigkeit und Unsicherheiten der Altersvorsorge sind dabei nicht bloß Schlagworte, sondern betreffen uns inzwischen alle.
Im vorliegenden Band wird die Arbeitswelt in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf den Prüfstand gestellt. Berufstätige aus unterschiedlichsten Branchen berichten in Interviews von ihrem Berufsalltag, ihren Schwierigkeiten, Sorgen und Nöten, Hoffnungen und Frustrationen.
Rund 50 SozialwissenschaftlerInnen geben durch diese Interviews denen eine Stimme, die in den Gesellschafts- und Zeitdiagnosen oft keinen Platz finden: den Betroffenen selbst. Es sind Zeugnisse von mehr oder minder dramatischen oder trivialen Veränderungen, mehr oder minder (dis-)kontinuierlichen Entwicklungen, belastenden oder entlastenden Neuerungen, die in den vorgelegten Porträts mittels einer verstehenden Forschungsmethode nachvollzogen und objektiviert werden. Dabei werden biografische Besonderheiten wie berufsweltliche Muster und exemplarische Erfahrungen herausgearbeitet und kritisch reflektiert. Paradox anmutende Entwicklungen treten dabei hervor. Dieses Kaleidoskop der Arbeitswelt schärft den Blick für ihre Entwicklungsdynamiken und Transformationen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.11.2010

Einen erhellenden Einblick in die moderne Arbeitswelt findet Rezensentin Ulla Fölsing in der großen Sozialreportage "Ein halbes Leben". Der von dem Soziologen und Bourdieu-Experten Franz Schulheis herausgegebene Gesprächsband versammelt nach ihren Angaben Beiträge von 50 Wissenschaftlern, die Berufstätige aus den verschiedensten Branchen von der Reinigungskraft über den Zimmermann und den Postbeamten bis zum Banker, Anwalt und Oberarzt nach ihren Sorgen, Nöten, Hoffnungen, Erwartungen und den Veränderungen der Berufswelt in den letzten zwanzig Jahren befragt haben. Die höchst individuellen Porträts vermitteln laut Fölsing einen Eindruck von der Fülle an unterschiedlichen Arbeitsrealitäten. Auch wenn die Herausgeber auf einen zentralen Befund verzichten, wird für sie deutlich, dass Arbeit heute fast das ganze Dasein bestimmt und die Arbeitsintensität in den letzten zwanzig Jahren enorm zugenommen hat.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.11.2010

Den Veränderungen in der Arbeitswelt und den Auswirkungen auf die Arbeitenden geht Urs Hafner gern mal auf den Grund. Mit diesem Band hat er einen ganz schönen Ziegel auf dem Tisch: 50 Soziologen interviewen 50 Berufstätige, von der Putzfrau bis zum Lehrer, auf rund 800 Seiten! Eine Menge Stoff für den Rezensenten, der die hier angewandte Bourdieu-Methode, die Befragten als Experten in eigener Sache auftreten zu lassen, zwar schätzt, doch die schiere Menge an Text kaum bewältigt. Kondensation, findet er, hätte dem Ganzen gut getan. Zumal er sich ein bisschen auf den Arm genommen fühlt, wenn den eigentlichen Interviews zusammenfassende Einleitungen vorangestellt werden. Wozu das dann noch lesen? Die zutage geförderten Erkenntnisse aus der Arbeitswelt (Grundtenor: düster) beschließen die Soziologen dann auch noch mit einem Fazit (Ökonomisierung!), das Hafner alles andere als neu findet, so bemerkenswert es ihm vor dem Hintergrund gegenteiliger soziologischer Zeitdiagnostik auch erscheint.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.08.2010

Mit hohem Lob bedenkt Rezensent Harry Nutt diesen Band, der eine Fülle von biografischen Zeugnisse aus der Arbeitswelt versammelt. Die Gespräche mit und Porträts von Menschen aus allen Berufsgruppen - Bahnern, Lehrern, Friseuren, Anwälten, Künstlern, Saisonarbeitern usw - vermitteln ihm ein erhellendes Bild von der "Arbeitsbiografie als gelebtes Leben". Deutlich wird in seinen Augen insbesondere, wie die strukturellen Veränderungen am Arbeitsplatz oder in ganzen Branchen in die Biografien der Menschen eingreifen. Nutt schätzt den Band, an dem rund 40 Autoren und Sozialwissenschaftlern mitgearbeitet haben, auch als "hinreißendes Lesebuch" von beeindruckender "dokumentarischer Literarizität".