Martin Riesebrodt

Cultus und Heilsversprechen

Eine Theorie der Religionen
Cover: Cultus und Heilsversprechen
C.H. Beck Verlag, München 2007
ISBN 9783406562136
Gebunden, 316 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Anhand vieler Beispiele aus sehr unterschiedlichen Religionen erklärt Martin Riesebrodt, was alle gemeinsam haben und warum Kulte und Rituale für ihre Anhänger so attraktiv sind, dass sie auch vor Gewalt gegen sich selbst und andere nicht zurückschrecken. Alle Religionen versprechen den Menschen, dass sie durch die Pflege ihrer Beziehungen zu übermenschlichen Mächten Unheil abwehren, Krisen bewältigen und Heil empfangen können. Dieses Heilsversprechen findet Ausdruck in den Liturgien religiöser Festtage und in lebenszyklischen Ritualen, in den radikalen Praktiken von Asketen und den Verheißungen von Propheten. Während sich religiöse Ethiken und Gefühle wandeln und Weltbilder und Mythen irgendwann überholt sind, werden weiter die überlieferten Gebete gesprochen, Liturgien gesungen und Opfer gebracht. Rituale sind das Verbindende zwischen monotheistischen Religionen und antiken Polytheismen, zwischen ostasiatischen Religionen und modernen religiösen Bewegungen. Sie bieten einen einzigartigen Schlüssel, um die alle Aufklärungen überdauernde Anziehungskraft von Religionen zu verstehen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.10.2007

Weitgehend zustimmend hat Rezensent Karl-Heinz Kohl die Theorie der Religionen des amerikanischen Religionssoziologen Martin Riesebrodt gelesen, dessen Neubestimmung des Religionsbegriffs er für recht brauchbar hält. Ausführlich rekapituliert er die unterschiedlichsten Auffassungen von Theologen, Religionswissenschaftlern, Philosophen, Psychoanalytikern, Marxisten, Ethnologen, Soziologen oder Neurowissenschaftlern. Ihm stellt sich die Frage, ob ein universaler Begriff von Religion angesichts dieser Vielfalt von Ansichten überhaupt haltbar ist. Riesebrodts Ansatz, weder unterschiedliche Inhalte noch die Funktionen einzelner Religionen als Kriterium zu nehmen, sondern das praktische Handeln religiöser Akteure, scheint Kohl sehr überzeugend. Religion erscheine demnach als empirisch gegebenes Handlungssystem von theologisch konstruierten religiösen "Traditionen", Religiosität als subjektive Aneignung von Religion. Kohl attestiert dem Autor, diese These an zahlreichen Beispielen aus der Geschichte des Judentums, des Christentums und des Islams, des Hinduismus, des Buddhismus und anderer Religionen vor Augen zu führen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2007

In einem intelligenten und denkwürdigen Buch versucht der Religionssoziologe Martin Riesebrodt zu definieren, was Religion ist, schreibt ein sehr eingenommener Rezensent Bernhard Lang. Der an der University of Chicago lehrende Riesebrodt versteht Religion als "Heilsversprechen", das durch den "Kultus" zu erlangen ist, erklärt der Rezensent, der noch darauf hinweist, dass sich der Autor bei seinen Ausführungen auf den Islam, das Christentum und das Judentum sowie ostasiatische Religionen stützt. Wichtig in Riesebrodts Ausführungen ist noch die Unterscheidung der Gläubigen in "Laien" und "Virtuosen" - Begriffe von Max Weber - wobei er unter ersteren gewöhnliche Gläubige versteht, deren Religion ihr Leben begleitet und unter den letztgenannten diejenigen, die sich in ihrem Glauben aus der breiten Masse herausheben wollen und sich und anderen große Opfer abverlangen, so Lang weiter. Dieses außerordentliche Religionsbuch bietet eine gleichermaßen niveauvolle wie Gewinn bringende Lektüre sowohl für Agnostiker wie für die, die im Dickicht der Religionstheorien Klärung suchen, glaubt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2007

Rezensentin Elisabeth von Thadden ist hochzufrieden mit dem neuen Buch des Chicagoer Religionssoziologen. Einerseits. Denn aus ihrer Sicht hat Martin Riesebrodt in seiner "gelassenen" vergleichenden Studie geschickt das Konfliktthema der Wahrheit, die jede Religion für sich beansprucht, untertunnelt und überbrückt. Statt der Schriften und ihre Geschichts- und Fortschrittsmodelle habe er nämlich den Cultus und die Liturgien ins Zentrum seiner Betrachtung gestellt. Dabei folge er im Wesentlichen den drei "großen Entzauberern" Max Weber, Sigmund Freud und Arnold Gehlen und zeige, dass Religion eine symbolische Praxis sei, die die Abwehr von Unheil mit der Heilssuche verbinde. Obwohl ihr das einleuchtet, hätte die Rezensentin gern mehr über die Gewalt als Form religiös motivierter Handlung gelesen.
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