Martin Heidegger

Überlegungen VII-XI (Schwarze Hefte 1938/1939)

Gesamtausgabe, IV. Abteilung: Hinweise und Aufzeichnungen. Band 95
Cover: Überlegungen VII-XI (Schwarze Hefte 1938/1939)
Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt/Main 2014
ISBN 9783465038320
Broschiert, 460 Seiten, 48,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Peter Trawny. Heidegger ist auf dem Weg, seine Nähe zum Nationalsozialismus zu verlassen. Immer mehr erblickt er in ihm eine Verkörperung der "Machenschaft". Die Kritik an der Ideologie im Besonderen und Allgemeinen nimmt zu, d.h. ein seinsgeschichtliches Verständnis von Bolschewismus und Kommunismus wird ausgearbeitet. Auch der Nationalismus und die Rassentheorie werden als die Vollendung des abendländischen Subjekt-Denkens abgelehnt. Dennoch gerät zum ersten Mal das Judentum auf problematische Weise in den Blick.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.04.2014

Uwe Justus Wenzel hat sich sehr ernsthaft auf die mühsame Lektüre von Martin Heideggers "Schwarzen Heften" (1931-1941) eingelassen. Diese Aufzeichnungen des Denkers des "Seyns", die jetzt als Bände 94 bis 96 der Gesamtausgabe erschienen sind, umkreisen, wie er detailreich erläutert, in immer neuen Skizzen Aufgang und Untergang des "Seyns" und des "Menschentums" - und die Rolle des "Judentums" hierbei. Die Zitate, die Wenzel in seiner Besprechung bringt, vermitteln einen guten Eindruck von dem für Heidegger typischen raunenden, schwülstigen, dunklen und mystisch wabernden Sound. Im Blick auf Heideggers Antisemitismus erklärt der Rezensent um Korrektheit bemüht, dass antisemitische Passagen bezogen auf den gesamten Umfang der "Schwarzen Hefte" eher selten vorkommen, nämlich ungefähr ein Dutzend Mal auf 720 Seiten. Diese Passagen findet er gleichwohl sehr "abstoßend". Wenzel zitiert Hans Jonas, der im Blick auf Heidegger vom Rätsel sprach, "dass man ein Denker sein kann und dabei ein niedriger Mensch", um seinerseits zu dem Schluss zu kommen, dass dieses Rätsel mit der Publikation der "Schwarzen Hefte" noch größer geworden ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.03.2014

Für Thomas Meyer bietet dieser Teil der Heidegger-Gesamtausgabe Gelegenheit, die Selbstüberhebung eines Denkens ins Totalitäre zu beobachten. Dass Heideggers Schwarze Hefte Teil des Gesamtwerks sind, daran hat Meyer keinen Zweifel, auch wenn ihm die Lektüre der "Überlegungen" deutlich die Mischung aus Klarsicht, Selbstüberschätzung und Verzweiflung Heideggers vor Augen führt. Klärend und präzisierend wirken die Aufzeichnungen für den Rezensenten auf den Rest des Werkes, indem sie die Denkbewegung des Autors freilegen, wie Meyer schreibt. Dass dies vom Autor so gewollt sein sollte, erstaunt Meyer. Verständlich aber scheint ihm der Philosoph deswegen noch lange nicht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2014

Die "Schwarzen Hefte" des Philsophen Martin Heidggers, die nun in mehreren Bänden als Abschluss der Gesamtausgabe seiner Werke erschienen sind, zementieren für Dirk Pilz, was er schon lange wusste: der Denker des Seins war - trotz seiner Kritik am "Vulgärnationalsozialismus" der machthabenden Nazis - ein waschechter geistiger Nationalsozialist mit einer nationalsozialistischen und vor allem antisemitischen Philosophie. Daran ist nach Ansicht des Rezensenten nach der Lektüre der nun vorliegenden Bände nicht mehr zu rütteln, zumal Heidegger seine Aufzeichnungen aus den Jahren 1931 bis 1941 um 1970 noch einmal durchgesehen und als Abschluss seiner Werkausgabe bestimmt hat. Wohl, wie Pilz vermutet, weil er darin sein "philosophisches Vermächtnis" sah.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.03.2014

Nach der Lektüre der jetzt im Rahmen der Gesamtausgabe erschienenen "Schwarzen Hefte" des Philosophen Martin Heideggers ist für Rezensent Micha Brumlik der letzte Zweifel ausgeräumt: der Denker des Seins war ein "überzeugter Nationalsozialist". Brumlik hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es sich bei den von 1939 bis 1941 verfassten "Schwarzen Heften" nicht etwa um schnell hingeworfene Notizen handelt, sondern um Niederschriften, die präzise, sorgfältig und wohlüberlegt daherkommen, und die Heidegger selbst als Abschluss der Gesamtausgabe seiner Werke sehen wollte. In diversen Passagen wird für den Rezensenten deutlich, dass Heidegger kein konventioneller Antisemit wie zahlreiche andere Philosophie-Professoren war, sondern dass er tatsächlich versucht hat, die politische Form des Nationalsozialismus und dessen Antisemitismus philosophisch zu artikulieren. Insofern charakterisiert Brumlik das Denken Heideggers als bis in die Details nationalsozialistisch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.03.2014

Jürgen Kaube findet es richtig, dass nur noch über die Person Heidegger, aber nicht mehr über den Inhalt seiner "Schwarzen Hefte" diskutiert wird. Was gäbe es da auch zu diskutieren? Heideggers unabweisbare Nähe zum Nationalsozialismus etwa? Und auch Heideggers Antisemitismus sticht dem Rezensenten in diesem Teil des Gesamtwerks jedenfalls immer wieder ins Auge. Ebenso der Umstand, dass hier keine Philosophie betrieben, sondern argumentations- und weitgehend reflexionslos Sprüche zu einer Privatmythologie fabriziert werden. Der Rest, meint Kaube, ist widerwärtiges, da durch giftigen Hass motiviertes, jedenfalls von Hass durchzogenes Begriffsdurcheinander.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.03.2014

Mag es bisher noch jene Verteidiger Heideggers gegeben haben, die seinen Antisemitismus als normal-katholisch herunterspielten (oder ihn ganz bestritten), mit der Veröffentlichung der "Schwarzen Hefte" ist damit endlich Schluss, hofft Thomas Assheuer. Denn in Heideggers Denktagebüchern aus den Jahren 1931 bis 1941 wird nicht nur klar, dass der Philosoph ein überzeugter Nationalsozialist war und lange Jahre in Adolf Hitler eine Heilsgestalt erblickte, die alle Welt aus der verderblichen "Seynsvergessenheit" der Moderne reißen sollte, sondern auch, wie eng seine politisch-philosophischen Vorstellungen mit seinem Judenhass zusammenhingen, erklärt der Rezensent. In späteren Einträgen distanzierte Heidegger sich zwar von Hitler und den "Braunhemden", jedoch nur, weil für ihn die Nationalsozialisten "mit ihren Stiefeln fest in den Endmoränen der Neuzeit" steckten, die es ihm zu zerstören galt, so Assheuer, dem bei Sätzen wie "Alles muss durch die völlige Verwüstung hindurch" fröstelt. Vielleicht versetzen diese Bände der Selbstverständlichkeit, mit der Heidegger inzwischen begegnet wird, einen ordentlichen Schlag, hofft der Rezensent.