SüdosteuropaWeltgeschichte einer Region
C.H. Beck Verlag, München
2016
ISBN
9783406698309, Gebunden, 704Seiten, 38,00
EUR
Klappentext
Der Balkan - das war von den europäischen Zentren aus betrachtet immer das Fremde, Exotische und Rückständige. Marie-Janine Calic schreibt die Geschichte Südosteuropas als Weltgeschichte und hinterfragt dabei die gängigen Stereotype über die Region. Die Bewohner Südosteuropas teilen viele gemeinsame Erfahrungen, und bis heute sind ihre Schicksale wechselseitig eng miteinander verknüpft. Eine gemeinsame Identität sucht man dennoch vergeblich. Stattdessen hat sich hier eine einzigartige Vielfalt herausgebildet, die sich nicht zuletzt überregionalen Bezügen verdankt. Werden und Wandel Südosteuropas von der Antike bis zur Gegenwart werden daher in diesem Buch nicht bloß aus der Region selbst erklärt, sondern aus einer globalgeschichtlichen Perspektive neu betrachtet. Dabei zeigt sich, dass der Austausch mit dem Rest der Welt eine viel größere Rolle gespielt hat, als es in den gängigen historischen Darstellungen zum Ausdruck kommt.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2017
Rezensent Philipp Ther ist nicht überzeugt von dem Buch seiner Münchner Historikerkollegin Marie-Janine Calic, auch wenn sie vor allem mit den Porträts früher Aufklärer sehr eingängig das Klischee von Südosteuropa als "Raum der Rückständigkeit" widerlegt. Aber warum nennt sie ihr Buch eine Weltgeschichte? Die wenigen Bezüge zu den USA oder dem Fernhandel rechtfertigen für ihn den Begriff kaum. Doch mehr noch wirft der Rezensent der Autorin vor, die politischen und wirtschaftlichen Probleme der Region allein extern zu erklären: Wenn nicht das Osmanische Reich schuld war, dann der westliche Imperialismus. Statt "identitätsstiftender Abwehr" hätte sich der Rezensent gewünscht, dass Calic auch Feudalismus, Elitenversagen und regionalen Imperialismus in Südosteuropa in den Blick nimmt.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.02.2017
Karl-Peter Schwarz lobt die eigenständige Methode der Geschichtsprofessorin Marie-Janine Calic bei ihrem Blick auf die Gesamtgeschichte Südosteuropas. Wenn sich die Autorin auf Edward Said und Maria Todorova beruft und gelehrte Vorurteile über den Balkan zu dekonstruieren versucht, horcht Schwarz auf. Die weltweiten Verflechtungen Südosteuropas, translokal, transregional und transnational, die Calic offenlegt, aber auch die Modernisierungsschübe versorgen den Rezensenten mit einer Fülle von Material und farbigen Details, etwa zu Städten wie Rhodopen, Bukarest oder Sarajevo oder zu den großen Aufklärern wie Eugenios Voulgaris. Eine lohnende Lektüre, findet Schwarz, wenn ihm die energische Kritik der Autorin an den Stereotypen der Balkanologie auch mitunter etwas übertrieben erscheint.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 18.11.2016
"Gut lesbar" nennt Rezensent Norbert Mappes-Niediek Marie-Janine Calics 700-Seiten-Wälzer über die geistigen, politischen und wirtschaftlichen Verstrickungen und Vernetzungen im Südosteuropa der letzten Jahrhunderte. Viel mehr hat er zur stilistisches Qualität des Buches nicht zu sagen, muss er auch nicht, denn es ist der informative, aufklärerische Inhalt von Calics Buch, der ihn packt und zu einem engagierten, bekräftigenden Resümee animiert. Zu Calics Leistungen in diesem Werk zählt er, dass sie große Revolutionäre, Forscher und andere Persönlichkeiten dem Vergessen entreißt, über die Zusammenhänge zwischen Rückständigkeit und Globalisierung aufklärt und die Region insgesamt etwas weiter ins Blick- und Verständnisfeld des Westens rückt.