Marcel Proust

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Band 1: Auf dem Weg zu Swann
Cover: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
Reclam Verlag, Stuttgart 2013
ISBN 9783150109007
Gebunden, 694 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Bernd-Jürgen Fischer. Bis tief ins 20. Jahrhundert wurde die Suche als ein Sittengemälde der Belle Époque gelesen, als ein Schlüsselroman der frivolen Pariser Oberschicht der vorletzten Jahrhundertwende. Aus heutiger Sicht geht es jedoch um Tieferliegendes, um die unaufhebbare Einbindung des Individuums in die Gesellschaft und seine Abhängigkeit von deren Entwicklung. Dabei gibt Proust das Wirken auch der unmerklichsten Einflüsse auf der Ebene des Unter- oder Unbewussten zu erkennen. Das erfordert einen ganz neuen Blick auf den Text. Eine zeitgemäße Übersetzung muss moderne Hilfsmittel der Textanalyse anwenden. Sie muss davon ausgehen, dass Proust sich gern in Etymologien verliert und über das Wirken der Zeit auf die Sprache nachdenkt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.11.2013

Ina Hartwig ist offen gesprochen nicht überzeugt von Bernd-Jürgen Fischers mit diesem ersten Band der "Recherche" einsetzender Neuübertragung von Prousts opus magnum. Vom detailgefüllten Apparat im Band einmal abgesehen. Sie zieht die alte Übersetzung von Eva Rechel-Mertens und auch Rudolf Schottlaenders Arbeit vor. Um zu diesem Urteil zu kommen, dringt Hartwig bis an die Substanz des Textes und seiner Gedankenwelt vor. Dort angekommen stellt sie fest: Weder hat Fischer den Proustschen Glanz und Biss (etwa bei Prousts ätzender Ärzte-Satire), noch bietet er eine verlässliche Sprachebene, die sowohl den Ton des Werks als auch den der Gegenwart trifft. Für Hartwig vornehmste Aufgabe jeder Neuübersetzung.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2013

Mit der Übersetzung von Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Bernd-Jürgen Fischer möchte der Reclam Verlag wohl Suhrkamp direkte Konkurrenz machen, vermutet Andreas Isenschmid, der achtzigseitige Kommentar und das ebenfalls umfangreiche analytische Inhaltsverzeichnis legen das nahe. Allerdings ist der Rezensent von dieser Neuübersetzung nur wenig überzeugt, zu sehr hält sie sich oft ans Wörtliche, wo das stilistische Feingefühl anderes verlangt, zu umständlich sind auch die Satzkonstruktionen, und diejenigen Fehler, die Fischer gegenüber der Suhrkamp-Ausgabe ausbügelt, macht er mit reichlich eigenen Patzern wett, fasst Isenschmid zusammen. Bis Elisabeth Edl sich an Proust setzt, wird wohl der Suhrkamp-Ausgabe der Vorzug gebühren, meint der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.11.2013

Albert Gier legt sich gleich zu Beginn fest: Bernd-Jürgen Fischers Neuübersetzung von Prousts "Recherche" reicht, trotz einigen wortwörtlichen Übereinstimmungen, im einzelnen nicht an die von Lucius Keller aus den Neunzigern heran, die der Rezensent deutlich vorzieht. Schon Fischers Vorhaben, Prousts humorvolle Aspekte besser zu konturieren, findet in der vorliegenden Übersetzung höchstens vereinzelt Entsprechung, meint Gier, der sich sehr daran stößt, wie Fischer - anders als Kellers weitgehend geschmeidigere Übersetzung - einem vertrackten Satzbau frönt. Der Rest der Besprechung besteht aus Passagenvergleichen: Manches trifft Fischer, manches Keller genauer - auch wenn der Kritiker die Neuübersetzung für Flüchtigkeitsfehler, Ungenauigkeiten und den unsachgemäßen Einsatz von Umgangssprache zuweilen tadeln muss. Der Appendix mit Anmerkungen fällt bei Keller "reichhaltiger" aus, dafür findet sich bei Fischer eine praktische und ausführliche Inhaltsübersicht. Kurz: Die etwas ältere Übersetzung ist "für Genussleser eindeutig besser geeignet".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.10.2013

Rezensent Martin Mosebach gibt freimütig zu, dass ihm für einen genauen Vergleich zwischen der alten Übersetzung von Eva Rechel-Mertens und der nun vorliegenden von Bernd-Jürgen Fischer die Muße fehlt. Oder, wie er schreibt: Dem interessierten Leser soll hier nicht der Spaß am Vergleichen vorweggenommen werden. Es sei dem Rezensenten verziehen. Immerhin nimmt er sich die Zeit, anhand einiger Textstellen die Probe aufs Exempel zu machen und beweist damit, dass der Übersetzer hier für ihn kein Sakrileg begeht. Schon der Titel des ersten Bandes von Prousts Meisterwerk ist für Mosebach näher dran, als der bei Rechel-Mertens. Und wenn Fischer den ersten Satz einfach wie gehabt stehen lässt, erfüllt das Mosebach mit Respekt, da er nicht gleich sozusagen in die Vollen langt. Das macht der Übersetzer dafür im zweiten Satz und kann Mosebach nicht überzeugen. Gleichfalls beim Schlüsselsatz des ersten Bandes der Recherche. Hier vermag Fischer laut Mosebach nicht wie Rechel-Mertens die ganze Dramatik des Madeleine-Moments zu erfassen und greift übersetzerisch haarscharf daneben. Kleiner Trost für all die Mühe: Der Anmerkungsteil erschließt dem kritischen Rezensenten den Text sehr umfangreich, das macht ihm Freude und lässt ihn die Übertragung allen Proust-Fans zu guter Letzt doch noch ans Herz legen.
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