Der ThronfolgerEin Franz-Ferdinand-Roman
Zsolnay Verlag, Wien
2014
ISBN
9783552056732, Gebunden, 576Seiten, 26,00
EUR
Klappentext
Sonntag, 28. Juni 1914, 10.45, Sarajevo, Ecke Franz-Joseph-Straße/Appelkai: Mit zwei Pistolenschüssen tötet der 19-jährige Gavrilo Princip den Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie. Einen Monat später erklärt Österreich dem Königreich Serbien jenen Krieg, der den Ersten Weltkrieg auslöst. Franz Ferdinand d'Este, Neffe des Kaisers Franz Joseph, war ein Tyrann, scheu und voller Menschenverachtung, der den Tod des Monarchen Franz Joseph herbeisehnte und widersprüchliche Staatspläne entwarf. In diesem biografischen Roman, der nach Erscheinen 1937 sofort verboten wurde, verdammt Ludwig Winder seinen armseligen Helden jedoch nicht, sondern zeigt, wie erstarrt das habsburgische Hofzeremoniell war - eine Wiederentdeckung hundert Jahre nach dem Attentat von Sarajevo.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 28.06.2014
Ludwig Winders Roman über den Thronfolger Franz Ferdinand, der am 28. Juni 1914 von dem neunzehnjährigen Gymnasiasten Gavrilo Princip in Sarajevo erschossen wurde, ist zur Freude von Gustav Seibt nun - anlässlich des Gedenkens an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren - von Ulrich Weinzierl neu herausgegeben worden. Er würdigt den heute weitgehend vergessenen Schriftsteller als einen Erzähler vom Rang eines Josef Roth oder eines Stefan Zweig. "Der Tronfolger", 1937 verboten, ist für Seibt "der Roman der sterbenden Monarchie". Verglichen mit Roths Romanen "Radetzkymarsch" und "Kapuzinergruft" findet er das Werk deutlich kälter und weniger nostalgisch. Der biografische Roman macht in seinen Augen wenig Hoffnung, dass Franz Ferdinand, wäre er nicht ermordet worden, die K.-u.-k.-Monarchie hätte retten können. Lobend erwähnt Seibt auch das kluge und behutsame Nachwort von Ulrich Weinzierl.
Rezensionsnotiz zu
Die Welt, 28.06.2014
Als große Wiederentdeckung feiert Joseph Wälzholz die Neuauflage des 1938 erschienenen Romans von Ludwig Winder. Wie der Autor dem Leser trotz allen Wissens über den Ausgang der Geschichte das Leben und Wirken Franz Ferdinands aufs Unterhaltsamste nahebringt, wie er ironisch das Paradoxe der Monarchie beleuchtet und deren Zerfall den Leser "mit dem Gefühl" nachvollziehen lässt, wie er schließlich die Psychologie aller Beteiligten begreifbar macht, das hat den Rezensenten fasziniert. Wie einen Thriller liest Wälzholz den Ablauf des Schicksalstages. Das Nachwort scheint ihm kundig und gleichfalls lesenswert.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 07.06.2014
Bereits 1937 ist dieser Roman über den 1914 ermordeten, österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand erschienen, berichtet Franz Haas und staunt über die darin versammelte Faktenmenge, die selbst heutigen Historikern noch als Stütze dient. Auf literarischem Feld war diesem lange verbotenen Buch unterdessen nicht allzuviel Glück beschieden: Der 1946 verstorbene Autor gehört zu den Vergessenen der Literaturgeschichte, so Haas weiter. Ein Fehler, meint der Kritiker, ist dieses unterhaltsame Buch doch nicht nur in seiner Beschreibung des Protagonisten "brillant", sondern auch "mit den besten Wassern der Ironie gewaschen" und vergleichbaren Romanen von Stefan Zweig und Joseph Roth überdies noch in mancher Hinsicht überlegen. Als Bild einer vergangenen Zeit leistet dieser Roman beste Dienste, zumal Winder gar nicht erst in die Nähe der Nostalgie-Falle gerät, lobt der Rezensent. Vielmehr bietet der Autor nicht nur Einblick in die Seele eines unbeliebten, jähzornigen Prinzen, sondern auch in die historische Realität des österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaats, und macht aus diesem Porträt am Ende sogar einen waschechten Politthriller.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.2014
Überaus eindrucksvoll findet Nicole Henneberg die Hauptfigur in Ludwig Winders 1936 in Prag verfasstem Roman über den unbeliebten, innerlich zerrissenen Habsburger Thronfolger Franz Ferdinand. Über die Figur hinaus, die der Autor genauestens studiert hat, wie die Rezensentin weiß, eröffnet das Buch laut Henneberg den Blick auf die Utopie eines freiheitlichen Europa und ihr Scheitern. Fesselnd erscheinen Henneberg nicht nur die Familienporträts, sondern auch Winders Schilderung der politischen Verhältnisse, die in den Ersten Weltkrieg führten. Als subtile psychologische Studie und harsche Kritik an der Doppelmoral der Eliten taugt der Roman laut Henneberg gut als Ergänzung zu Christopher Clarks Geschichtsbuch "Die Schlafwandler".