Glorreiche KetzereienRoman
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München
2018
ISBN
9783954380916, Gebunden, 448Seiten, 24,00
EUR
Klappentext
Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. Als Maureen Phelan nachts in ihrer Küche einen Einbrecher überrascht und ihn mit einer Devotionalie erschlägt, ahnt sie nicht, dass sie damit eine Reihe von fatalen Ereignissen in Gang setzt. Natürlich muss zunächst der Leichnam entsorgt und der Küchenboden geschrubbt werden, allerdings hat Maureen eine ausgesprochene Abneigung gegen Hausarbeiten jedweder Art, weshalb sie ihren Sohn Jimmy einbestellt. Der kontrolliert das organisierte Verbrechen der Stadt, die Geldverleiher und Buchmacher, die Drogenkuriere und Zuhälter. Natürlich will auch Jimmy sich nicht die Hände schmutzig machen, das überlässt er in der Regel anderen - beispielsweise seinem alten Kumpel Tony Cusack, Trinker, Vater von sechs Kindern, alleinerziehend, wenn man überhaupt von Erziehung sprechen kann. Der älteste Sohn Ryan hat mit seinen fünfzehn Jahren schon eine beachtliche Karriere als Dealer hingelegt. Eine seiner Klientinnen ist die junge Prostituierte Georgie. Deren Freund Robbie steigt gerne mal in Häuser ein und ist seit Kurzem spurlos verschwunden.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 10.12.2018
Nicolas Freund liest Lisa McInerneys Debütroman als Anti-Krimi, in dem Moral und Normalität dauernd neu verhandelt werden, und als Generalabrechnung mit der irischen Gegenwart, ihrem selbstgerechten Katholizismus und Konservatismus. Wie die Autorin vor der Kulisse der Stadt Cork eine ransante Nummernrevue der Grausamkeiten unter Dealern, Kleinkriminellen und Prostituierten entwirft, pointenreich und sarkastisch, lässt Freund die Dinge neu und anders sehen. Ganoven und Nutten wirken hier engelsgleich, meint er.
Rezensionsnotiz zu
Die Zeit, 31.10.2018
Lars Weisbrod hört den Sound der Pogues aus Lisa McInerneys Gangster-und-Säufer-Geschichte. Moosgrün bis schmutzig schwarz erzählt sie von einem Haufen Unglücksraben, die nicht gerade aufrecht, aber unaufhaltsam der großen Katastrophe entgegentorkeln. Wie der Rezensent erzählt, beginnt alles damit, dass die Mutter eines Gangsterboss in ihrer Küche einen Einbrecher erschlägt und der unglückselige Tony die Leiche wegschaffen soll. Schuldlos sind sie alle nicht, erkennt Weisbrod, aber doch versehrt von Alkohol, Finanzkrise und Katholizismus. Wie die irische Autorin ihren Landsleuten die verlogene Kirchenmoral austreibt, findet der Kritiker "todlustig und schreiend traurig zugleich".
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.09.2018
Der Zufall mag in der Philosophie keinen Platz haben, doch die Literatur lebt von ihm, sinniert Kai Spanke und erkennt in Lisa McInnerney dessen Meisterin. Sehr gelungen findet der Rezensent, wie die Irin in ihrem Debüt eine Schar gescheiterter Gestalten zur falschen Zeit am falschen Ort sein lässt. Das kann man als Krimi lesen, meint Spanke, schließlich gibt es einen Totschlag, einen Unterwelt-Boss, einen Kleindealer und katholische Priester, doch "Glorreiche Ketzereien" gefällt ihm genauso gut als Coming-of-Age-Geschichte, Sozialstudie und Sittenbild. Dem Rezensenten imponiert die Anschaulichkeit von McInnerneys Sprache, aber auch die Unerbittlichkeit, mit der sie soziale Kälte in "asozialen Frost" umschlagen lässt.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 08.08.2018
Rezensentin Lisa McInerney pfeift mit ihrem Debüt auf alle literarischen Gepflogenheiten, und Rezensentin Sylvia Staude ist enzückt von diesem Coup: Die irische Autorin hat sich als Bloggerin "Sweary Lady" einen Namen gemacht, informiert Staude, und so unwirsch wie wütend schreibe sie auch von den "Glorreichen Ketzereien" in den heruntergekommenen Vierteln von Cork. Zwar erkennt die Kritikerin ansatzweise eine eher komödiantische Krimihandlung, aber recht bald lässt sie sich von der Autorin widerstandslos in andere Sphären führen: In das Leben der Underdogs von Cork, die bei allem Talent doch nur hilflos durchs Lebens stolpern, gebeutelt von Enttäuschung und Zorn. Mitunter treibt es McInerney mit ihrer Originalität vielleicht zu weit, räumt Staude ein, aber übel nehmen will sie es nicht. Dafür findet sie den Roman viel zu "stürmisch, kantig, eigenwillig".