Lily E. Kay

Das Buch des Lebens

Wer schrieb den genetischen Code?
Cover: Das Buch des Lebens
Carl Hanser Verlag, München 2002
ISBN 9783446202313
Gebunden, 541 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Gustav Roßler. Wenn Molekularbiologen heute über "Leben" schreiben, benutzen sie das Vokabular der Informatiker: Es geht um Codes, Entschlüsselungen oder Programme... Wie sind diese Redeweisen entstanden? Lily Kays Buch erzählt, wie sich die Genetik seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zusammensetzte. Kay zeigt, warum wir heute das Leben als verschlüsselte Information verstehen - gegründet auf diese mächtige Metapher, die auch die gegenwärtige Idealisierung der Genforschung produziert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.01.2003

Ein spannendes Buch zur jüngsten Wissenschaftsgeschichte stellt Manuela Lenzen vor - nur manchmal, findet sie, trage Kays poststrukturalistischer Ansatz etwas zu dick auf. Kay rollt anhand der Wissenschaftsmetapher vom "genetischen Code" die Geschichte der Genomforschung auf. Die Vorstellung, man könne die DNS wie ein "Buch des Lebens" lesen, sei zwar heute gängige Wissenschaftssprache, berichtet Lenzen, aber das war keineswegs immer so. Erst mit dem Einbruch der Informationstheorie in die Mikrobiologie Ende der fünfziger Jahre beginne die Erfolgsgeschichte dieser Metapher und eines ganzen Forschungszweiges, den Kay mit vorsichtiger Distanz als "militärisch-industriell-akademischen Komplex" der Lebenswissenschaften in den USA bezeichne. Auch wenn uns diese Metaphern eingängig erscheinen mögen, warnt Lenzen, so sei die Lektüre von Kays Buch kein vergnüglicher Spaziergang durch die Wissenschaftsgeschichte. Es sei vielmehr ein Buch "für diejenigen, die es genauer wissen wollen". Dabei sei sich Kay der Komplexität des Themas durchaus bewusst: je mehr man über das menschliche Genom erfährt und forscht, desto klarer würde auch, lautet Lenzens Resümee, dass sich das "Buch des Lebens" gar nicht so einfach lesen lasse.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Diesen Band der vor zwei Jahren verstorbenen Biologin und Wissenschaftshistorikerin Lily E. Kay bezeichnet Thomas Fechner-Smarsly überzeugt schon jetzt als "Klassiker der Wissenschaftsgeschichte", womit der Rezensent sein ganzes Lob und seine Bewunderung für Autorin und Werk zum Ausdruck bringt. Was ihn an Kays Abhandlung über den "hochkomplexen" Prozess der Erforschung des menschlichen Erbguts besonders beeindruckt, ist einerseits die "Leichtigkeit", mit der Kay verschiedene Ansätze von Mathematikern, Kybernetikern, Molekularbiologen, Biochemikern und Kommunikationstheoretikern zum Thema entwirre und dem Leser verständlich nahe bringe, ohne dabei auch nur einmal unpräzise zu werden. Zum anderen schwärmt der Rezensent von der "Klarheit", mit der Kay - auch für Laien - den wesentlichen "Umbruch", der sich in den Lebenswissenschaften in den fünfziger und sechziger Jahren vollzogen hatte, verdeutliche. Allerdings, mutmaßt Fechner-Smarsly, werden sicher die Leser enttäuscht sein, die eine generelle "Geschichte des genetischen Codes" lesen wollten. Denn Kay habe sich vornehmlich darauf konzentriert, die Geschichte "eines bestimmten Modells und seiner durchschlagenden Wirkung", das nämlich der genetischen Struktur des Menschen als Text, zu rekonstruieren und kritisch zu durchleuchten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Auffällig viele Metaphern aus dem Bereich von Sprache und Kommunikation geisterten von Anfang an durch die Molekularbiologie und führten sogar zu manch falscher Annahme, schreibt Diemut Klärner in ihrer Rezension dieses Buchs der unlängst verstorbenen englischen Wissenschaftshistorikerin Lily E. Kay. Kay hatte ursprünglich als Molekularbiologin gearbeitet, bevor sie zu schreiben begann. Lange versuchte man die Geheimschrift der DNA zu entziffern, als handele es sich um die Chiffrierkünste des KGB, berichtet Klärner amüsiert. Doch die DNA gehorchte keinen derartigen Regeln, es bedurfte der Biochemie zur Entzifferung des menschlichen Genom. Die Autorin hinterfragt die Terminologie, ihren Bedeutungswandel und manch fragwürdige Analogie: eine lohnenswerte Lektüre für alle, die ein Unbehagen an der Welt der Molekularbiologie verspüren, meint Klärner. Leider werde einem die Lektüre vermiest durch den spröden Stil und den wissenschaftlichen Fachjargon, die durch die Übersetzung noch weniger elegant und verständlich wirkten, schließt die Rezensentin.
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