Kerstin Hensel

Lärchenau

Roman
Cover: Lärchenau
Luchterhand Literaturverlag, München 2008
ISBN 9783630872759
Gebunden, 445 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird in dem märkischen Dorf Lärchenau Günter Rochus Konarske geboren. Der Junge entwickelt sich prächtig, hat allerdings bizarre Vorlieben. Gläserne Spritzenkörper und Ampullen haben es ihm angetan, später ist er fasziniert von blitzenden Messern. Er studiert Medizin, macht als Arzt glänzende Karriere, erst in der DDR und dann auch in der Zeit nach deren Zusammenbruch. Von seinem Vater hat er dabei nicht viel übernommen. Dieser Mann, ebenfalls Arzt, hat sich rührend um seine Patienten gekümmert. Nach den Sprechstunden setzte er sich mit wehendem Schal ans Klavier und spielte Bach und Mozart, bis ihn die Nazis abtransportierten. Diese Sensibilität und dieser musische Sinn sind Günter fremd, für ihn zählt nur sein Ehrgeiz und eine diabolische Passion: Er erfindet Medikamente und probiert sie großzügig an Patienten aus, denn sein Ziel ist, eines Tages den Nobelpreis zu gewinnen. Selbst vor seiner eigenen Ehefrau Adele macht er dabei nicht halt, und diese, statt sich zu wehren, hat längst schon vor ihm kapituliert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.10.2008

Hass als Movens für ein Buch hält Friedmar Apel für keine so gute Idee. Wieso Kerstin Hensel ihr Talent in einer derart "hasserfüllten Menschendarstellung" verpulvert, in einer Umkehrung der Orwell'schen Allegorie, in der die Menschen in einem märkischen Dorf zu Schweinen mutieren und in der fortwährend gesoffen, gerülpst und gekotzt wird, ist dem Rezensenten ein Rätsel. Der Wunsch, deutsche Geschichte zu verarbeiten, kann es kaum sein. Zu sehr scheint Apel das Animalische in den Vordergrund gestellt, scheinen ihm die Figuren mitleidlos denunziert zu werden. Mit seinem wilden Mix aus Milieu, Deftigkeit und Chronistischem geht ihm der Text auch stilistisch und kompositorisch schnell auf die Nerven. Für Apel ist das einfach schlechte Satire.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2008

Kerstin Hensels in der brandenburgischen Provinz spielender Roman "Lärchenau" scheint Rainer Moritz recht durchwachsen. Im Zentrum des Romans, der im Schnelldurchlauf sechzig Jahre deutsche Geschichte durchläuft, steht die medizinische Koryphäe Günther Konarske, Hoffnungsträger der DDR-Medizin und Arzt mit leicht sadistischer Neigung, der nach der Wende Ambitionen auf den Nobelpreis hegt und dabei auch vor wahnwitzigen Experimenten nicht zurückschreckt. Die Karriere des Arztes, seine Ehe, das Leben der Dörfler findet Moritz mit epischer Breite geschildert, wobei die Absurditäten der DDR-Zeit nicht zu kurz kommen. Dass die Autorin vor allem auf Mittel der Satire und Groteske setzt, zahlreiche skurrile Einfälle bringt und aberwitzige Situationen schildert, lässt das Buch seines Erachtens sehr überdreht wirken. Manche dieser Überdrehungen hält er für "grandios geglückt", meistens aber verfällt der Text zu seinem Bedauern in eine "altbackene Humorigkeit". So bleibt bei ihm eine gewisse "Ratlosigkeit".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.08.2008

Dann doch lieber der kitschige Arztroman, scheint Jutta Person zu denken. Was Kerstin Hensel in ihrer Provinzfamiliengeschichte um einen skrupellosen Tier- und Humanmediziner an Groteskem zusammenbraut, zieht der Rezensentin die Schuhe aus. 450 Seiten durch den "Derbheitswolf" genudelt und zu einem "Dorfzombie"-Streifen verschnitten, der keine menschliche Schwäche auslässt - da steigt Person freiwillig aus. Zumal Hensel das Lokalkolorit und die Dialektrede ihrer Heimat aus Kübeln auf die arme Rezensentin regnen lässt. Die Groteske kann Person da natürlich nicht mehr erkennen.
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