Kai Michel, Carel van Schaik

Das Tagebuch der Menschheit

Was die Bibel über unsere Evolution verrät
Cover: Das Tagebuch der Menschheit
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2016
ISBN 9783498062163
Gebunden, 576 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Der Evolutionsbiologe Carel van Schaik und der Historiker Kai Michel legen eine verborgene Seite der Bibel frei. Sie lesen die Heilige Schrift nicht als Wort Gottes, sondern als Tagebuch der Menschheit, das verblüffende Einblicke in die kulturelle Evolution des Homo sapiens bietet. Die Vertreibung aus dem Garten Eden markiert das wohl folgenreichste Ereignis der Menschheitsgeschichte: den Übergang vom Leben als Jäger und Sammler zum sesshaften Dasein mit Ackerbau und Viehzucht, das nicht nur zu Fortschritt, sondern auch zu Ungleichheit, Patriarchat und großen, anonymen Gesellschaften führte. Für die daraus resultierenden Probleme waren die Menschen aber weder biologisch noch kulturell gerüstet. Wie sie sich mühsam anpassten, wie sie versuchten, sich auf das bis dahin ungekannte Ausmaß menschlichen Leids in Gestalt von Ausbeutung, Krieg und Krankheiten einen Reim zu machen, das dokumentiert die Bibel auf erstaunliche Weise. Auch zeigt sie, woher das Bedürfnis nach Spiritualität stammt und weshalb die Menschen nicht schon immer die Angst vorm Tod umtrieb.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.12.2016

Bernhard Lang findet den Versuch des Orang-Utan-Forschers Carel van Schaik und des Historikers Kai Michel, die Bibel als Beleg für die Evolutionspsychologie zu lesen, bemerkenswert. Kompetent in der Bibelwissenschaft, anschauungsreich durch Beispiele aus dem Alten und dem Neuen Testament beschreiben die Autoren Lang die Menschheitsgeschichte als Wechselspiel zwischen Instinkt und kognitiv-kulturellen Einflüssen. Die aufgeführten Belege für die Wiederkehr der Jäger-und-Sammler-Mentalität, etwa in Gestalt von Jesus und seinen Jüngern, die durchs Land ziehen, ergeben für Lang ein historisch-kritisches Bild der Bibel und eine neue Interpretation.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.12.2016

Rezensent Clemens Klünemann kann Carel van Schaiks und Kai Michels Versuch, die Bibel als Heilmittel gegen das Unbehagen in der Kultur neu zu deuten, nicht vollends überzeugen. Evolutionsbiologe der eine, Historiker der andere, sehen die Autoren in der Bibel das Protokoll der menschlichen Evolution, erklärt Klünemann, der hier Rousseau und Jan Assmann als Paten erkennen kann. Bei ihrer Anregung, das Verhältnis zwischen Wissenschaft und monotheistischer Religion als komplementär zu begreifen, meint der Rezensent, greifen die Autoren allerdings zu kurz, wenn sie die Religion darauf reduzieren, für uns Ausdruck einer nostalgischen Sehnsucht nach einer egalitären Urgesellschaft zu sein. Auch wenn er die Analysen der biblischen Texte im Band beeindruckend findet, diese Reduktion lässt die Lektüre für Klünemann nach kleinmütigem Kulturpessimismus schmecken.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 15.10.2016

Friedrich Wilhelm Graf verliert nur lobende Worte über diueses Buch. In "Das Tagebuch der Menschheit" haben sich Carel van Schaik und Kai Michel an einer neuen, "biologisch-anthropologischen" Lesart der Bibel versucht, um so herauszufinden, was das Buch der Bücher über unsere eigene Evolution preisgibt. In der religiösen Tabuisierung von Inzest und dem Verbot von sexuellem Kontakt mit Tieren erkennen Schaik und Michel eine Reaktion auf die Landwirtschaft und Sesshaftwerdung, die sie als großen Fehler der Menschheit ansehen, der Krankheiten und kulturellen Druck erzeigt habe. Genieren müssen sich die beiden Autoren mit solchen Thesen nicht, so Graf, seien sie doch bestens informiert über den Stand der Forschung. Nicht leicht, aber gelungen sei dieser frische Blick.