NeujahrRoman
Luchterhand Literaturverlag, München
2018
ISBN
9783630875729, Gebunden, 192Seiten, 20,00
EUR
Klappentext
Lanzarote, am Neujahrsmorgen: Henning will mit dem Rad den Steilaufstieg nach Femés bezwingen. Seine Ausrüstung ist miserabel, Proviant nicht vorhanden. Während er gegen Wind und Steigung kämpft, rekapituliert er seine Lebenssituation. Eigentlich ist alles in Ordnung, die Kinder gesund, der Job passabel. Aber Henning fühlt sich überfordert. Familienernährer, Ehemann, Vater - in keiner Rolle findet er sich wieder. Seit einiger Zeit leidet er unter Panikattacken, die ihn heimsuchen wie ein Dämon. Als er schließlich völlig erschöpft den Pass erreicht, führt ihn ein Zufall auf eine gedankliche Zeitreise in seine Kindheit. Schlagartig durchlebt er wieder, was ihn einmal fast das Leben gekostet und bis heute geprägt hat...
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 21.11.2018
Eigentlich muss man ganz schön lachen, wenn Paul Jandl Juli Zehs Roman "Neujahr" nacherzählt. Dem Kritiker zufolge handelt er vom überforderten Henning, der sein Leben nicht mehr aushält: Göttingen, den Verlag, die Frau und die Kinder. Henning will raus aus der Tretmühle, mal abschalten, nach Lanzarote. Doch Jandl findet den Roman gar nicht komisch. Wenn hier alle Kinder so erwartbar "Pipi" und "Kaka" sagen wie die Erwachsenen "Home Office", sieht er nicht die Infantilisierung der Gesellschaft aufgespießt, sondern "kindliche Blödigkeit" und "banalste Naivität" bei der Erzählerin am Werk. Für eine Satire fehlten dem Roman die sprachlichen Mittel, schimpft er, und die Figuren seien viel zu blass, um als Allegorien zu taugen. Der reinste "Misserfolgsroman", meint Jandl.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 11.09.2018
Petra Kohse hat den Verdacht, dass Juli Zehs Romane ihren eigenen Mitteln nicht trauen. Da sitzt erzählerisch eigentlich alles, ist fest im Alltagsleben verankert, hat Spannung und liest sich flott, erklärt Kohse, und doch bleibt bei der Rezensentin ein schaler Geschmack. Die Ängste eines Familienvaters aus dem akademischen Milieu, von Zeh laut Kohse detailliert und fokussiert entworfen, wirken im Text auf die Rezensentin mitunter wie auserzähltes Schulfunkwissen.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 08.09.2018
Karin Janker hält Juli Zehs neuen Roman für ihr bestes Buch. Wie Zeh hier die Leiden des modernen überforderten Familienvaters umkreist und im zweiten Teil des Buches auf ihre Ursachen zurückführt, findet Janker ungewöhnlich, weil die Autorin sich mit der Überforderung ein unpopuläres Thema vornimmt, wie Janker meint. Panikattacken, Identitätskrise und ein Protagonist, der sein Leid herausschreit. Dass Zeh in ihrer "Versuchsanordnung" nichts offen lässt, nicht ironisiert und auf Verdeutlichung abhebt, scheint Janker zu gefallen. Ob verstanden als gesellschaftspolitisches Gleichnis oder als Psychothriller - für Janker funktioniert der Text in jedem Fall.