Komm, ich erzähl dir eine GeschichteAmmann Verlag, Zürich
2005
ISBN
9783250600770, Gebunden, 287Seiten, 18,90
EUR
Klappentext
Aus dem Spanischen übersetzt von Stephanie von Harrach. Einer, dem das Leben bisweilen ziemlich kompliziert vorkommt ist Demian. Weil der neugierige junge Mann auf seine vielen Fragen allein keine Antworten findet, geht er zu Jorge, dem Psychotherapeuten, der für alles eine Erklärung hat. Zusammen trinken sie Tee, und Jorge erzählt Demian bei jedem Besuch eine passende Geschichte zu dessen aktueller Befindlichkeit: Sagen aus der klassischen Antike, Sufi-Gleichnisse, sephardische Legenden, Zen-Weisheiten oder Märchen aus aller Welt. Und wenn Jorge mal keine passende Geschichte in seinem großen Fundus parat hat, dann erfindet er eben selbst eine.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2005
Rezensent Kersten Knipp gibt sich als Meister der positiven Gefühle gegenüber dem argentinischen Psychotherapeuten und Bestseller-Autor Jorge Bucay. Dieser verstehe die "Kunst des heilenden Erzählens" ganz wunderbar und gerade weil seine von Autoren wie Saint-Exupery, Buber oder Bagwhan Shree Rajneesh entliehenen Geschichten so gemütvoll schlicht seien, seien sie auch so wirkungsvoll. Die Großhirnrinde bleibe heilsam unberührt und das Buch "ungemein kurzweilig". Ja, Bucay sei ein "Meister der pointierten Anekdote", stets "charmant, witzig, und schlagfertig". Nicht gegenüber dem Buch und Bucay, jedoch gegenüber der menschlichen Seele äußert der Rezensent seine Bedenken. Ob die "Konjunktur" solcher Bücher, CDs und Videos, wie sie unter anderem Bucay liefere, fragt Knipp, nicht als Zeichen gelesen werden müsste, dass die Seele anthropologisch gesehen vielleicht "störrisch" sei und durch solcherart Therapie auf noch "krudere" Bahnen gelenkt würde? Jorge Bucay jedenfalls, beschließt Knipp, habe ein "Stück freundlicher Belletristik" vorgelegt, das zudem den Vorteil habe "unterhaltsam" zu sein.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.06.2005
Das Buch gehört ins Genre Therapie- und Erwachsenenmärchen, verrät Florian Borchmeyer. Wobei Jorge Bucays großer Erfolg selbst märchenhafte Züge trage. Allein in Spanien habe sich die Erzählsammlung mehr als eine Milllion mal verkauft. Die Märchen haben das Zeug dazu, süchtig zu machen, gesteht Borchmeyer - so viel zum therapeutischen Effekt des Lesens. Bucay habe die Geschichten, die er in eine Rahmenhandlung zwischen einem Gestalttherapeuten und seinem Klienten einstreut, allen Kulturen der Welt entlehnt; kokett bedient sich der Autor ebenso bei Bhagwans wie bei Buddhas Lehren, begegnet Grimmschen Märchenkönigen und orientalischen Erzählerinnen und verknüpft alles zu einem "globalisierten Geschichtenmosaik". Dieses Spiel mit den "zusammengeklaubten" Märchen, durchsetzt von ein bißchen antiker Philosophie, sei teilweise etwas "skurril", warnt der insgesamt aber druchaus wohlwollende Rezensent: der klassische Leser und Bücherliebhaber könne sich in die "Rolle eines Therapieobjekts" gedrängt fühlen. Das Schöne an Bucay aber sei, dass er seine "manipulative" Erzählstrategie offen lege: man kann sich darüber ärgern oder aber mit Lust gefallen lassen.