Jonathan Petropoulos

Kunstraub und Sammelwahn

Kunst und Politik im Dritten Reich
Cover: Kunstraub und Sammelwahn
Propyläen Verlag, Berlin 1999
ISBN 9783549055946
gebunden, 510 Seiten, 29,65 EUR

Klappentext

Warum waren die führenden Köpfe der Nazis - von Hitler über Göring bis Speer - so begierige Kunstsammler? Warum rafften sie in ganz Europa Kunstschätze von unermeßlichem Wert zusammen? Der amerikanische Historiker Jonathan Petropoulos zeigt in seiner Untersuchung die zentrale Bedeutung, die der Kunst im nationalsozialistischen Status- und Machtgefüge zukam. Der europaweite Kunstraub der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs hatte eine Vorgeschichte, die 1933 begann: die Durchsetzung einer ideologisch bestimmten Kulturpolitik sowie das auf die Kunst gerichtete Statusdenken der NS-Elite und ihr daraus resultierender Sammelwahn.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.05.2000

Eckart Klessmann ist äußerst angetan von diesem Band. Zwar räumt er ein, dass die "räuberische Sammelleidenschaft" des Hermann Göring bereits bekannt war. Allerdings gehe der Autor bei seinen Nachforschungen wesentlich weiter. Detailliert habe er den Kunstwahn der Nazi-Elite dokumentiert und dabei unter anderem aufgezeigt, "in welchem, zuweilen geradezu grotesken, Ausmaß sie sich bei ihren Beutezügen ins Gehege kamen", wie sie sich untereinander - selbst bei ausgeprägter Antipathie - gegenseitig mit geraubten Kunstwerken überhäuften, aber auch, welche Bündnisse sie zum Zweck des Kunstraubes untereinander schlossen. "Fast komisch" könne man das finden, so Klessmann, wenn dies alles nicht in Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Massenmord stünde. Darüber hinaus hebt der Rezensent die Passagen des Buches hervor, in denen es um den Kultur- und Kunstbegriff der Nazis geht, um die Herkunft der Nazi-Elite (vorwiegend "gehobenes Bürgertum") und um die symbolische Bedeutung, die Hitler und Gefolgschaft dem Kunstbesitz beigemessen haben. Die ausgiebige Recherche des Autors bewertet Klessmann als "beeindruckend", insbesondere, weil einige Aspekte hier zum ersten Mal näher beleuchtet werden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.11.1999

"Von Kunst besessen" waren die Nazis - das lernt Christof Kalb aus dieser umfassenden Studie. In seinem Referat des Buchs betont der Rezensent, dass praktisch alle hohen Nazichargen sich in die Kunstpolitik einschalteten und vom Kunstraub auch persönlich profitierten, indem sie ihre prachtvollen Residenzen ausstatteten. Im Lauf der Zeit, so zeige es der chronologische Abriss im ersten Teil des Buchs, sei die Kunstpolitik der Nazis zusehends radikaler geworden. Dabei bemerke Petropoulos, dass auch hier, wie in anderen Bereichen der Nazi-Politik, aggressive Machtkämpfe tobten, ein Kennzeichen der Hitler-Herrschaft über die Partei, so Kalb. Unbefriedigend findet der Rezensent an dem Buch, dass es "ohne narratives Talent" vorgetragen werde und dass es, trotz des umfangreichen Apparats, nicht den Eindruck eines systematischen Zugriffs auf das Material vermittle. Zu Recht, so merkt Kalb an, hat der Verlag den hochtrabenden Untertitel des Originals - "Art as Politics in the Third Reich" - in das bescheidenere "Kunst und Politik im Dritten Reich" verändert. Die Schwächen des Buchs sieht Kalb aber durch seinen Materialreichtum zum Teil aufgewogen.