Jörn Rüsen (Hg.)

Handbuch der Kulturwissenschaften

Band 1: Grundlagen und Schlüsselbegriffe; Band 2: Paradigmen und Disziplinen; Band 3: Themen und Tendenzen.
Cover: Handbuch der Kulturwissenschaften
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2004
ISBN 9783476019608
Gebunden, 1783 Seiten, 179,00 EUR

Klappentext

Als Instanzen der Beschreibung moderner Gesellschaften gewinnen die Kulturwissenschaften immer mehr an Bedeutung. Rund 100 Autoren aus diversen Fachgebieten haben in diesem Handbuch ihre Forschungen zu den Methoden und Themen der Kulturwissenschaft zusammengetragen. Sie stellen damit die junge Disziplin auf ein theoretisches Fundament und geben einen Ausblick auf künftige Entwicklungen. Der erste Band "Grundlagen und Schlüsselbegriffe" thematisiert die wesentlichen Gesichtspunkte wie Erfahrung, Sprache, Handlung, Identität, Geschichte und Zeit und setzt sie der "gelebten" Kultur und ihren lebenspraktischen Auswirkungen gegenüber. Im zweiten Band "Paradigmen und Disziplinen" werden die erkenntnistheoretischen, methodologischen und fachlichen Grundlagen erörtert. Die Leitthemen sind hier der Zusammenhang von Wissenschaft und Lebenspraxis, die grundlegenden wissenschaftlichen Problemstellungen, die führenden handlungstheoretischen und sprachpragmatischen Methodenkonzepte und die verschiedenen Disziplinen der kulturwissenschaftlichen Forschungsarbeit. Im dritten Band ,"Themen und Tendenzen", liegt der Schwerpunkt auf den in den Kulturwissenschaften gegenwärtig praktizierten Interpretationen von Kultur, Wirtschaft und Kapitalismus, Gesellschaft, Politik und Recht. In ihm ziehen die Autoren eine Zwischenbilanz aktueller Forschungstrends und präsentieren wichtige Ergebnisse ihrer analytischen Arbeit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2005

Angesichts der "Unübersichtlichkeit" und "Offenheit" der Methoden und Begriffe der Kulturwissenschaften begrüßt Barbara von Reibnitz dieses dreibändige Handbuch. Besonders lobenswert findet sie, dass der "Vielfalt", die in den kulturwissenschaftlichen Ansätzen enthalten ist, Rechnung getragen wird, was, wie sie betont, den Vorteil gegenüber anderen Handbüchern ausmacht. Der erste Band beschäftigt sich mit der Klärung von ausgewählten Grundbegriffen und "Leitkategorien", teilt die Rezensentin mit. Hier vermisst sie allerdings eine "begriffsgeschichtliche Bündelung" der verschiedenen Disziplinen, die wohl die "Redundanzen" hätten verhindern können, die sich durch Überschneidung der Fachgebiete ergeben, wie sie beklagt. Am zweiten Band, der sich mit verschiedenen Methoden auseinandersetzt, hebt sie besonders den Beitrag von Werner Schiffauer lobend hervor, der die Entwicklung der Ethnologie seit 1960 beschreibt und dabei "knapp und klar den massgeblichen Theorie-Input" zusammenfasst. Unverständlich dagegen ist ihr das Fehlen eines Beitrags über die Gender-Forschung in diesem Band. Band 3 schließlich widmet sich "aktuellen Themen und Tendenzen" in den Kulturwissenschaften, worin unterschiedlichste Themen wie "Religion, Leiblichkeit, Trauma, Gedächtnis und Erinnerung, Hybridität und Kongruenz" zur Sprache kommen, berichtet Von Reibnitz. Sie lobt die Darstellung der "Reichweite" und "Komplexität" der Kulturwissenschaften als durchaus "gelungen", glaubt aber, dass eine Beschränkung auf weniger Themen und Begriffe einen besseren Überblick über das Fach geboten hätte. Zudem ist es ihr absolut unverständlich, warum das Handbuch weder eine "Auswahlbiographie" noch ein "Register" enthält, was die Übersichtlichkeit verbessert hätte, wie sie meint.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.02.2005

Sabine Doering-Manteuffel beschäftigt sich eingehend mit dem dreibändigen "Handbuch der Kulturwissenschaft", in dem sie ein "großes Vorhaben" erkennt. Im ersten Band, berichtet die Rezensentin, bemühen sich die Herausgeber, Begriffe wie "Erfahrung", "Sprache", oder "Identität" zu klären. Es sind die "Schlüsselbegriffe" der Kulturwissenschaft, die hier analysiert und auf ihre Brauchbarkeit hin untersucht werden, betont Doering-Manteuffel angetan. Im zweiten Band geht es um das "harte Brot von Handlungs- und Sprachtheorien" und die Rezensentin ist begeistert, wie "durchscheinend leicht" es Manfred Frank gelingt, Derridas Sprachtheorie darzustellen. Auch Jürgen Osterhammels Text zur "Vielfalt der Kulturen" und Lutz Rafaels Ausführungen über "Habitus und sozialen Sinn" haben ihr ausnehmend gut gefallen und sie lobt sie als "gelungene Übersichten". Der dritte Band schließlich erinnert in seinen Beiträgen an "Ideen und Ideologien der Vorwendezeit", stellt Doering-Manteuffel fest, die diesen Band als "komplexe, sinn- und themengesteuerte Fachgeschichte" der Kulturwissenschaft würdigt, mit der sich die Beschäftigung lohnt. Sie preist die Herausgeber für ihre "mit klugem Sachverstand" zusammengestellte "wichtigen" Sammelbände und hat daran offenbar rein gar nichts auszusetzen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.08.2004

Josef Früchtl attestiert dem dreibändigen "Handbuch der Kulturwissenschaften", ganz kulturpessimistisch, eine Tendenz zum Schlechteren. Von Band zu Band findet er das Unternehmen des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen heilloser. Von dem Versuch, heuristische Perspektiven zu bündeln, die anschließend inter- oder transdisziplinär fruchtbar gemacht werden könnten, bleibt nach Ansicht des Rezensenten nicht viel übrig: ein Haufen loser Enden. Noch lobenswert, bei allen Einwänden, der Einstieg über sechs Schlüsselbegriffe der kulturalistischen Herangehensweise ("Geschichte", "Sprache", "Handlung", "Geltung", "Identität", "Erfahrung"); doch schon im zweiten Band gewinnt die Eitelkeit der Verfasser, wohl auch die Uneinheitlichkeit des Projekts, die Oberhand, kritisiert Früchtl: statt Vernetzung Verzettelung, statt Ordnung professorale Profilierungssucht - ein Trend, der sich im dritten Band fortsetzt. Der Rezensent vermisst eine "konzeptuelle Durchdringung" und muss dem Werk vorwerfen, "der modischen Tendenz zur - im doppelten Sinn des Wortes - Entdisziplinierung" zu folgen.
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