Wilhelm Dilthey und die Entwicklung des geschichtlichen Denkens in Deutschland im ausgehenden 19. JahrhundertKönigshausen und Neumann Verlag, Würzburg
1999
ISBN
9783826015632, gebunden, 542Seiten, 65,45
EUR
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.03.2000
Thomas Hertfelder geht mit der Dissertation von Joachim Thielen ausführlich und hart ins Gericht. Thielen habe sich mit der Untersuchung des historischen Oeuvres Diltheys "ein hohes Ziel gesteckt", aber Hertfelder läßt keinen Zweifel daran, das der Autor noch nicht mal in die Nähe seines Ziels geraten ist. Der Rezensent zeichnet sorgfältig den Aufbau der Schrift nach, bekundet gelegentlich Zustimmung, meist jedoch kritisiert er verpaßte Chancen. So eröffne das "werkimmantente Vorgehen" Thielens keine "problemerschließenden Perspektiven". Beim zentralen Kapitel über Diltheys historische Untersuchungen wird Hertfelder richtig sauer: "Schleusen des digitalen Zettelkastens" öffnen sich und begraben den Leser unter einer Lawine von Zitaten und Paraphrasen, schimpft er. Eine Deutung der Befunde sucht er vergeblich. Thielen verbanne die Dilthey-Forschung von Georg Misch über Gadamer bis Stephan Otto in die Fußnoten zu den Kapiteleinleitungen, ohne sich dann weiter darum zu kümmern. Erbost hat Hertfelder besonders, dass "zahllose" Einträge im Personenregister auf ausschließlich im Literaturverzeichnis genannte Autoren verweisen: "So entstehen potemkinsche Dörfer der Forschung."