Manfred Geier

Aufklärung

Das europäische Projekt
Cover: Aufklärung
Rowohlt Verlag, Reinbek 2012
ISBN 9783498025182
Gebunden, 416 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Seit nunmehr dreihundert Jahren findet der Kampf um Aufklärung und Menschenrechte statt. Als Epochenbegriff im engeren Sinne umfasst die europäische Aufklärung nicht zufällig das Jahrhundert zwischen der glorreichen Revolution in England und der großen französischen Revolution. Sie ist eine philosophische und politische Programmidee, die bis heute nichts von ihrer kämpferischen Energie verloren hat. In diesem Buch spannt Manfred Geier den Bogen von den Begründern der Aufklärung John Locke, Immanuel Kant, Moses Mendelssohn, Jean-Jacques Rousseau und Denis Diderot zu den Vertretern aufgeklärten Denkens in unserer Zeit wie Hannah Arendt und Karl Popper, Jürgen Habermas und Jacques Derrida. Die ungebrochene Aktualität der Aufklärung dokumentieren nicht nur die grauenvollen totalitären Rückfälle, die vor allem im zwanzigsten Jahrhundert stattgefunden haben. Auch gegenwärtig hat das Projekt Aufklärung auf dramatische Weise an globaler Relevanz gewonnen man denke nur an die fortdauernden Konflikte mit neuen Formen des religiös-politischen Fundamentalismus.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.04.2012

Nach Büchern über "Kants Welt" und die Humboldt-Brüder hat Ludger Lütkehaus auch Manfred Geiers Studie über die Aufklärung in Europa sehr genossen. Von John Locke bis Kant spannt sich der Bogen, den der Autor von dort bis zum "europäischen Projekt" der Gegenwart schlägt, wie der Rezensent bemerkt. Insbesondere das Kapitel über Moses Mendelssohn preist Lütkehaus als grandios, wenn er auch nicht verrät, warum. Geiers "eigentlicher Held" aber bleibt Kant, stellt der Rezensent einverstanden klar. Von Kants Spätwerk aus ergibt sich eine Verbindung zu den Auseinandersetzungen nach dem 11. September von 2001, wo die Debatten um Macht- und Friedenspolitik noch lange anhalten werden, wie Lütkehaus prophezeit.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.03.2012

Detlev Claussen haut energisch auf den Tisch: So geht das nicht, findet er nach der offenbar ärgerlichen Lektüre dieses Buchs, das dezidiert keine trockene Philosophie der Aufklärung referieren, sondern deren Gedanken "locker und flockig" - und, worüber Claussen sich besonders die Haare rauft, anhand biografischer Impressionen und offenbar bester Kenntnisse über die klimatischen Bedingungen einzelner Tage im 17. Jahrhundert - vermitteln wolle. Dem Ärger nicht genug: Insbesondere die rückblickende Zementierung der Aufklärung als europäisches Projekt sei nicht nur deshalb völlig widersinnig, da europäische Politiker Kant in der Regel einen guten Mann sein lassen, doziert der Rezensent, sondern auch, da die Aufklärung in ihrem Ursprung allenfalls als "kosmopolitisches Projekt" einer "vornationalen Welt" angesehen werden könne, in der es weder Deutschland, noch Europa gegeben hat, und ohne das gerade die "Vereinigten Staaten, ihre Verfassung und ihre Gesellschaft" nicht zu denken gewesen wäre. So erhofft sich Claussen denn am Ende auch, dass gerade der Kosmopolitismus als eine Utopie, die zu Beginn der Aufklärung nur wenigen offenstand, heute mehr denn je "ein way of life der Zukunft" werden könne.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.03.2012

Reinhard Kahl wünscht sich vom neuen Bundespräsidenten, sich doch die Freiheit der Bildung auf die Fahnen zu schreiben. So begeistert, wie der Rezensent von Manfred Geier und Alfred North Whitehead ist, könnte die Lektüre ihrer Bücher reichen, um Joachim Gauck zu überzeugen. Geier nähert sich in kurzen Biografien den Ideen der europäischen Aufklärer, schreibt Kahl und findet Ideen und Menschen gleichermaßen ansteckend. Mendelssohn, Humboldt, Voltaire und John Locke tummeln sich auf den Seiten seines Buches "Aufklärung. Das europäische Projekt". Zwar älter, aber deswegen nicht weniger frisch sei Alfred North Whiteheads "Aims of Education", das beim Suhrkamp Verlag jetzt erstmals auf Deutsch zu haben ist, "Die Ziele von Erziehung und Bildung" heißt es dort. Der englische Mathematiker und Philosoph wettere darin eindrucksvoll gegen die Passivität von Lernenden: der Geist der große Ideen hervorbringe, müsse aber aktiv und frei sein. "Ideen halten sich nicht", sie müssen mit Begeisterung gedacht werden, um etwas bewegen zu können. Wirkliche Bildung brauche diese Begeisterung, brauche Schwärmerei, das sei der wesentliche Anspruch, den Whitehead fordere. Schulen und Universitäten sollten sich mehr an solchen Gedanken orientieren, findet Reinhard Kahl: weniger Bologna und Vergleichbarkeit, mehr Humboldt und Individualität.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.02.2012

Steffen Martus gefällt an Manfred Geiers Aufklärungsgeschichte vor allem, dass dieser in der Lage ist, seinen Leitbildern nicht nur programmatisch, sondern auch formal zu folgen. Im Klartext heißt das: Geier bietet keine staubtrockene Gelehrtengeschichte, meint Martus, er erzählt von Leiden, Leben und Lieben und zeigt die menschliche Seite der Gelehrtenrepublik. Eine gelungene Einführung in die Philosophiegeschichte bietet er laut Martus gerade dadurch. Der Einblick in die Anfänge unseres Rechtsverständnisses und unserer Vorstellung von politischer Liberalität, den der Band dem Rezensenten vermittelt, wäre ohne die großen Beispiele für Mut und den Glauben an die lichte Seite des menschlichen Daseins nicht möglich, suggeriert uns der Rezensent.
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