Jan Peter Wiborg, Susanne Wiborg

Glaube, Führer, Hoffnung

Der Untergang der Clara S.
Cover: Glaube, Führer, Hoffnung
Antje Kunstmann Verlag, München 2015
ISBN 9783956140280
Gebunden, 320 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Stettin, Frühjahr 1945. Krieg und Euphorie, Liebe und Tod: Clara S. gehört zu den wenigen Frauen, die in der pommerschen Hauptstadt zurückgeblieben sind. Während die Rote Armee auf der anderen Oderseite steht, glaubt die Vierundzwanzigjährige endlich gefunden zu haben, was sie immer gesucht hat: das wahre, das "heroische" Leben - und die große Liebe noch dazu. In ihrer Götterdämmerungs-Euphorie verfasst die junge BDM-Führerin ein einzigartiges Zeitdokument: ein Bündel Briefe, die überdauern, nachdem sie selbst Anfang Mai 1945 auf Rügen verschwindet. Rügen, Frühjahr 2015: Warum die Spuren einer verschollenen Tante suchen, deren Ende einen zum Blick in Abgründe zwingt, die eigentlich niemand mehr ausloten möchte? Können wir damit nicht endlich abschließen? Nein, denn Susanne und Jan Peter Wiborg suchen hier eben nicht eine Tante, sondern einen Prototyp, den fremden, scheinbar fernen Schatten, das "da war doch mal was, damals ..." in fast jeder deutschen Familie. Hier ist es die weibliche Seite des Fanatismus: ein intelligentes Mädchen, das ursprünglich nur ein wenig mehr wollte als die in Hinterpommern vorgezeichnete Frauenrolle. Was hat sie zur ebenso naiven wie bis in den Tod gläubigen Hitler-Anhängerin gemacht?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.10.2015

Dieses Buch über die Tante der Autoren Susanne und Jan Peter Wiborg hat es in sich, verspricht Rezensentin Sybille Steinbacher. In akribischer Recherche rekonstruieren die beiden Journalisten und Historiker nicht nur anhand von Briefen und Notizen die kurze Lebensgeschichte der Clara Sabrowski, die als fanatische Funktionärin beim Bund Deutscher Mädel Karriere machte, sondern liefern auch zeitgenössische Selbstdokumente, die in der historischen Forschung so bisher nicht vorlagen, berichtet die Kritikerin. So erfährt sie etwa, wie besessen Frauen teilweise im Dritten Reich angesichts der sich ihnen eröffnenden Teilnahme am politischen Leben agierten. Darüber hinaus lernt die Rezensentin in diesem ebenso lesenswerten wie fesselnden Buch viel über die Kriegsendphase auf der Insel Rügen, die im Frühjahr 1945 zum Fluchtort für Zivilisten und Wehrmachtsoldaten und zum Sammelpunkt der NS-Untergrundbewegung "Werwolf" wurde.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 18.04.2015

Den Titel "Prototyp des weiblichen Hitler-Fanatikers", den die Autoren ihrer Tante Clara andichten möchten, nimmt Rezensent Felix Zwinzscher den Autoren Jan Peter Wiborg und Susanne Wiborg zwar nicht ab, was die Geschwister Wiborg in ihrem Buch aufdecken, fasziniert ihn gleichwohl. Anhand der Auswertung von Briefen der Tante an ihre Mutter entsteht laut Zwinzscher nämlich kein Guido-Knopp-Verschnitt mit viel Pathos, sondern eine fesselnde Geschichte mit vielen Zutaten: Nazis, Liebe, Gelage, Verschwörung. Und weil die Autoren es nicht auf Betroffenheit oder Mahnung absehen, sondern auf eine Leichtigkeit, die zu den teils abstrusen Fakten passt, wie Zwinzscher erklärt, wird ein lesbares, lesenswertes Buch draus.