Horst Bredekamp

Aby Warburg, der Indianer

Berliner Erkundungen einer liberalen Ethnologie
Cover: Aby Warburg, der Indianer
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783803136855
Kartoniert, 176 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Mit vielen Abbildungen. Die Reise des Kunsthistorikers Aby Warburg zu den Pueblo-Indianern von New Mexico und den Hopi in Arizona 1895/96 ist legendär. Ihr Ruhm beruht auf einem später "Schlangenritual" betitelten Vortrag Warburgs von 1923. Die Begegnung mit der Kultur der Indianer des südwestlichen Amerika bedeutete für Warburg, der sich zuvor mit der Florentiner Renaissance beschäftigt hatte, ein elementares Erlebnis, das seinen Begriff von Kultur entscheidend prägte und ihn schwanken ließ: Sollte er die Kunstgeschichte zugunsten der Ethnologie aufgeben? Nach der Rückkehr von seiner Amerika-Reise lebte Warburg 1896/97 in Berlin. Hier konnte er seine Beobachtungen im Museum für Völkerkunde vertiefen und in liberaler Atmosphäre mit modernen Ethnologen diskutieren. Mit Franz Boas, dem Begründer einer bis heute vorbildhaften, an die Brüder Humboldt anschließenden Anthropologie, stand Warburg von Berlin aus in engem Kontakt. Auch die letzten Hamburger Lebensjahre erscheinen hierdurch in völlig neuem Licht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.04.2019

Dass nicht alle ethnologische und völkerkundliche Forschung in Deutschland von Rassismus geprägt war, kann man mit diesem Buch von Horst Bredekamp gut lernen, meint der hier rezensierende Sozial- und Kulturanthropologe Thomas Hauschild. Aby Warburg zum Beispiel lag nichts ferner. Bredekamp erzähle, wie tief sich Warburg bei seinen Besuchen von Pueblo-Indianern in deren Kultur versenkte, "bis zum Verlust der eigenen Standfläche", zitiert Hauschild den Autor. Und Warburg war nicht der einzige, der den ganz eigenen Reichtum nicht-europäischer Kulturen erkannte und anerkannte, kurz: eine "liberale Ethnologie" pflegte, so Hauschild: Franz Boas gehörte dazu ebenso wie Karl von den Steinen oder - außerhalb Deutschlands - Bronislaw Malinowski, Claude Lévi-Strauss, Margaret Mead oder Gregory Bateson. Für den Rezensenten ist das eine wichtige Erinnerung, weil das "komplexe Spiel des Austauschs von Innen- und Außensichten" von identitären Positionen ignoriert werde.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.03.2019

Der hier rezensierende Ethnologe Karl-Heinz Kohl rät zur Lektüre von Horst Bredekamps Buch über Aby Warburg. Und zwar nicht nur, weil Bredekamp Warburgs ethnologische Studien zu den Pueblo-Kulturen und deren Bedeutung für seine kunsthistorische Arbeit anschaulich beleuchtet oder Warburgs fruchtbares Verhältnis zu dem Ethnologen Franz Boas darlegt, sondern vor allem, weil Bredekamp mit den "verqueren" Vorstellungen der von Benedicte Savoy angestoßenen Raubkunst-Debatte aufräumt, so Kohl: Keineswegs seien die Ethnologen damals "Profiteure" des Kolonialismus gewesen, sondern "Antirassisten", die sich als Bewahrer der materiellen Kulturgüter der mutmaßlich vom Aussterben bedrohten "Naturvölker" verstanden, zudem seien sie den Artefakten nicht aneignend, sondern wertschätzend gegenüber getreten, liest der Kritiker - und wünscht sich, Warburg und Boas hätten bereits das Humboldt-Forum realisiert.
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