Hermann Broch, Ruth Norden

Transatlantische Korrespondenz

1934-1938 und 1945-1948
Cover: Transatlantische Korrespondenz
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783518416754
Gebunden, 275 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

Im Mai 1934 erhält der in Wien lebende Hermann Broch den Brief einer jungen Frau aus Berlin. Bald stellt sich heraus: Die junge Frau ist Jüdin, Lektorin des S. Fischer Verlages und Assistentin von Peter Suhrkamp. Als sie im Herbst 1934 in die USA emigriert, setzt sich die Korrespondenz über den Atlantik hinweg fort (1934-1938): Im Zentrum stehen der Austausch über zeitgenössische Literatur, die Analyse der politischen Geschehnisse und das Thema der Emigration. 1938 entkommt Broch selbst nach New York. Aus der ersten persönlichen Begegnung der Briefpartner entsteht bald ein Vertrauens- und Liebesverhältnis.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.12.2005

Hermann Brochs Briefwechsel mit Ruth Norden offenbaren wieder einmal den "liebesverstrickten Zauderer", der sich nicht für eine Geliebte entscheiden kann, meint Dieter Hildebrandt. Der Broch-Biograf und Herausgeber Michael Lützeler habe hier einen "dunklen Schatz" aus der umfangreichen Korrespondenz des "großen" österreichischen Erzählers geborgen. Der Briefwechsel kommt Hildebrandt mit all den unmöglichen Wünschen und vor allem der "praktizierten Liebesblödigkeit" wie eine "verdeckte Strindbergiade" vor. Ein dickes Lob geht an Herausgeber Lützeler für die Beschränkung des Materials. Durch diesen "klugen Kunstgriff" schreibt Broch zunächst von Europa an die emigrierte Norden in New York, während sich im zweiten Teil die Perspektive umkehrt: Broch, nun selbst Emigrant, schreibt aus den USA an die Geliebte, die wieder in Deutschland den Rias mitaufzubauen versucht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.06.2005

Recht aufschlussreich findet Rezensent Karl-Markus Gauß diesen von Paul Michael Lützeler herausgegeben Band mit der Korrespondenz Hermann Brochs und seiner späteren Geliebten Ruth Norden. Die 101 von Lützeler "mustergültig" kommentierten Briefe hält er aus vielen Gründen für "interessant": Sie zeigten Broch im Gespräch mit einer politisch wachen Partnerin und ihn selbst auf dem Weg zur politischen Wende seines Lebens; sie bezeugten den unanfechtbaren Humanismus des Autors und ließen zudem erkennen, wie sich Broch die demokratische Neuordnung Europas und Deutschlands nach 1945 dachte. "Faszinierend" aber erscheint ihm der Brief-Band vor allem, "weil sich diese Briefe zu einem Liebesroman fügen, der seine perfiden und seine bewegenden Seiten hat". Ausführlich widmet sich Gauß der Beziehung zwischen der 20 Jahre jüngeren Lektorin und dem Schriftsteller. "Virtuos inszeniert Broch ein Wechselspiel von Anziehung und Verstoßung, von umwerbender Begierde und kaum verhohlenem Überdruss."