Stephan Hermlin
Entlang eines Dichters
Quintus Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783969820674,
Gebunden, 296Seiten, 25,00 EUR
Klappentext
Stephan Hermlin (1915-1997) war einer der bedeutendsten Schriftsteller der DDR. Als Jugendlicher hätte er wohl auch Klosterschüler werden können, wurde aber Jungkommunist. Er hätte als Dichter früh zu Ernst Jünger finden können, den er zeitlebens für einen Großen hielt, aber er fand zu Thälmanns Partei. Der Gedanke der Selbstverbesserung wich dem besseren Gedanken: die Welt zu ändern. Hans-Dieter Schütt wendet sich seinem biografischen Essay einem Charakter zu, dessen Leben auf bewegende Weise den Aufschwung wie das Scheitern einer politischen Idee widerspiegelt. Hermlin - Lyriker, Erzähler und Übersetzer - lebte einen Widerspruch: zwischen geistigem Adel und der Bereitschaft zu soldatischer Fügung. Ein linker Aristokrat, der sich mit Selbststilisierung schützte - und angreifbar machte. Der Schriftsteller, der 1976 die folgenreiche Petition gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns initiierte, bewahrte Form, wo die politischen Vergröberungen zunahmen. Als er 1978 auf dem Schriftstellerkongress betonte, ein "spätbürgerlicher Schriftsteller" zu sein, war dies der rhetorische Höhepunkt einer stetig gewachsenen inneren Entfernung von der eigenen Truppe.
Stephan Hermlin (1915-1997) war einer der bedeutendsten Schriftsteller der DDR. Als Jugendlicher hätte er wohl auch Klosterschüler werden können, wurde aber Jungkommunist. Er hätte als Dichter früh zu Ernst Jünger finden können, den er zeitlebens für einen Großen hielt, aber er fand zu Thälmanns Partei. Der Gedanke der Selbstverbesserung wich dem besseren Gedanken: die Welt zu ändern. Hans-Dieter Schütt wendet sich seinem biografischen Essay einem Charakter zu, dessen Leben auf bewegende Weise den Aufschwung wie das Scheitern einer politischen Idee widerspiegelt. Hermlin - Lyriker, Erzähler und Übersetzer - lebte einen Widerspruch: zwischen geistigem Adel und der Bereitschaft zu soldatischer Fügung. Ein linker Aristokrat, der sich mit Selbststilisierung schützte - und angreifbar machte. Der Schriftsteller, der 1976 die folgenreiche Petition gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns initiierte, bewahrte Form, wo die politischen Vergröberungen zunahmen. Als er 1978 auf dem Schriftstellerkongress betonte, ein "spätbürgerlicher Schriftsteller" zu sein, war dies der rhetorische Höhepunkt einer stetig gewachsenen inneren Entfernung von der eigenen Truppe.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 02.09.2023
Rezensent Wilhelm von Sternburg liest bei Hans-Dieter Schütt über ein Künstlerleben voller Widersprüche. Schütts biografischer Essay über Stephan Hermlin, den Sternburg in eine Reihe mit Hilbig, Müller, Plenzdorf, Christa Wolf u.a. stellt, scheint dem Rezensenten brillant geschrieben und geprägt von Schütts eigenen "bitteren" Erfahrungen als Systemtreuer. Entstanden ist laut Rezensent das Psychogramm eines engagierten Bürgers und großen Lyrikers.
Rezensent Wilhelm von Sternburg liest bei Hans-Dieter Schütt über ein Künstlerleben voller Widersprüche. Schütts biografischer Essay über Stephan Hermlin, den Sternburg in eine Reihe mit Hilbig, Müller, Plenzdorf, Christa Wolf u.a. stellt, scheint dem Rezensenten brillant geschrieben und geprägt von Schütts eigenen "bitteren" Erfahrungen als Systemtreuer. Entstanden ist laut Rezensent das Psychogramm eines engagierten Bürgers und großen Lyrikers.
Rezensionsnotiz zu
Deutschlandfunk, 01.06.2023
Nicht ganz glücklich ist Kritiker Michael Opitz mit Hans-Dieter Schütts biografischem Essay über den DDR-Dichter Stephan Hermlin. Dessen Lebensgeschichte ist durchaus von Widersprüchen und Rissen geprägt, er ist zwar beispielsweise nicht aus der SED ausgetreten, hat sich aber 1976, als es um die Biermann-Ausbürgerung ging, durchaus gegen diese gestellt, weiß Opitz. Ein 1996 erschienenes Buch hat ihn der Legendenbildung als Vorzeigekommunist bezichtigt, wogegen ihn Schütt nun verteidigen will - allerdings mit einem rein literarischen Ansatz, ohne die Archive konsultiert zu haben, wie der Rezensent bemängelt. Er erkennt zwar an, dass der Essayist einen literarisch durchaus ansprechenden und ehrenwerten Versuch unternimmt, sich Hermlin zu nähern, ist aber kein Fan davon, wie Schütt auch eigene biografische Versatzstücke miteinflicht, ohne zu erwähnen, dass er als Cheflektor der FDJ-Zeitung "Junge Welt" selbst vorbelastet ist. Eher als Wertschätzung des Hermlinschen Werks interessant denn als Biografie, schließt Opitz.
Nicht ganz glücklich ist Kritiker Michael Opitz mit Hans-Dieter Schütts biografischem Essay über den DDR-Dichter Stephan Hermlin. Dessen Lebensgeschichte ist durchaus von Widersprüchen und Rissen geprägt, er ist zwar beispielsweise nicht aus der SED ausgetreten, hat sich aber 1976, als es um die Biermann-Ausbürgerung ging, durchaus gegen diese gestellt, weiß Opitz. Ein 1996 erschienenes Buch hat ihn der Legendenbildung als Vorzeigekommunist bezichtigt, wogegen ihn Schütt nun verteidigen will - allerdings mit einem rein literarischen Ansatz, ohne die Archive konsultiert zu haben, wie der Rezensent bemängelt. Er erkennt zwar an, dass der Essayist einen literarisch durchaus ansprechenden und ehrenwerten Versuch unternimmt, sich Hermlin zu nähern, ist aber kein Fan davon, wie Schütt auch eigene biografische Versatzstücke miteinflicht, ohne zu erwähnen, dass er als Cheflektor der FDJ-Zeitung "Junge Welt" selbst vorbelastet ist. Eher als Wertschätzung des Hermlinschen Werks interessant denn als Biografie, schließt Opitz.