Gottfried Benn, Thea Sternheim

Gottfried Benn / Thea Sternheim: Briefwechsel und Aufzeichnungen

Mit Briefen und Tagebuchauszügen Mopsa Sternheims
Cover: Gottfried Benn / Thea Sternheim: Briefwechsel und Aufzeichnungen
Wallstein Verlag, Göttingen 2004
ISBN 9783892447146
Gebunden, 518 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Thomas Ehrsam. Das bewegende Zeugnis einer tiefen und lebenslangen Freundschaft, unterbrochen nur im Dritten Reich, als sich die Wege der Emigrantin und des Daheimgebliebenen abrupt, wenn auch nur vorübergehend trennen. Noch ein Liebesbriefwechsel Gottfried Benns? Nein, die lebenslange Freundschaft Benns (1886-1956) mit Thea Sternheim (1883-1971) war keine erotische, sie basierte vielmehr auf gegenseitigem Vertrauen und Verehrung. Verehrung für den Dichter und einen der "wenigen Menschen, die ein inneres Leben führen" hier, Verehrung für die kluge und allem Schöpferischen offene "grande dame" dort. Private Katastrophen und nicht weniger katastrophale politische Bekenntnisse sorgen allerdings dafür, dass es nicht bei Verbeugungen bleibt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.03.2005

In einer Doppelrezension zweier Briefbände mit persönlicher und geschäftlicher Korrespondenz Gottfried Benns, lobt Stephan Speicher die Briefe und Aufzeichnung von Thea und Mopsa Sternheim und Gottfried Benn als das "substanziellere" Buch von beiden. Die Beziehung zwischen den beiden Frauen und Gottfried Benn ist offensichtlich etwas "einseitig", denn der überwiegende Teil der Briefe stammt von Thea Sternheim und ihrer Tochter Mopsa, stellt der Rezensent fest. Die Briefe von Benn sind "eher kühl", weshalb sich in ihnen nicht so recht erschließt, was das "Bezwingende" an Benn war, räumt der Rezensent ein. Die Briefe zeigen dafür in Thea Sternheim eine an Literatur sehr interessierte "geistig bewegliche, couragierte Frau", auch wenn sie kaum je eine über Bewunderung hinaus gehende Bemerkungen zu Benns Lyrik macht, stellt der Rezensent fest. Die Tagebuchauszüge von Mopsa demonstrieren dagegen die "Fixierung" einer Frau, die nach einer kurzen Affäre lebenslang an Benn hing und nichts desto trotz sehr "scharfäugige" Kommentare zu seinem lyrischen Werk abgab, so Speicher weiter. Er findet, dass vor allem die Briefe der Sternheims "manches an Benn neu" sehen lassen, insbesondere die gefühlsmäßige "Kälte" des Lyrikers.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.12.2004

Die Mutter widerstand Gottfried Benns "notorischer Verführungskraft", wie Gregor Eisenhauer schreibt, die Tochter nicht. Die Rede ist von Thea Sternheim und ihrer Tochter Dorothea, genannt Mopsa, die über lange Jahre dem Dichter freundschaftlich verbunden waren. Auch wenn die Mutter nicht Benns erotischen Avancen entsprach, dann erlag sie aber doch seiner geistigen Ausstrahlungskraft, seiner Wortkunst, fasst Eisenhauer zusammen, denn über alle politischen Differenzen hinweg - die Sternheims gingen ins Exil, die Tochter arbeitete in der Resistance und wurde deportiert, während Benn als Militärarzt den Nazis diente - war es gerade das "Heimweh nach Sprache", schreibt der Rezensent, welches das Verhältnis zu Benn bestimmte. Hinter dem Briefwechsel versteckt sich also eine "gewaltige dramatische Spannung", betont Eisenhauer, der die Edition der Briefe und der Tagebuchauszüge vorbildlich kommentiert findet. Beiden Frauen wurde auf bestürzende Weise ihr Verhältnis zu Benn zum Verhängnis, schließt der Rezensent seinen Bericht: sie vereinsamten immer mehr, während sie auf das erlösende Wort des Dichters warteten, das natürlich nie kam.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.11.2004

Lothar Müller macht aus seiner Begeisterung für diesen Band gar keinen Hehl. Er lobt den Briefwechsel, der um Tagebuchaufzeichnungen Thea Sternheims ergänzt ist, als ein "vielstimmiges, lebensvolles, von der Geschichte des 20. Jahrhunderts vollgesogenes und imprägniertes Buch". Thea Sternheim war eine frühe Verehrerin erst des Mannes, dann des Dichters Gottfried Benn. Von dessen Annäherung an den Nationalsozialismus war sie freilich entsetzt - und nahm nach dem Krieg den Kontakt doch wieder auf. In diesem Briefwechsel lässt sich die Beziehung verfolgen, vor allem aber erfährt man sehr vieles über die Zeitläufte, und das heißt hier in erster Linie "das dichte Netz der Milieus der zwanziger Jahre und des Exils", schreibt Müller. Die Tagebuchaufzeichnungen erlauben darüber hinaus einen Blick über die Schulter der Briefschreiberin und verdeutlichen die Distanz, die sie zum betont sachlichen Arzt Gottfried Benn von Anfang an gespürt hat, lobt der hingerissene Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.11.2004

Hier trügt einmal mehr der Schein, befindet der "Hg" zeichnende Rezensent angesichts des von Thomas Ehrsam herausgegebenen Bandes zu Gottfried Benn und Thea Sternheim. Bücher wie diese, die noch nicht Publiziertes publizierten, erweckten den Eindruck, die Forschung schreite in Riesenschritten voran. Doch ändere auch dieses Buch nichts daran, dass ein Teil des Briefwechsels unwiederbringlich verloren ist, und die "neuen" Dinge, die der Band enthalten soll, seien so neu nun auch wieder nicht, da sie sich im Deutschen Literaturarchiv Marbach befinden und somit bekannt, wenn auch unpubliziert sind.