Georges-Arthur Goldschmidt

Freud wartet auf das Wort

Freud und die deutsche Sprache II
Cover: Freud wartet auf das Wort
Ammann Verlag, Zürich 2006
ISBN 9783250104865
Gebunden, 247 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Goldschmidt setzt seine mit der Studie "Als Freud das Meer sah" begonnene Analyse der deutschen Sprache vor dem Hintergrund der Psychoanalyse fort. Orientierte sich Freud an der grammatikalischen Struktur der deutschen Sprache, die die eigentliche Information immer an den Schluss der Sätze stellt, ganz im Gegensatz zum Französischen, wo Subjekt und Verb am Anfang eines Satzes die Aussage bestimmen? Eine Sprache entfernt sich nicht von ihrem Gebrauch. Freud hat seine Methode am Vorabend der aufziehenden Nazi-Barbarei entwickelt, eine Barbarei, die alles daran gesetzt hat, wie die Geschichte zeigt, zuallererst die Sprache zu beschmutzen und zu zerstören. Goldschmidt geht diesem Phänomen nach und analysiert das Einhergehen von Sprachreinigung und Sprachzerstörung. Er sieht in der deutschen Sprache die'Grundsprache', die von keiner anderen Sprache maßgeblich beeinflusst worden ist, die durchsichtig davon spricht, was dem Benutzer in dringlicher Wirklichkeit vor Augen steht. Die beiden Sprachen, Französisch und Deutsch, werden per definitionem einander so gegenüber gestellt: das Deutsche ist urwüchsig, dinghaft, kindlich-obszön, das Französische durch luzide Rationalität geprägt, theoriegeeignet, geschmeidig, erwachsen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.04.2007

Beeindruckt ist Rezensent Thomas Steinfeld von Georges-Arthur Goldschmidts "Freud wartet auf das Wort", dem zweiten Band seiner "Sprachspekulationen". Selten hat er ein Buch über Kultur und Kulturgeschichte der deutschen Sprache gelesen, das derart "intensiv und gelehrt" ist. Er erkennt bei dem Autor einen Willen, das "Innerste nach außen" zu holen. So scheint es ihm auch kein Zufall, dass Siegmund Freuds Sprache die "zentrale Referenz" des Bands bildet. Goldschmidts Untersuchung des "Schein des Urwüchsigen" der deutschen Sprache, der Spannungsbögen des Satzbaus, dem Spiel mit den Vorsilben und der deutschen Etymologie zeichnet sich für Steinfeld durch konzentrierte Aufmerksamkeit und Tausende von Beispielen aus. Die Intention des Autors sieht er letztlich darin, ähnlich wie es der Psychoanalytiker mit seinem Patienten tut, "das Geheime und Eigenartige der Sprache selbst sprechen zu lassen".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.08.2006

Hans-Jürgen Heinrichs hat dieses Buch sichtlich inspiriert. Es ist der zweite Band des deutsch-französischen Romanciers und Übersetzers Georges-Arthur Goldschmidt über Sprache und Psychoanalyse. (Der erste Band hieß "Als Freud das Meer sah".) Anhand einer "unglaublichen Fülle von Beispielen" analysiere Goldschmidt die Unterschiede zwischen dem Französischen und Deutschen. Die zentralen Begriffe bei Freud kann man zwar nur annähernd übersetzen - doch für Goldschmidt macht gerade die "Mangelhaftigkeit", die jeder Sprache anhaftet, ihre "Produktivkraft" aus, so Heinrichs. Dabei denke Goldschmidt auch immer über die politische Dimension der Sprache nach - etwa wenn er "die am eigenen Leib erlebte historische Manifestierung des 'Unheimlichen' im Nationalsozialismus" beschreibt. Heinrichs ist "zutiefst beeindruckt".