Gennadi Gor

Blockade

Gedichte. Russisch - Deutsch
Cover: Blockade
Edition Korrespondenzen, Wien 2007
ISBN 9783902113528
Gebunden, 248 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen und mit einem Nachwort von Peter Urban. 900 Tage dauerte die Blockade Leningrads (1941-44) durch die deutsche Wehrmacht. Die Stadt, ihrer Infrastruktur durch die systematische Bombardierung völlig beraubt, bot ein Bild des Grauens: Bombenruinen, zerfetzte Körper, brennende Häuser, 40° Frost, keine Lebensmittel, kein Brennmaterial, keine Zeitungen - täglich verhungern und erfrieren Tausende. Gennadij Gors während der Blockade entstandenen Gedichte reagieren auf die Schrecken nicht mit dem offiziell geforderten Heldenpathos, sondern mit einem lakonisch-spielerisch daherkommenden, schonungslosen »lyrischen Bericht«, der die Vorkommnisse konkret benennt: Hunger, Eiseskälte, Artilleriebeschuss, Kannibalismus und der allgegenwärtige Tod. Die den Terror kontrastierenden spielerischen Rhythmen und die oft absurd wirkenden Reime erzeugen eine verzweifelte Komik. Und auch die eingestreuten Erinnerungssplitter an bessere Tage und menschliche Nähe verstärken nur den Eindruck der totalen Vereinsamung und Haltlosigkeit in einer Welt, in der nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.05.2008

Rezensentin Kerstin Holm freut sich über Wiederentdeckung von Gennadij Gors Gedichten über die Leningrader Blockade von 1941 bis 1944. Gor beschreibt darin den ganzen Horror der Belagerung, den er selbst durchlitt. Holm nennt einige Bespiele: etwa das Gedicht "Esst nicht mein Bein" oder die Verse über ein Katzenbratenbankett, an dessen Ende der Tod auf die Gäste wartet. Manchmal hat Gor sich wohl von dem Elend abgewendet und in "naturerotischen Phantasien" von Bäumen geträumt, die sich in Mädchen verwandeln. Doch dann denkt er wieder, so Holm, an die Mädchen, die gerade vergewaltigt und ermordet wurden. Eine weitere Spur in den Gedichten sind die russischen Dichter, die bei Gor durch die Leningrader Hölle spuken, aber angesichts des Grauens in Schweigen verfallen, stellt die Rezensentin fest.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.11.2007

Neunhundert Tage dauerte die Blockade Leningrads durch die deutsche Wehrmacht, mehr als eine Million Menschen starben in dieser Zeit durch den Hunger, die Kälte und den Artilleriebeschluss. Hitler wollte die Stadt der Oktoberrevolution dem Erdboden gleichmachen, Stalin sie auf keinen Fall preisgeben. Für den Rezensenten sind die Gedichte des russischen Schriftstellers Gennadi Gor aus dieser Zeit, ein ebenso wertvolles Dokument wie Lidia Ginsburgs "Aufzeichnungen eines Blockademenschen". Beklemmend sind sie, schreibt Dutli, gar nichts Heroisches ist ihnen eigen. Für geradezu "einmalig, in der russischen Lyrik beispiellos"  hält der Rezensent, wie radikal und dabei nur scheinbar surreal Gor die Verzweiflung der "unsäglich leidenden Zivilbevölkerung" darstellt. "Ein atemberaubende Entdeckung" nennt Dutli Gors Gedichte zeitgleich mit seinen phantastischen Erzählungen "Das Ohr" erscheinen.