Ferdinand Schmalz

Mein Lieblingstier heißt Winter

Roman
Cover: Mein Lieblingstier heißt Winter
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021
ISBN 9783103974003
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Der Wiener Tiefkühlproduktelieferant Franz Schlicht soll einem makabren Wunsch nachkommen. Sein Kunde Doktor Schauer ist fest entschlossen, sich zum Sterben in eine Tiefkühltruhe zu legen. Er beauftragt Franz Schlicht, den gefrorenen Körper auf eine Lichtung zu verfrachten. Zum vereinbarten Zeitpunkt ist die Tiefkühltruhe jedoch leer, und Schlicht begibt sich auf eine höchst ungewöhnliche Suche nach der gefrorenen Leiche. Dabei begegnet er der Tatortreinigerin Schimmelteufel, einem Ingenieur, der sich selbst eingemauert hat, und einem Ministerialrat, der Nazi-Weihnachtsschmuck sammelt. Ferdinand Schmalz nimmt uns in "Mein Lieblingstier heißt Winter" mit auf eine abgründige Tour quer durch die österreichische Gesellschaft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.10.2021

Rezensent Jan Wiele entdeckt Momente eigenartiger Schönheit in diesem Roman von Ferdinand Schmalz. Davon abgesehen berückt ihn der Text mit einer Sprachsensibilität, die Wiele in der Gegenwartsliteratur sonst schmerzlich vermisst. Dass Schmalz syntaktisch nie den geraden Weg geht und realistisches Erzählen eher zu seinen Pflichten gehört, während die Kür "Fiktion unter der Hand" hervorbringt beziehungsweise experimentelle Prosa, findet Wiele eigentlich ganz wunderbar. Es geht übrigens um einen Wiener Tiefkühllieferanten während der Hundstage in diesem Buch, um seine merkwürdige Kundschaft und sogar um ein krimitaugliches Verschwinden, erklärt Wiele, aber im Grunde geht es einmal um die Form.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.10.2021

Rezensentin Judith von Sternburg sieht die Verfilmung von Ferdinand Schmalz' Debütroman schon vor sich: Mit Josef Hader in der Hauptrolle, versteht sich. Aber auch bei der Lektüre hat die Kritikerin viel Spaß, auch wenn der Roman im Gewand eines "melancholisch österreichischen Krimis" daherkommt, wie sie schreibt. Und so lässt sie sich an der Seite des Tiefkühlkostvertreters Schlicht, der auf der Suche nach seinem suizidalen (oder bereits toten) Kunden Doktor Schauer ist, durch einen heißen österreichischen Sommer treiben. Schon an dem Personal des Romans, darunter ein Ministerialrat mit Vorliebe für Naziweihnachtsschmuck oder ein furchtsamer Pathologe, hat Sternburg ihr Vergnügen. Vor allem aber erfreut sie sich an den vielen sprachlichen Kuriositäten des Dramatikers Schmalz.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.08.2021

Rezensentin Marie Schmidt kämpft sich - teils mit Gewinn, größerenteils mit Mühe durch Ferdinand Schmalz' Romandebüt. Am Ende ist sie enttäuscht darüber, dass sich ihr Durchhaltevermögen nicht so recht ausgezahlt hat. Denn: Der Roman "Mein Lieblingstier heißt Winter" hält nicht, was er anfangs verspricht. Da will sich einer etwa in seinem Haus selbst mumifizieren und ein anderer in der Kühltruhe verenden - angesichts derlei makabrer Metaphern erhofft sich die Rezensentin Tod, Moder und Verwesung auf jeder Seite, wird letztendlich aber nur wieder in jene harmlose "David-Schalko-Wolf-Haas-Josef-Hader-Welt" geführt, die ihr allzu verstraut ist. Das ist umso bedauerlicher, da Schmalz einen enormen Form-Aufwand betreibt, so Schmidt. Eine eigens entwickelte dialektnahe Kunstsprache erzeugt einen ganz eigenen, durchaus reizvollen Rhythmus und Klang, mit jedoch leider nur geringer Varianz. Da kann einen auch der seinem Namen alle Ehre machenden Eismann Franz Schlicht nicht mehr aus der Ermüdung wecken, so die enttäuschte Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.08.2021

Mit heller Freude liest Rezensent Paul Jandl diesen ersten Roman des österreichischen Dramatikers Ferdinand Schmalz. Es geht darin sehr wienerisch zu und um einen entschlossenen Selbstmörder. Eine wichtige Rolle spielen aber auch der gerissene Ministerialrat Kerninger, seine Putzfrau und der Tiefkühlkostfahrer Schlicht. Jandl erkennt natürlich die Anklänge an Bachmann, Horvath und Doderer, aber so "hochgestochen" will er gar nicht werden, wie er frohgemut bekennt. Deswegen goutiert er den Roman einfach als gewitzten Nonsens, der dem "Fieber der Kaltblütigkeit" freien Lauf lässt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.08.2021

Grandios-grotesk nennt Rezensent Carsten Otte den Debütroman des Dramatikers Ferdinand Schmalz. Wie Otte erklärt, handelt es sich hierbei um die Ausführung des Textes über den "lebensmüden Wildfleischfan" Doktor Schauer und seinem Tiefkühlkost-Lieferanten Franz Schlicht, mit dem Schmalz 2017 den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb gewann, erklärt Otte. Im Roman verschwindet der Doktor auf mysteriöse Art und Weise, was eine von seiner aktionistischen Tochter initiierte Suche auslöst und sich bald in einen fesselnden Krimi entwickelt, mit allem, was dazugehört. Die Hauptthematik, der Tod, bleibt dem Rezensenten zufolge dabei stets im Vordergrund und wird mit einer guten Portion Ironie, vielen komischen Figuren und "bitterbösem Humor" behandelt. Den Dramatiker im Autor erkennt Otte vor allem am Rhythmus und an der festlichen Theatralik des Geschriebenen. Doch ein Schauspiel muss dieser Roman gar nicht werden, denn er kann mit seiner plastischen Komik auf verschiedene Weise gelesen werden, schließt der Rezensent zufrieden.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 02.08.2021

Rezensentin Shirin Sojitrawalla hat einiges zu lachen mit Ferdinand Schmatzs Debütroman. Die Geschichte eines wider Willen in einen mysteriösen Todesfall verwickelten Tiefkühlkostvertreters und seiner skurrilen Kundschaft erzählt der Dramatiker laut Rezensentin ausnahmsweise nicht dialoglastig, sondern in kunstfertig rhytmisierter Prosa mit "beißendem" Humor und clownesken Kollisionen. Besonders das Grundlagenwissen des Autors betreffend die verschiedensten Arbeitswelten und Milieus findet Sojitrowalla bemerkenswert. Auf den etwas "müden" Kriminalfall in der Geschichte sollte sich der Leser allerdings laut Rezensentin nicht allzu stark fokussieren. Die Stärke des Textes liegt für sie woanders: In einer aberwitzigen Geschichte vom Leben und Sterben und in ihrer grotesken, metaphernstrotzenden Darstellung.

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