Diedrich Diederichsen

Über Pop-Musik

Cover: Über Pop-Musik
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2014
ISBN 9783462045321
Gebunden, 474 Seiten, 39,99 EUR

Klappentext

Pop-Musik, sagt Diederichsen, ist gar keine Musik. Musik ist bloß der Hintergrund für die viel tiefer liegenden, viel weiter ausstrahlenden Signale des Pop. Pop ist ein Hybrid aus Vorstellungen, Wünschen, Versprechungen. Er ist ein Feld für Posen und Pakte, für Totems und Tabubrüche. Der Autor bezieht seine Argumente aus Semiotik und Soziologie ebenso wie aus der Geschichte und Gegenwart der Pop-Kultur und aus den angrenzenden Gebieten Jazz, Kino, Oper. Diederichsen greift immer wieder auf die eigenen Erfahrungen zurück, sein Initiationserlebnis war ausgerechnet ein Konzert des bleichen Bluesrockers Johnny Winter. Was er über dessen Auftritt schreibt, gilt für viele, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgewachsen sind: Pop hat "eingelöst, was wir alle immer schon geahnt hatten, aber als Kinder nie ganz genau wussten: dass es etwas gibt. Nicht, wovon Winter heulte, war wichtig, sondern dass in komischen Geräuschen ein Weg zur Welt war."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.03.2014

Der Fan steht im Mittelpunkt dieses Buches, meint Ueli Bernays in seiner Besprechung des Buches von Diedrich Diederichsen, vor allem wenn er vor dem Spiegel die Luftgitarre schwingt. Für Bernays eine Urszene der Pop-Musik, weil hier das von Diederichsen zunächst etwas peripher behandelte Musikalische und das, was der Autor in seinem Buch laut Rezensent im weiteren Sinne unter Pop-Musik versteht, Mode, Schminke, Cover, TV, Videos etc., zusammenkommt. Virtuos findet Bernays, wie Diederichsen sein Metier gegen Purismus und Bürgerlichkeit verteidigt, wie er seinen emphatischen Pop-Begriff abgrenzt und immer wieder versucht, seinen Subjektivismus ins Allgemeine zu bewegen. Das Persönliche findet Bernays übrigens okay, weil es für die nötige Leidenschaft sorgt, die der Leser genießen kann. Auch wenn aus dem Buch so kein Kompendium wird, wie der Rezensent erklärt, sondern eine Streitschrift mit "diskutablen", durch Soziologie und Ästhetik gestützte Thesen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.03.2014

Alles richtig toll in diesem Pop-Musik-Schmöker von Diedrich Diederichsen? Nicht ganz, findet Jens Balzer. Zwar leuchtet es ihm unmittelbar und beglückenderweise ein, wenn der Autor Pop-Musik als Bindestrich-Phänomen behandelt, also als Gesamtkunst aus Musik, Performance, Mode, Theater, Film und Frisur, und sich all dem systematisch, historisch und politisch-ästhetisch widmet. Dass Diederichsen die nicht so prima aussehenden und klingenden Momente der Popmusik (Bushido, Bohlen, Puhdys) bei seiner Betrachtung jedoch systematisch ausblendet, gefällt Balzer nicht, weil das geschmäcklerisch ist und normativ, findet er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2014

Bald schon wird das schöne, spröde und ohne Gefälligkeiten auskommende Literatur sein, prophezeit Rezensent Dietmar Dath Diedrich Diederichsens Pop-Monumentalwerk, so wie Adornos "Altern der Neuen Musik". Dass der Autor nicht auf Wertungen verzichtet, rechnet ihm der Rezensent hoch an. Zumal Diederichsen ja dennoch Gültiges sagen möchte, wie Dath einräumt. Wie der "einflussreichste Pop-Kritiker des Landes" hier den Beweis führt, dass Pop-Musik mehr ist als Musik, wissenschaftlich, ja, auch mit durchaus entlegenen Beispielen, vor allem auch jenseits von Wikipedia, pointen- und erkenntnisreich, das hat Dath gefallen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.03.2014

Den Poptheoretiker Diedrich Diederichsen schätzt der Kritiker für seine treffenden, wenn auch häufig kryptischen Artikel und Rezensionen, deren Qualitäten er auch in dem nun vorgelegten neuen Buch wiederentdeckt. Einen großen Verdienst sieht Jens-Christian Rabe allein darin, dass der Autor die Pop-Musik als neue Kunst neben den bekannten Sparten etabliert und sie darüber hinaus in differenzierten und gelehrten Analysen unter zeichentheoretischen, ästhetischen, historischen und politischen Gesichtspunkten betrachte. Schwer beeindruckt liest der Rezensent auch Diederichsens analytische Grundthese, die Pop-Musik sei, obwohl sie mit Mitteln der Konformität spiele, doch vielmehr auf Nonkonformität ausgerichtet. Auch wenn Rabe bisweilen Beispiele in diesem ansonsten vorbildlich geordneten Werk vermisst, würdigt er das Buch als Opus magnum, das zur Grundlage des gelehrten Nachdenkens über das Phänomen der Pop-Musik werden dürfte.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.03.2014

Hingerissen zeigt sich Julian Weber von Diedrich Diederichsens Buch "Über Pop-Musik". Das Buch widerlegt für ihn auch den Vorwurf der theoretischen Abgehobenheit des Autors. Im Gegenteil, es kommt für ihn unterhaltsam und assoziativ daher, wechselnd zwischen Theorie und Beschreibung, "Powerchords und Style-Wars". Diederichsens Überlegungen, Pop nicht nur auf musikimmanente Elemente oder ihren sozialen Gebrauch zu begrenzen, sondern auch das einzigartige Besondere, das der Rezipient daraus macht, einzubeziehen, kann Weber gut nachvollziehen. Er attestiert dem Autor in diesem Zusammenhang, die Pop-Ästhetik um ihre Rezeptionsgeschichte zu erweitern. Auch die Auseinandersetzung mit Adorno und dessen Apologeten findet er überzeugend. Das Fazit des Rezensenten: ein "Grundlagenwerk".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.02.2014

Diedrich Diederichsen legt sich in seinem Buch "Über Pop- Musik" mit all seiner Erfahrung und Autorität mit der Frage an, was Pop denn nun eigentlich sei, berichtet  Thomas Groß. Was vereint also all die Hörigen, die "das Evangelium des Beats" empfangen haben? Eindeutige Antworten gibt Diederichsen nicht, beruhigt der Rezensent: einerseits sei Pop eine avantgardistische Bewegung gewesen, die mit Altem brach und das Musizieren vergesellschaftete, andererseits bewege er sich aber auch auf dem "Terrain des Vernutzten", sei Warenmusik, Ausdruck eines kapitalistischen Geistes, fasst Groß zusammen. Theoretisch ist das Buch eine runde Sache, meint der Rezensent, nur leidet es ein wenig unter der veralteten Empirie - Diederichsens Beispiele sind meist rund zwanzig Jahre alt - und unter dem Narzissmus eines großen Theoretikers, der das unabwendbare Ende seines Gegenstands in der eigenen Lebenszeit verorten möchte, erklärt Groß.