David Gugerli, Daniel Speich

Topografien der Nation

Politik, kartografische Ordnung und Landschaft im 19. Jahrhundert
Cover: Topografien der Nation
Chronos Verlag, Zürich 2002
ISBN 9783034005487
Gebunden, 264 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Mit 8 Abbildungen. Landkarten ordnen den Raum und bestimmen die Verhältnisse seiner natürlichen und politischen Elemente. Wer über die entsprechende kartografische Lektüretechnik verfügt, dem steht die Karte als räumliches Orientierungsmittel und als politische Entscheidungsgrundlage zur Verfügung. Auch die Kartografie des 19. Jahrhunderts hat dieses Ziel verfolgt und dafür eigene Wege und Methoden entwickelt. Die neuen Bilder ermöglichten eine nationalistische Lektüre die Landschaft und die kartografische Reproduktion der Nation. Am Beispiel der schweizerischen Landesvermessung, zwischen 1832 und 1865 durchgeführt unter der Leitung von General Guillaume-Henri Dufour, untersucht der Band die sozialen Voraussetzungen der kartografischen Lesbarkeit der Welt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.11.2002

Für Alxeander Klose ist das Buch in erster Linie ein gelungener Beitrag über Entstehung und Konstruktion von nationaler Identität. Nationale Bewegungen hätten immer schon Kulturlandschaften idealisiert und an der Schweiz zeige sich dies besonders gut. Denn das Alpenland hat trotz vieler regionaler Unterschiede ein Gemeinsames: die Alpen. Das Buch, lobt Klose in seiner ausführlichen Besprechung, zeige "detailliert" und "gut lesbar" wie eine Innovation in der Kartographie das nationale Selbstverständnis der Schweiz voran getrieben habe. Forschungsgegenstand der Buchautoren ist das zwischen 1832 und 1865 entstandene Kartenwerk von Guillaume Henri-Dufour. Der dreidimensionale Alpenüberblick war hinreißend und wurde international gefeiert, doch nach einer Ballonfahrt stellte sich heraus, dass die Karte offenbar imposanter war als das Gebirge selbst. Die Buchautoren, so der Rezensent, zeigten anschaulich, wie sich "virtuelle Realitäten" etabliert hätten: Die Autoren "behandeln die Dufourkarte als 'Aufschreibesystem', dessen Entstehen und dessen Fortdauer eine einschlägige Wirkung auf allen Ebenen der Konstruktion einer nationalen Identität der Schweiz hatte".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.11.2002

Erst am Schluss seiner ausführlichen und lobenden Besprechung outet sich Christian Semler als "der Landvermessung nicht kundiger Leser", der deshalb "einige Verständnisprobleme" einräumen müsse. Aber durch einen "kleinen Trigonometrie-Wiederholungskurs" könne dem abgeholfen werden, versichert er. "Die Anstrengung lohnt sich", urteilt Semler, und er hat uns zu diesem Zeitpunkt auch schon so viel über das Buch erzählt, über die Geschichte der Kartografie im allgemeinen und der der Schweiz im Besonderen, dass wir das gerne glauben wollen. Auch, dass die Autoren "methodisch gewitzt" vorgehen und zudem in der Gedankenwelt Foucaults "heimisch" sind, soll uns für sie einnehmen. Semler zeichnet die von den Autoren aufgeblätterte Geschichte von General "Dofours Kartenwerk", eines detailgenauen, die gesamte Schweiz umfassenden Vermessungs- und Darstellungsprojekts, nach und lobt die Autoren für ihre "Reise in die Region, wo sich Geistesgeschichte und Naturwissenschaften begegnen."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.02.2002

Valentin Groebner widmet sich mit großem Interesse diesem Buch über die Geschichte der topografischen Erfassung der Schweiz, die ein besonderes Gewicht auf die zwischen 1832 und 1865 entstandene "Dufour-Karte", legt. Er stellt klar, dass die Darstellung der Topografie immer auch den Gegenstand der Darstellung verändert. Außerdem sei die Landkarte natürlich ein Zeugnis "nationaler Selbstdarstellung", so der Rezensent fasziniert. Er sieht die organisatorischen und praktischen Schwierigkeiten der kartografischen Erfassung von den Autoren gut dargestellt und meint, insbesondere die Geschichte der Karte Dufours müsse als ein "Lehrstück praktischen Wissenschaftsmanagements" gelesen werden. Groebner lobt die Autoren für ihre gelungene Darstellung, und er betont, dass die Studie über die topografische Erfassung der Schweiz natürlich auch ein geschichtlicher Abriss über den sich wandelnden "Blick auf die Berge" ist.