Cornelia Vismann

Akten

Medientechnik und Recht
Cover: Akten
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783596149278
Taschenbuch, 359 Seiten, 15,29 EUR

Klappentext

Ohne Akten keine abendländischen Institutionen des Rechts. Weil Akten Medium und Prozessor eines Rechtssystems sind, lässt sich die Geschichte des Rechts auch aus der Perspektive der Aktenführungen schreiben: von babylonischen Listen bis zu den Diskussionen um Datenschutz und Stasi-Akten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.02.2001

Keineswegs zu den Akten legen sollte man nach Meinung des Rezensenten Valentin Groebner diese mediengeschichtlich orientierte Arbeit über Akten. Auf "amüsante" Weise fühlt sich der Rezensent über die Entwicklung der Akten von den Registern Kaiser Friedrich II bis zu den "icons moderner Computeroberflächen" belehrt. Besonders hebt Groebner hervor, dass Cornelia Vissmann nicht nur eine Geschichte des Aktenwesens schreibt, sondern auch viel Material zur Geschichte des Amtsgeheimnisses liefert. Allerdings - wo viel Sonne ist, kann auch ein wenig Schatten nicht fehlen. Etwas verärgert zeigt sich der Rezensent darüber, dass auch in dieser Arbeit "Lacanismen (...) zum akademischen Generationsjargon geworden sind". Außerdem beklagt er nachdrücklich, dass sich die Arbeit an der "deutschen Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts" orientiert, da sie verstärkt in ihrer Genealogie das Gewicht auf Kaiser Friedrich II und den Protestantismus lege und darüber ganz die Linie unter anderem des Papsttums und des französischen Königshofs vergesse. Hoffen wir abschließend mit dem Rezensenten, dass derartig interessante und unterhaltsame "neue Medienhistorie (...) doch nicht den alten borussischen Narrativen" aufsitzt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.01.2001

Caroline Pross hat dieses Buch offenbar mit großem Gewinn gelesen und lobt besonders seine "historische Tiefendimension", die derzeit aktuelle Debatten über Akten - etwa die der Stasi - ihrer Ansicht nach bereichern könnten. So habe die Autorin "eindrucksvoll" gezeigt, wie die Veränderungen im Umgang mit Akten über die Jahrhunderte die Rechtsauffassungen beeinflusst haben. Als ein Beispiel unter vielen nennt die Rezensentin die durch "neue Schreib- und Archivierungstechniken (entstandene) Trennung von Administration und Recht". Dabei wird nach Pross deutlich, dass für die sich verändernden Rechtsvorstellungen weniger Ideen von Bedeutung waren, als neue Techniken der Datenverarbeitung, etwas, das sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Dass Vismann ihre Überlegungen an zahlreichen Beispielen aus der Geschichte anschaulich macht, gehört für die Rezensentin zu den besonderen Stärken des Buchs. So werfe sie einen Blick in die Verwaltung im alten Rom wie auch des Mittelalters, der frühen Neuzeit oder der Gegenwart, um jeweils deutlich zu machen, wie sehr die Aktenführung auch immer für die jeweilige "Staatsidee" von Bedeutung war.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.12.2000

Wer hätte das gedacht, aber Walter Grasnick findet in der Tat, dass dieses Buch über Akten ausgesprochen spannend ist. "Herrliche, mitunter auch traurige Entdeckungen" könne der Leser hier machen, und sogar einen Unterhaltungswert bescheinigt der Rezensent diesem Buch. Darüber hinaus werde hier gezeigt, dass Dissertationen nicht zwangsläufig dröge sein müssen und dazu auch noch preiswert sind. So empfiehlt Grasnick dieses Buch auch jedem Studenten, vor allem aber denen, die sich mit Jura befassen. Spannend findet der Rezensent so vieles an diesem Buch, dass er gar nicht alles aufzählen kann. Stellvertretend nennt er die Beschäftigung der Autorin mit der Frage, in welchem Verhältnis Akten zur Sprache stehen, welche Rolle die Sprache bei Gerichtsverfahren spielt, wie sich das Handhaben von Akten in Zeiten der digitalen Datenverarbeitung verändern wird, welche Bedeutung Akten in politischer Hinsicht haben (etwa nach dem Dreißigjährigen Krieg). Auch Geschichte der Akten bis hin zur Gauck-Behörde werde hier geboten, schwärmt Grasnick. Nicht zuletzt bescheinigt er der Autorin auch einen bewundernswerten Kenntnisreichtum in dieser gesamten Materie.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.12.2000

Friedrich Balke ist des Lobes voll über diese "medienarchäologische Untersuchung" zur Geschichte der Akte. Auf engem Raum sieht er im großen historischen Zugriff eine bezwingende Geschichte erzählt, die die Reinheit des Rechts auf die Bedingungen seiner Medialität zurückverweist. Die Untersuchung beginnt mit dem alten Rom, dessen Rechtsgeschichte im justinianischen Kodex gipfelt, der - dies aber verleugnend - nichts ist als eine riesige "Akte aus Akten". Bis zu Habermas werde von hier aus an einer im Angesicht der Akten nicht aufrechtzuerhaltenden klaren Trennung von Faktizität und Geltung weitergeschrieben. Über das weniger im Medium der Akte als der Urkunde Rechtshandlungen vollziehende Mittelalter gelangt Vismann zum modernen Staat, der im Zeichen der "Selbstverwaltung" seine Bürger zu "Sekretären ihrer selbst" erzieht. Die Untersuchung schließt mit einem Blick auf die Gauck-Behörde, die die Vitalität der Akten noch einmal deutlich macht. Balke preist das Buch für seine "stilistische Eleganz", "hintergründigen Witz und Ironie" und "die souveräne Handhabung von Wissensbeständen" und empfiehlt es wärmstens für eventuell zu vergebende Preise für Wissenschaftsprosa.
Stichwörter