Bordell der TotenErzählungen
Kein und Aber Verlag, Zürich
2007
ISBN
9783036951690, Gebunden, 207Seiten, 18,90
EUR
Klappentext
Aus dem Spanischen von Susanna Mende. Ein wildentschlossener Schreibwarenhändler steht jede Nacht, das Gewehr im Anschlag, in seinem Laden - für den Fall, dass sich eine der verhassten Existenzen aus der Bar nebenan hereinwagen sollte. Eine Hausfrau und gute Katholikin (der Pater rät ihr, weniger zu beten, da sonst das "grenzenlose göttliche Mitgefühl" in Frage gestellt werden könnte) kettet ihren lebensmüden Vater ans Bett, um ihrer Familie mittels seiner Rente das finanzielle Überleben zu sichern. Eine Mutter will ihr Kind loswerden, dessen traurige Miene einfach nicht ins Design ihrer Wohnung passt. Lopez Helden sind die allzumenschlichen Produkte einer Gesellschaft, der ihr Eigentliches abhanden gekommen ist. Nie kamen sie zu Wort, nie wurden sie gefragt, doch jetzt sprudelt es nur so aus ihnen heraus.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.04.2008
"Deutlich verrückt" - ist das nun ein Lob oder nicht? Martin Gauger selbst schwankt zwischen Lachen und nervösen Schmerzen, wenn er dieses Buch "aus und über Spanien" von Carlos Eugenio Lopez aufschlägt. Der grimmige doch scharfsinnige und gekonnt literarifizierte "böse Blick" auf die Heimat geht für den Rezensenten in Ordnung, das kennt er von Nietzsche. Nur wenn das bloß Groteske dieser Erzählungen einmal "zu weit zu weit" geht, begleitet von einem "schwachsinnig lyrisch-patriotischem Stil", steigt Gauger aus. Ansonsten ist er voll Anerkennung, nicht zuletzt auch für die Übersetzerin "machistischer Deftigkeiten" in "geläufiges und lustiges Deutsch".
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 06.03.2008
In Carlos Eugenio Lopez' Geschichten, die der Band "Bordell der Toten" versammelt, zeichnet sich stets aufs Neue die Banalität des Bösen ab, stellt Kersten Knipp beklommen fest. Seien es die Rationalisierungsversuche eines Schweins, für das die massenhafte Schlachtung seiner Artgenossen unvorstellbar bleibt, seien es die Erklärungen zweier Auftragskiller, die sich in ihrem Tun mit "dumpfen" Argumenten über Menschenrechte hinwegsetzen - Lopez zeigt gern, wie auch im 21. Jahrhundert der "europäische Humanismus" an der Wirklichkeit scheitert, erklärt der Rezensent fasziniert. In der Schilderung von Strichern, gewinnsüchtigen Politikern oder Frauen im Schlankheitswahn gelinge es dem spanischen Autor grandios, die Sprache seiner Protagonisten zu imitieren, lobt Knipp, der die dadurch bewiesene stilistische Vielfalt Lopez' bewundert und findet, dass er damit ein schauriges Panorama verschiedenster Ausformungen des "Wahns" im modernen Spanien schafft.