Botho Strauß

Lichter des Toren

Der Idiot und seine Zeit.
Cover: Lichter des Toren
Diederichs Verlag, München 2013
ISBN 9783424350883
Gebunden, 176 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

20 Jahre nach seinem aufsehenerregenden Essay "Anschwellender Bocksgesang" knüpft Botho Strauß an dessen radikale Zeitgeistkritik an. Im Zentrum des neuen Buches stehen die Fragen: Kann die flexibilisierte und durchinformierte Existenz wieder Boden und Mitte gewinnen? Was kann dem Überfluss ein Ufer sein? "Das Beste, was man tun kann: im Atem, in der Umwälzung, im steten Wandel der Werke zu leben. Ihre Höhe immer aufs Neue zu ermessen, sich zu berauschen an der Wirkung gewisser Gipfelstürmereien. Alles Übrige ist Fusel, gemischt aus billigem Schein, aus ebenso unverbindlichen wie unwahrscheinlichen Realien. Etwas, das man getrost den Obdachlosen der Globalität, den Vagabunden der Netze überlassen darf."

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.09.2013

Gern hätte sich Rezensent Jochen Schimmang seinen Kollegen angeschlossen und sich über Botho Strauß' neues Buch "Lichter des Toren" einfach geärgert. Doch er konnte nicht. Kaum hatte Schimmang seine anti-elitäre Haltung beiseite gelegt, entdeckte in diesem Buch so viele Schönheiten, Erkenntnisse und vor allem bestechende Bilder und Sätze, dass er kaum aufhören kann, jene ganz fasziniert zu zitieren. Und so liest Schimmang in diesem Werk über unser Gefangensein im Netz und den daraus resultierenden bewussten Fluchtversuch in die Idiotie zwar durchaus kulturkritische Passagen, die er von Strauß auch schon einmal besser formuliert gelesen hat, lobt aber zugleich den Verzicht des fast siebzigjährigen Autors auf Eifer, Zorn und verdammende Urteile. Schließlich kann Schimmang nur eine dringende Empfehlung für dieses differenzierte, erkenntnisreiche und nicht zuletzt kunstvolle Buch aussprechen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.08.2013

Andrea Köhler kann Botho Strauß' Verdammung der Herrschaft der medialen Massenverblödung durchaus annehmen. Sie scheint sich allerdings an der Selbststilisierung des Dichters zum elitären Außenseiter und einsamen Mahner etwas zu stören. Ein solcher ist Strauß für sie nicht wirklich - jedenfalls nicht als Autor des vorliegenden Essays. Die darin vorgetragenen Positionen scheinen der Rezensentin nämlich längst "intellektuell mehrheitsfähig".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.08.2013

Mit Botho Strauß alt werden, für Lorenz Jäger ist das eine beglückende Vorstellung. Vielleicht genügt es aber auch zum Glück, Straußens Band mit Reflexionen und Vignetten mit in die Rente zu nehmen. Jäger legt das nahe, indem er Strauß nicht nur gewinnbringend zu Benjamins Nähe-Ideal ins Verhältnis setzt, sondern auf genuine Einsichten und beglückendes Wissen stößt, das den Dichter sogar zu einem Verwandten der Kanzlerin macht (!). Zeitdiagnostisch treffend und überhaupt nicht isoliert scheinen ihm Autor und Text. Und schön findet er die Gedanken über den Alternden.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.08.2013

Botho Strauß verkündet in "Lichter des Toren" eine ziemliche elitäre Kulturkritik unserer Gegenwart, in der er den Außenseiter und Idioten als Gegenstück der tumben, gleichgeschalteten Masse feiert, berichtet Dirk Pilz. Wo die Praktiken der Exklusion fehlen, müssen Kunst, Kritik und Kultur scheitern, wo der Kulturbetrieb "liebedienerisch mit Quote und breitem Publikum paktiert" findet eine "stete Anpassung nach unten" statt, gibt Pilz das Argument des Autors wieder. Botho Strauß mag sich gerne selbst als Außenseiter inszenieren, erklärt der Rezensent, mit seinem Buch dürfte er aber auf ziemlich einhelliges Kopfnicken der Kulturbetriebsmehrheit stoßen, vermutet Pilz, in dieser Hinsicht ist Strauß also ganz der "Innenseiter". Der Rezensent ist schon gespannt, wer alles in den Klagegesang des Autors einstimmen wird.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.08.2013

Lothar Müller vermisst ihn sehr, den Botho Strauß, der den "Furor der Gedanken" in einprägsamen Bildern festhalten konnte, denn "Lichter des Toren" hält der Rezensent höchstens für den schwachen Abglanz des Buches, das dem Autor vielleicht vorgeschwebt hat. Wenn Strauß den Idioten als Figur unserer Zeit entwickelt hätte, zu einer wahren Schwellenfigur, und ihr eine Komödie auf den Leib geschrieben hätte, ja das hätte Müller gut gefunden: "Die Verblödung als rebellischer Untergrund des Geistes". Aber die hin und wieder aufscheinenden Geistesblitze gehen in der kulturkritischen Suada unter, die Strauß bereits mit einem Spiegel-Essay vorauskoppelte: Die "schmissig-ungefähre" Klage über die Herrschaft der Vielen, die Quote, die Vergötzung der populären Kultur. Und dass Strauß den Reaktionär als Idioten vorstellt, scheint ihm auch logisch falsch: Der Reaktionär ist im Einklang mit sich selbst und betrachtet die Gegenwart einhellig mit Abscheu. Von Paradoxie kann da keine Rede sein.
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