Bernd Braun

Hermann Molkenbuhr (1851-1927)

Eine politische Biographie
Cover: Hermann Molkenbuhr (1851-1927)
Droste Verlag, Düsseldorf 1999
ISBN 9783770052202
Gebunden, 418 Seiten, 50,11 EUR

Klappentext

Der sozialdemokratische Parteiführer Hermann Molkenbuhr gehört zu den prägenden Persönlichkeiten in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. 1875 zählte er zu den Gründern der geeinigten Sozialdemokratie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.07.2000

In einer Doppelrezension bespricht Wolfganz Elz ein Biografie über den Politiker und Mitbegründer der SPD sowie die Herausgabe seiner Tagebücher.
1) Bernd Braun: "Hermann Molkenbuhr (1851-1927)" (Droste Verlag)
Elz begrüßt das Erscheinen dieser Biografie ausdrücklich, zumal er festgestellt hat, dass dieser bedeutende Politiker heute fast in Vergessenheit geraten ist. Und so nutzt der Rezensent die Gelegenheit, in kurzer Form die wichtigsten Stationen in Molkenbuhrs politischem Leben nachzuzeichnen. Dabei macht er darauf aufmerksam, dass Braun in seiner Biografie deutlich aufzeigt, dass es Molkenbuhr letztlich an zwei wichtigen, ja unerlässlichen Eigenschaften für einen Politiker gefehlt habe: "Machthunger und die Bereitschaft, die Vermischung von sachlichen und persönlichen Auseinandersetzungen zu akzeptieren". Dennoch ist Brauns Biografie von "gelegentlich übergroßer Sympathie" geprägt, wie Elz feststellt. Allerdings scheint das seiner Ansicht nach der Qualität dieser "sehr gut lesbaren" Biografie keinen Abbruch zu tun.
2) Bernd Braun, Joachim Eichler (Hrsg.): "Arbeiterführer, Parlamentarie, Parteiveteran. Die Tagebücher des Sozialdemokraten Hermann Molkenbuhr 1905 bis 1927" (R. Oldenbourg Verlag)
Elz weist zunächst darauf hin, dass Molkenbuhr seine Aufzeichnungen - besonders in den letzten Jahren - nur sehr sporadisch geführt hat und sein Tagebuch daher nur wenig an neuen Informationen bietet. Kritisch äußert er sich über die Arbeit der Herausgeber. So gibt die Einleitung, wie er feststellt, keinen Hinweis darauf, "welchem Zweck dieses Tagebuch dienen sollte". Hat Molkenbuhr es wirklich nur für private Zweck geführt oder war es möglicherweise eher als Grundlage für später zu schreibende Memoiren gedacht? Diese Frage findet Elz insofern bedeutsam, als man nun nicht sicher sein könne, ob er im Tagebuch nun seine wirklichen Gedanken aufgezeichnet hat oder nur dass, was er "nach außen preisgeben" wollte. Auch wird nach Ansicht des Rezensenten nicht deutlich genug gekennzeichnet, wo die Herausgeber in den Text eingegriffen haben. Als Beispiel nennt Elz "unkommentierte Ereignisse in den Tageseinträgen, die sich erst später begeben haben".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.05.2000

In einer Sammelrezension bespricht Volker Ullrich die folgenden zwei Bücher zu Hermann Molkenbuhr:
1.) Bernd Braun,/Joachim Eichler (Hrsg,): "Arbeiterführer, Parlamentarier, Parteiveteran" (Oldenbourg Verlag)
Die "sorgfältige Tagebuch-Edition" zu Hermann Molkenbuhr ist zeitgleich mit der Biografie erschienen, schreibt Volker Ullrich. Sie führt den Mann in seinen eigenen Aufzeichnungen vor, aus denen in der Besprechung zitiert wird. Ullrich hebt besonders zwei Einträge zum Kriegsanfang 1914 hervor, als Molkenbuhr zwar einerseits die damals unter Sozialdemokraten typische Furcht vor dem zaristischen Russland erkennen lässt, jede Kriegseuphorie jedoch ablehnt: "Nach jedem Rausch folgt der Katzenjammer." Die Novemberrevolution von 1918 findet ihn ähnlich skeptisch: "Die politische Grundlage der sozialistischen Gesellschaft kann nur die Demokratie sein." Als er im selben Jahr den Parteiauftrag erhält, Kaiserin Auguste Viktoria ins holländische Exil zu begleiten, begreift er gekränkt, dass auch in der Partei der Macher Haltungen wie seine für entbehrlich gehalten werden. Leider lässt Ullrich den Leser im Unklaren darüber, ob neben den politischen Notizen auch persönliche oder die Lebenswelt dieses Politikers illustrierende Aufzeichnungen im Tagebuch enthalten sind.
2.) Bernd Braun: "Hermann Molkenbuhr (1851-1927)" (Droste Verlag)
Als Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg hat der Autor nach gründlichem Archivstudium hier eine "mustergültige Biografie" vorgelegt, schreibt Ullrich. Damit wird ein SPD-Gründervater der Vergessenheit entrissen, der durch Person und Karriere die Anfänge der Partei beispielhaft belegt. Als Zigarrendreher und seit 1872 Mitglied des Ottensener Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins waren für den Hamburger die Auswirkungen der Sozialistengesetze politisch prägend. Sie führen ihn - wenn auch nur für drei Jahre - in die amerikanische Emigration, wo er Englisch lernte, weshalb er später häufig als Delegierter auf internationalen Kongressen auftrat. 1890 wird er erstmals in den Reichstag gewählt, gehört später zu denen, die 1914 die Kriegskredite bewilligen. Das "mit viel Sympathie" vom Autor nachgezeichnete Leben ist den "kleinen Schritten" und dem Konkreten gewidmet; die Spekulation Brauns, ob die Spaltung der Partei 1916 hätte verhindert werden können, findet Ullrich irrig, da sie die Schuld zu sehr der radikalen Minderheit zuschustert.