Sowjetische MilitärtribunaleBand 2: Die Verurteilung deutscher Zivilisten 1945-1955:
Böhlau Verlag, Köln
2003
ISBN
9783412068011, Gebunden, 899Seiten, 69,90
EUR
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 06.09.2004
Dieser Band des Dresdener Hannah Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, herausgegeben von Andreas Hilger, Mike Schmeitzner und Ute Schmidt, nähere sich "behutsam" einer heiklen Frage, lobt Stefan-Ludwig Hoffmann zunächst: Wie lassen sich die ungefähr 35.000 Urteile gegen deutsche Zivilisten bewerten, die nach 1945 von der sowjetischen Militärjustiz verhängt wurden? Doch dann moniert der Rezensent, dass die zentrale These der Herausgeber sowie eines "instruktiven" Beitrags des Bandes, von Natalja Jeske und Ute Schmidt, "etwas im Widerspruch" stehe zu den übrigen Studien des Bandes. Eine vor wenigen Jahren abgeschlossene parallele Untersuchung einer Forschergruppe um Lutz Niethammer, so erfährt man, kam zu dem Ergebnis, dass die harte Verfolgung durch die Besatzungsmacht vor allem politischen Gegner wie Sozialdemokraten oder "Bürgerlichen" galt und nicht ehemaligen NS-Tätern. Hier nun, so der Rezensent, sei versucht worden, den Akzent etwas anders zu setzen; aber genau dies sei letztlich nicht gelungen. Das "Herzstück" des Bandes, so Hoffmann, bilden fünf biographische Studien, und die hier nacherzählten Schicksale belegten eben vor allem, dass das Vorgehen gegen ehemalige Nazis, die Ausschaltung politischer Gegner wie den Sozialdemokraten und reine Willkür auf sowjetischer Seite oft zusammengingen: der Band könne also nicht nachweisen, dass es den sowjetischen Behörden "in erster Linie um das legitime Ziel einer Entnazifizierung der deutschen Gesellschaft ging".