Dichtung als verborgene TheologieVersuch einer Exegese von Pauls Celans `Einem, der vor der Tür stand`
Wallstein Verlag, Göttingen
2000
ISBN
9783892444312, Broschiert, 46Seiten, 14,32
EUR
Klappentext
Albrecht Schöne spürt die "verborgene Theologie" in der hermeneutischen Dichtung Celans auf. Keine Dichtung des 20. Jahrhunderts, von Franz Kafkas Werken vielleicht abgesehen, widersetzt sich so hartnäckig dem Verständnis der Leser wie die Gedichte Paul Celans. Es erweist sich daher als ergiebig, daß Albrecht Schöne in diesem Vortrag an einem Gedicht die Züge einer "verborgenen Theologie" hervorhebt, deren Verborgenheit notwendige Eigenart des Textes selber ist. Das Verborgene, die Dunkelheit, so macht Schöne deutlich, läßt sich nicht erhellen und verständlich machen. Allerdings läßt sich das Verborgene aufweisen, ohne seine Verborgenheit anzutasten. "Der in Celan verborgene Paul Pessach Antschel läßt den Autor des Gedichts mit den Worten, die er seiner als Ich bezeichneten dichterischen Figur zu sprechen gibt, hier bis an die Grenze der Sprache gehen, die nach Wittgensteins bekanntem Diktum auch die Grenzen unserer Welt bedeuten."
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 01.12.2000
Mit großer Begeisterung bespricht Kurt Oesterle diesen Band, den er für eine "lobenswerte Ausnahme" im Betrieb der Literaturwissenschaft hält. Denn professionelle Textinterpretation läuft seiner Ansicht nach viel zu oft in eine "leserabweisende Fremdheit" hinaus. Nicht so bei Schöne, der zwar nur ein einziges Gedicht Celans vorstellt, aber dem Leser dennoch auch das Handwerkszeug vermittelt, andere Texte des Dichters besser analysieren zu können. Schöne ist hier, wie Oesterle betont, seiner eigenen Forderung nach Verzicht auf `Imponiergehabe` und `rücksichtslosen Spezialjargon` in der Germanistenzunft gerecht geworden. So werde mit Hilfe kulturhistorischer Lexika zunächst einmal rätselhafter Begriffe wie `Kielkropf` oder auch `Rabbi Löw` nachgegangen, Textstellen mit Passagen aus Briefen oder Reden Celans verglichen oder auch "biografisch und zeitgeschichtliche Details" untersucht, die bei Celans Dichtung eine große Rolle spielen. Oesterle nennt Schöne einen "Scout", der dem Leser die Geheimnisse des Gedichts erschließt, ohne dabei jedoch einen gewissen Abstand zu überschreiten. Nicht zuletzt weist der Rezensent darauf hin, dass Schöne den allgemeinen Verlust des Bibelwissens bei der Bevölkerung beklagt, denn diese Kenntnisse sind für ihn nicht nur bei der Interpretation von Celans Werken unabdingbar, sondern bilden für ihn eine "übergreifende Verstehensfähigkeit und Verständigungsgrundlage", die nicht durch wirtschaftliche oder politische Gemeinsamkeiten ersetzt werden könnten.