Aharon Appelfeld

Blumen der Finsternis

Roman
Cover: Blumen der Finsternis
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2008
ISBN 9783871345852
Gebunden, 316 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Der Zweite Weltkrieg ist auf seinem Höhepunkt, Tag für Tag werden Juden aus einem Ghetto in Südosteuropa deportiert. Fieberhaft versuchen die Eltern, für ihre Kinder ein Versteck zu finden. Als sich die letzte Hoffnung für den elfjährigen Hugo zerschlägt, bringt ihn seine Mutter zu Mariana, einer Jugendfreundin, die in einem Freudenhaus arbeitet und wohnt. Plötzlich findet er sich in einer dunklen Abstellkammer wieder, in der er zwischen stinkenden Fellen liegen muss. Wenn Mariana in ihrem rosa Zimmer nichts zu tun hat, bringt sie ihm belegte Brote oder holt ihn zum Aufwärmen in ihr breites Bett. Alles versetzt ihn in Erstaunen, und er versucht, es zu verstehen. Nachts fürchtet er sich vor den Männerstimmen, die zu ihm hereindringen - es sind die Stimmen deutscher Soldaten und Judenjäger, denen Mariana gegen Bezahlung schöne Stunden schenkt. Bei ihr lernt er alles über das Leben und dessen Grausamkeit, aber auch über Verantwortung, Liebe, sogar Glück.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.07.2009

Aharon Appelfelds Roman "Blumen der Finsternis" hat Thomas David sehr berührt. Die Geschichte um einen jüdischen Jungen, der im Wandschrank eines Bordells überlebt, das auch von deutschen Soldaten und Judenjägern besucht wird, schöpft für ihn wie alle Bücher des Autors aus der Erinnerung und Phantasie, die in einen "dunklen Märchenwald" führen. Wie in den anderen Romanen des Autors sieht er auch in "Blumen der Finsternis" Angst und Verzweiflung regieren. Wie Appelfeld das Bedrückende der Atmosphäre andererseits sensibel mit der sexuellen Initiation des Jungen sowie mit seiner Zuwendung zum Glauben konterkariert, hat ihn tief beeindruckt. Überhaupt schätzt er die Lakonik des Erzählers, der mit einer lyrischen, unverwechselbaren Stimme spricht. Sein Fazit: ein "unvergesslicher, auf wundersame Weise hoffnungsfroher Roman".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.12.2008

Aharon Appelfeld "erzählt von denen, die es einmal gegeben hat", schreibt Jörg Magenau in einer wenig bewertenden, aber merklich beeindruckten Kritk. Er kennt das Oeuvre des Autors und weiß, dass die Motive der eigenen Geschichte im Holocaust - die Flucht, die Lager, der Verlust der Eltern, das Leben in Verstecken - in Appelfelds Romanen immer wiederkehren. So auch hier, wo eine Hure ein jüdisches Kind versteckt - eine Geschichte, die später tragisch enden wird. Besonders  ergriffen haben Magenau die vom Erzähler selbst reflektierten märchenhaften Züge in Appelfelds Stil und die "überlebensnotwendige Ungerührtheit" im Ton des Buchs.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.12.2008

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Ulrich Rüdenauer von Aharon Appelfelds Roman "Blumen der Finsternis". Wie in allen Büchern des 1932 in Czernowitz geborenen Juden, der die Nazidiktatur nur mit Glück überlebte, sieht er auch in vorliegendem Roman den Überlebenskampf, das Vergessene und Verdrängte thematisiert. Appelfeld gehe es darum, das Verlorene und in der Erinnerung Verborgene neu zu beleben, wobei der Holocaust selbst unaussprechlich bleibe. In "Blumen der Finsternis" geht es um das Überleben des elfjährigen Hugo, dessen Familie in den brutalen Deportationswellen auseinandergerissen wird, und der den Krieg, versteckt in der Abstellkammer der Prostituierten Mariana überlebt. "Eindringlich" findet er, wie Appelfeld das Enstehen einer symbiotischen Nähe zwischen Hugo und Mariana schildert, und wie er Hugos Flucht in Fantasien beschreibt, wenn er alleine in seiner Anstellkammer sitzt. Mit Lob bedenkt Rüdenauer auch die "behutsame" Übersetzung des Buchs von Mirjam Pressler.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.11.2008

Dies sei eines der eindrucksvollsten Bücher des israelischen Schriftstellers Aharon Appelfeld überhaupt, schreibt Rezensentin Martina Meister, die darin wieder einmal dessen eigene Geschichte als jüdisches Kind während der nationalsozialistischen Verfolgung verarbeitet sah: in einer seltsamen Art der ?Education Sentimentale? im Zeichen der Shoah werde das Überleben des elfjährigen, in einem Bordell versteckten Hugo erzählt, wo der schutzlose Junge bedingungslose Hingabe erfahre und in der Ersatzmutter zugleich eine erste Geliebte finde. Für die beeindruckte Rezensentin ist das Buch ein ruhiger Abgesang auf das Verlorene, also auf Kindheit, Mutter und Elternland. Zugleich erkennt sie darin aber auch ein Hohelied auf das, ?was einem im Schmerz zufällt?. Im Zusammenklingen beider Pole des Buchs sieht sie Eros und Thanatos einen seltsamen Tanz tanzen. Vom großen Verlust selbst erzähle das Buch nur zwischen den Zeilen, schreibt die Rezensentin bewegt, die auch Mirjam Presslers Übersetzung überaus lobt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.10.2008

Aharon Appelfelds neuer Roman hat den Rezensenten Martin Meyer sehr beeindruckt. Appelfelds Momentaufnahmen einer Kindheit und Jugend - Appelfeld selber wurde 1932 im rumänischen Czernowitz geboren, verbrachte sechs Jahre in Ghetto und Konzentrationslager, bevor er ins heutige Israel übersiedelte - sind in Meyers Augen so eindringlich, weil sie nicht versuchen, die sozialen und politischen Umstände der Judenverfolgung einzufangen, sondern vielmehr auf schlichte Details zurückgreifen, um Bilder und Gefühle zu evozieren. Appelfeld gebe, so Meyer, dem Unerforschten eine Geschichte und trage zur literarischen Erinnerung bei. In dem Roman, so Meyer, geht es um den Jungen Hugo Mansfeld, der von seinen Eltern bei einer Bekannten vor den Nazis versteckt wird und deren Alltag als Prostituierte miterlebt. Ohne Ausschweife gelange Appelfeld der Bogen vom Trivialen zum Profunden. Dieser Roman stellt für den Rezensenten unter Beweis, was für eine überdauernde Kraft "die Schrift als Kunst und Moral des Eingedenkens? hat.