Dagmar Leupold

Lavinia

Roman
Cover: Lavinia
Jung und Jung Verlag, Salzburg 2019
ISBN 9783990272343
Gebunden, 208 Seiten, 21,00 EUR

Klappentext

Der Countdown beginnt im 25. Stock eines Hochhauses in New York: Worauf Lavinia von dort aus zurückblickt, ist ein Leben, vor dessen Abgründen ihr selbst schwindelt. Wie im Sturz durch ihre Geschichte und die Zeiten erzählt sie von ihrem Aufwachsen und Frauwerden, ihren Lieben und Verlusten, von Verheerungen und Missbrauch, von Unterwerfung und ihrem Willen, sich zu behaupten. Tiefer und tiefer führt sie den Leser im Taumel des Erinnerns und im Sprachrausch des Erzählens zurück in die deutsche Provinz nach dem Krieg, in das unschuldige wie ungeschützte Glücksempfinden einer Kindheit, die in Erfahrungen von Gewalt endet, zu den versuchten Abbrüchen und Aufbrüchen eines Lebens, das sich bei allem Wanken immer wieder unbeugsam zeigt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.12.2019

Etwas ratlos lässt Marlies Müller die Leser ihrer Rezension zurück. Sie nennt Dagmar Leupolds Roman "Lavinia" eine "radikale Geschmacklosigkeit", ohne der Autorin daraus einen Vorwurf machen zu wollen, aber auch ohne darauf näher einzugehen. Leupold lässt eine Frau in 25 Kapiteln von einem New Yorker Hochhaus fallen und dabei, Stockwerk für Stockwerk, ihr Leben Revue passieren zu lassen - auch sprachlich im freien Fall. Ob das Ganze Sinn ergibt, verrät Müller nicht, gibt aber zu bedenken, dass auch die "Vertiradikalität" eine Konstruktion ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.11.2019

Rose-Maria Gropp scheint erstaunt über Dagmar Leupolds Missgriffe in diesem Roman. Was die Autorin laut Gropp hätte wissen müssen: Dass es ans Obszöne grenzt, 9/11 mit einer Beinahe-Penetration zu vergleichen. Oder: Dass zu viele Anglizismen, Gelehrsamkeit, Überblendungen und Anspielungen den Rückblick einer Frau auf ihre Männer trüben und für die Leserin etwas zäh machen. Die "Dekonstruktion" dieser Lebensgeschichte scheint Gropp dann doch allzu postmodern prätentiös nach "Sound" zu hecheln, nach Zeitgeist. Schade um die intensiven Passagen im Text, findet sie.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.11.2019

Rezensent Hubert Winkels scheint Dagmar Leupolds Versuch, hinter all den literarischen Bezügen, Redeformen und Zitaten in ihrem autobiografischen Roman zu verschwinden, eher zu missfallen. Die Erzählerin, die sich gleich zu Beginn aus dem 25. Stock eines New Yorker Hauses stürzt, um "unterwegs" chronologisch ihre Lebensgeschichte zu memorieren und die Schrecken des 20. Jahrhunderts, Krieg und Vertreibung, wird für Winkels unter den "Bildungspartikeln" im Text geradezu begraben, ebenso andere Figuren, die laut Winkels blass bleiben. So gekonnt der Rezensent die vielen Referenzen im Text und das erzählende "Hinwegfegen" von Geschichte und Gestalten auch findet, so wenig lernt er das erzählende Ich und seine Geschichten kennen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 22.10.2019

Laut Julia Schröder weiß die Ich-Erzählerin in Dagmar Leupolds autobiografisch grundiertem Roman bereits alles über sich. Das nimmt der Lektüre für Schröder viel von ihrem Reiz. Schröder vermutet, dass weniger in diesem Fall mehr gewesen wäre, weniger ausformulierte psychologische Einsichten über Herkunft und Traumata, weniger literarische Referenzen, stilistische Wechsel und assoziative Parallelisierung von individueller Erfahrung und Zeitgeschichte, weniger schiefe Bilder schließlich. So aber driftet der Text ins Beliebige, meint sie, in den Krisenkitsch.