Christoph Geiser

Schöne Bescherung

Kein Familienroman. Werkausgabe
Cover: Schöne Bescherung
Secession Verlag, Zürich 2022
ISBN 9783966390545
Gebunden, 160 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Mitten im Boom der Erinnerungsliteratur und Familienromane erschien 2013 ein Buch mit einem aufsehenerregenden Untertitel: "Kein Familienroman", deklariert Christoph Geiser auf dem Cover von Schöne Bescherung. Gesetzt wird diese Lektüreanweisung ausgerechnet von jenem Autor, der mit seinen frühen Werken Grünsee (1978) und Brachland (1980) die wichtigsten Familienromane der jüngeren Schweizer Literatur schuf. In der Tat findet Geiser in Schöne Bescherung zu einem neuartigen erzählerischen Umgang mit Erinnerung, mit der eigenen Herkunftsidentität und vor allem der eigenen Endlichkeit. Der Erzählfluss, in der Wir-Form gehalten und in einem intellektuellen und darum nicht minder witzigen Parlando dahinplätschernd, beginnt mit dem Krebstod der Mutter, durch den die alternde Erzählinstanz "von Beruf Erbe" wird. Geplagt von eigenen Gebresten und selbstzweiflerischem Hadern mit der Schriftstellertätigkeit, ergeht sich dieser bald lustvoll flanierende, bald vom als "Monsieur Lamort" personifizierten Tod gehetzte Erzähler in Reflexionen über Ästhetik, Sex und Tod, die nie selbstverliebt oder selbstquälerisch anmuten, sondern stets beeindruckend-blitzlichthafte Einblicke eröffnen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.01.2023

Trotz feuilletonistischer Anerkennung gelang dem Schweizer Autor Christoph Geiser nie der große Durchbruch, bedauert Rezensent Philipp Theisohn und hofft zugleich, dass sich dies mit der von Moritz Wagner und Julian Reidy besorgten, auf dreizehn Bände angelegten Werkausgabe ändern könnte. Die in den achtziger Jahren veröffentlichten Romane "Grünsee" und "Brachland" sowie der 2013 publizierte Roman "Schöne Bescherung" sind bereits erschienen und Theisohn rät dringend zur Lektüre. Denn die Zeit dürfte jetzt reif sein für Geisers "radikal autobiografisches" Schreiben, auch wenn der Schweizer Autor in seiner Prosa anders als etwa Ernaux, Ditlevsen oder Knausgard auf einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschotteten "helvetischen Kosmos" blickt, erläutert der Rezensent. Der Zugang zu Geisers "Selbstlebenserschreibung" ist dementsprechend zwar ein wenig mühsam, warnt der Kritiker vor, der sich aber schnell mitreißen lässt. Ob Geiser vom Niedergang der bürgerlichen, mit den Nazis verbandelten Familie seiner Großeltern erzählt, die Traumata der Eltern beschreibt oder die Krebserkrankung seiner Mutter zum Anlass für einen Roman nimmt - stets ist ihm das Sentimentale fremd, versichert Theisohn. Vielmehr ist das Werk geprägt von einer "demütigen Distanz zur seelischen Erschütterung" und nicht zuletzt von "bestechender Klugheit", schließt  er.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 24.10.2022

Angela Gutzeit widmet sich in einer ausgesprochen umfangreichen Besprechung der im Secession Verlag erscheinenden Werkausgabe des schweizerischen Ausnahmeautors Christoph Geiser. Diese Werkausgabe ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern themenzentriert und ermöglicht dadurch, wie Gutzeit erklärt, die ersten drei Bände "Grünsee", "Brachland" und "Schöne Bescherung" in ihren Gemeinsamkeiten zu sehen: Die Beschäftigung mit der eigenen Familie und der Homosexualität, nicht nur des Autors, spielen immer wieder eine Rolle. Erzählerisch gefällt Gutzeit bei den drei Bänden, die alle auch vom Zerfall einer Familie handeln, die vordergründige Beiläufigkeit, die erlaube, die Geschichten in ihrer klugen Doppelbödigkeit zu begreifen, in denen immer wieder reale Vorbilder zu erkennen seien. Ausführlich rekapituliert die Rezensentin die Inhalte wie auch die Lebensumstände Geisers und macht dadurch Kontinuitäten und Entwicklungen in seinem Werk deutlich und verständlich. Mutig und radikal findet Gutzeit das und freut sich auf die zehn noch kommenden Bände mitsamt lohnenswerten Nachworten.
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