Marie Luise Knott

Dazwischenzeiten

1930. Wege in der Erschöpfung der Moderne
Cover: Dazwischenzeiten
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2017
ISBN 9783957574725
Gebunden, 184 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Im Jahr 1930 setzten viele Künstler der Moderne ihre Erschütterungen ins Bild, noch bevor sie diese begriffen, in Begriffe hätten fassen können. In vier Essays fragt Marie Luise Knott mit einer der damaligen Lage entsprechenden Dringlichkeit, welche neuartigen Erosionslandschaften die vier Künstler Erwin Piscator, Karl Wolfskehl, Bertolt Brecht und Paul Klee in diesem Jahr durchmaßen - damals, als Piscators elektrisierendem Theater das Licht ausging, als Wolfskehls geheimes Deutschland zerstob, als Bertolt Brecht der Gesellschaft in der sich radikalisierenden Welt der Straßenaufmärsche und Saalschlachten den Spiegel vorhielt. Und als Paul Klee sich selbst aus seiner Kunst vertrieb.
Nach wie vor beunruhigt die Frage, wie es geschehen konnte, dass der Sieg der Nationalsozialisten 1933 so beschämend einfach war. Die Frage beunruhigt umso mehr angesichts der heutigen Krisen, die so oft vermeintliche Parallelen zu der Zeit vor dem Ende der Weimarer Republik wachrufen. Was gaben die Künstler damals verloren ? Was ließen sie sein, weil es so wie es war nicht weiter ging ? Und : lassen sich mit dem Blick von heute Momente rekonstruieren, in denen 1930 Neues seinen Ausgang nahm ? Indem man die Vergangenheit neu zerlegt, zerlegt man auch die Gegenwart und macht die Zukunft wieder zu dem, was sie ist: rätselhaft, unerwartet, unvernünftig.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.01.2018

Sehr aufschlussreich findet Rezensent Nicolas Freund, was Marie Luise Knott in ihrem Buch zutage fördert. 1930 war für sie das Jahr, in dem die Dinge - Wirtschaftskrise und Nationalismus - die Wende zum Schlimmen nahmen, und anhand der vier Künstler Erwin Piscator, Paul Klee, Karl Wolfskehl und Bertolt Brecht zeichnet sie nach, wie sich die Moderne erschöpfte und Möglichkeitsräume verengten. Schlussfolgerungen auf die heutige Zeit findet Freund nicht zwingend, aber möglich: Wenn Knott beschreibt, wie sich Piscator von Joseph Goebbels zu einer Radiosendung hat bezirzen lassen, ahnt er, wohin das Reden mit Rechten führen kann. Mit Knotts Erzählung über Paul Klee begreift er, wie eine Gesellschaft zerfällt, wenn nicht nur das Individuelle verloren geht, sondern auch "der Raum zwischen den Menschen".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2017

Rezensent Marcel Lepper schätzt den von Benjamin entlehnten melancholischen Blick und elegischen Ton, mit dem Marie Luise Knott die Trümmer des Jahres 1930 besichtigt. Nachdenklich macht der Band den Rezensenten schon, da er nicht mit Fakten auftrumpft, sondern mit einer subtilen Reflexion über Piscator, Wolfskehl, Brecht und Klee und ihren Sturz. Überhaupt liegt Knotts Stärke in der "Ausstellung von Ambivalenzen" über alle Streitigkeiten hinweg, lobt der Rezensent. Auch wenn sie ihm die Frage stellt, ob eine genaue Analyse Knotts essayistischer Verdichtung von Geschichte nicht vorzuziehen wäre, so erkennt er doch beim Lesen den Abgrund, der uns heute von der Gedankenwelt Walter Benjamins trennt.
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