John Burnside

In hellen Sommernächten

Roman
Cover: In hellen Sommernächten
Albrecht Knaus Verlag, München 2012
ISBN 9783813504606
Gebunden, 384 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von von Bernhard Robben. Hoch oben im Norden, wo im Sommer das weiße Licht alle Konturen verwischt, ertrinken auf rätselhafte Weise junge Männer. Doch das scheint die wenigen Bewohner der Insel am Polarkreis nicht zu beunruhigen: Mehrdeutiges und Traumhaftes ist ihnen vertraut. Aber hat wirklich die rotgewandete Waldfee Huldra ihre Hand im Spiel, wie es die Sage behauptet? Die junge Liv, die mit ihrer berühmten Mutter am nördlichsten Rand der Insel lebt, glaubt zunächst nicht daran. Bis der alte Kyrre mit seinen Geschichten über die männermordende Huldra und die schöne, mysteriöse Maia ihre Vorstellungskraft beflügeln. Gelingt Liv die Lösung des Rätsels, oder verliert auch sie sich in einer Zwischenwelt aus Fantasie und Realität?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.06.2012

Ein "literarisches Kunstwerk", wie es nur selten zu feiern ist, macht Rezensentin Angela Schader in diesem jenseits des Polarkreises angesiedelten "poetisch-bösen Sommernachtstraums" aus, in dem der Autor nach "Glister" neuerlich junge Männer auf mysteriöse Weise verschwinden lässt. Fasziniert von der "sinnlichen Präsenz" dieser von einer Ich-Erzählerin geschilderten Welt macht die Rezensentin dabei im Geäst der verzweigten Geschichte, die nach und nach an die norwegische Sagenwelt rühre, noch "eine ganz andere Geschichte" aus, die Schader das Figurenensemble schließlich mit Motiven der hinduistischen Religion deuten lässt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.04.2012

Nicht weniger als einen "neuen Literaturkontinent" hat der hier rezensierende Schriftsteller Clemens J. Setz beim Lesen von John Burnsides Roman "In hellen Sommernächten" entdeckt. Es ist der Kontinent des ziellosen Erzählens, in dem sich Zeit und Ort auflösen. Spürbar beeindruckt berichtet Setz von diesem rätselhaften Roman, der sich ihm bis zum Schluss nicht völlig offenbarte. Es geht um eine junge Frau auf der norwegischen Insel Kvaloeya, deren beide Brüder unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen ist. Von ihr, der zurückgezogenen, an Menschen eher desinteressierten Erzählerin, ist Setz besonders fasziniert, gelegentlich möchte er sie aber auch schütteln. So hell die nordischen Sommernächte sind, so dunkle bleiben Beweggründe in diesem Antithriller, zu dessen Lob Setz Vergleichsgrößen wie Sebald oder Bolano heranzieht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.03.2012

Tief in den Bann gezogen sieht sich Thomas Steinfeld von John Burnsides Roman, in dem es ihm einmal mehr gelingt, das "Unwirkliche plausibel" zu machen, wie der Rezensent zu würdigen weiß. Der schottische Autor hat eine Figur in den Mittelpunkt seines siebten Romans gestellt, die Steinfeld stark an Kierkegaards "Spion Gottes" erinnert, nur das hier die junge Liv in einer träumerischen norwegischen Landschaft Nachforschungen anstellt. In dem Sommer, um den es sich hier dreht, kommen drei junge Männer um, ein vierter verschwindet, und bildet quasi den kriminalistischen Fall, um dessen Aufklärung sich Liv bemüht, erklärt der Rezensent. Dass die Vorfälle mit den weiblichen Geisterwesen, den Huldra der norwegischen Mythologie, zusammenhängen, ist nur die halbe Wahrheit, so Steinfeld, der weiter aber nichts verraten will.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2012

Nur lobende Worte verliert der hier rezensierende Daniel Kehlmann über John Burnsides neuen Roman "In hellen Sommernächten" - auch wenn er sich in der deutschen Übertragung einen weniger banalen Titel gewünscht hätte. Die Spukgeschichte um die geistersehende kleine Liv, die mit ihrer lieblosen Mutter, einer norwegischen Malerin, isoliert auf einer Insel lebt und sich nach dem Tod zweier Mitschüler und dem Verschwinden von zwei weiteren Männern auf die Fährte der rätselhaften Maia begibt, die sie für einen bösen Geist hält, erinnert den Rezensenten nicht nur thematisch an Henry James' Geistergeschichte "Turn of the Screw". Wie bei James folgt Kehlmann voller Faszination auch hier immer wieder verschiedenen Lesarten, um die mehrdeutige Erzählung, die er auch als detailliertes Psychogramm eines traumatisierten Kindes in seiner seelischen Vereinsamung liest, zu entschlüsseln. Neben herausragenden, in der Gegenwartsliteratur einzigartigen Naturschilderungen bewundert der Kritiker vor allem Burnsides kraftvolle Formulierungen, die von Bernhard Robben "völlig adäquat" ins Deutsche übersetzt wurden. Und so kann Kehlmann dieses "tief verstörende" Buch auch als Gegenstück zu dem 2009 erschienenen Roman "Glister" nur dringend empfehlen.
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