Sei Shonagon

Kopfkissenbuch

Cover: Kopfkissenbuch
Manesse Verlag, München 2015
ISBN 9783717523147
Gebunden, 384 Seiten, 59,95 EUR

Klappentext

Aus dem Japanischen von Michael Stein. Eine poetische Zeitreise an den japanischen Kaiserhof des Jahres 1000 Neuübersetzung - erstmals vollständig auf Deutsch! Ein Bündel edlen Papiers diente Sei Shonagon vor tausend Jahren als Notizbuch. Ihm vertraute sie an, was ihr durch den Kopf ging, darunter Vertrauliches und Delikates aus den Privatgemächern des Kaiserpalasts. Ob sie geistreiche Zwiegespräche schildert, ein intimes Tête-à-Tête oder das Schwertlilienfest ausmalt - ihre Impressionen wirken wie mit dem Tuschepinsel hingetupfte Ewigkeitsbilder. Nie hat man eine Frau inspirierter über sich und ihre Welt plaudern hören! Sei Shonagons 'Telegramme' aus einer sagenhaften Hochkultur gewähren tiefe Einblicke in das Japan der Heian-Zeit wie auch ins Seelenleben der Verfasserin selbst. Ihr radikal subjektives Bekenntnisbuch, erstmals vollständig ins Deutsche übersetzt und dabei von aller falschen Süßlichkeit befreit, bezaubert durch seinen klaren, ungekünstelten Ton. Freizügig stellt hier eine kluge, selbstbewusste Frau Weltbewegendes neben scheinbar Banales, spricht über Mode oder Galanterie und entlarvt mit spitzer Feder das Intrigenspiel bei Hofe. Aus kritischer Halbdistanz zu den Mächtigen zeigt sie das Treiben einer müßiggängerischen Feudalkaste, die sich ihre Zeit mit Kalligraphie, Flötenspiel oder Fußball vertreibt. Und amüsiert erkennen wir heutigen Leser: Auch vor tausend Jahren gab es sie schon, die eitlen Parvenüs und Bonzen, Trendsetter und Stilikonen, Ästheten und Fashion-Victims. Der Einband aus bedrucktem und foliengeprägtem Feinleinen, die farbige Fadenheftung und der Zweifarbdruck (Schmuckfarbe rot) auf Satinpapier machen diese Ausgabe zu einer bibliophilen Kostbarkeit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.05.2019

Das Erstellen einer Liste ist immer auch ein kleines Machtspiel, erkennt Rezensentin Lea Schneider und staunt über die "verspielte" Anmaßung, mit der die japanische Hofdame und Dichterin Sei Shonagon schon vor tausend Jahren in ihrem "Kopfkissenbuch" Listen anlegte. Fast wie Tweets erscheinen der Kritikerin die von Michael Stein vorzüglich - und frei von "klebrigen Kolonialismen" -  übersetzten Anekdoten, Miniaturen, Gedichte, Notizen und eben Listen, in denen Shonagon herrlich "subjektiv" alles versammelt, was ihr durch den Kopf geht. Und so lernt Schneider in den "lexikalischen Wucherungen" der Hofdame, worüber diese sich "totärgern" konnte oder "wobei man nicht unachtsam sein darf" und empfiehlt das Buch gern als Anleitung zu eigenständigem Denken.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.06.2016

Ludger Lütkehaus singt eine Hymne auf Sei Shonagons "Kopfkissenbuch" aus der "Heian-Periode", das Michael Stein neu und meisterhaft aus dem Japanischen übersetzt hat. Pornografische Erwartungen werden allerdings enttäuscht, baut der Kritiker falschen Erwartungen vor. Dafür wird der Leser mit einem ungeheuren Reichtum an humorvollen, anspielungsreichen Notaten über das Leben am kaiserlichen Hof, Glossen über Männer, Mode, Leidenschaften und Liebeswirren sowie zeitgenössischen Reflexionen belohnt, verspricht der Rezensent. Tief beeindruckt zeigt sich Lütkehaus nicht nur von Shonagons Intelligenz und Spracheleganz, ihren "erotischen Sprachspielen" und ihrem philosophischen und psychologischen Gespür, sondern auch von ihrem modernen Selbstbewusstsein und ihrer Selbstironie. Jeder dieser faszinierenden "Miszellen" ist es wert, auf dem "heiligen Gott des Papiers" festgehalten zu werden, versichert der Kritiker.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.03.2016

Ein "wunderbares Buch", Weltliteratur in kostbarster Ausstattung preist Rezensent Burkhard Müller an: Das "Kopfkissenbuch" der Hofdame Sei Shonagon ist eines der bedeutendsten Werke des japanischen Mittelalters, klärt er uns auf, und das war keine dunkle Zeit, sondern Japans Goldene Ära. Die hochgebildete, lyrisch versierte Sei Shonagon entwirft in diesem Buch ein Sittengmälde der höfischen Gesellschaft, und laut Müller tut sie dies durchaus "hell, wachsam, witzig", aber auch boshaft und mit einer Arroganz gegenüber dem einfachen Volk wie sonst nur Marie Antoinette. Überhaupt staunt der Rezensent, wie lebendig und merkwürdig zugleich die japanischen Bräuche in dieser Darstellung erscheinen. Dass wir uns überhaupt ein Bild davon machen können, rechnet er dem Übersetzer Michael Stein hoch an, der mit seiner sorgfältigen Kommentierung die Vermittlung des Werkes für deutsche Leser überhaupt erst möglich gemacht habe.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2015

Rezensent Andreas Platthaus liest Sei Shonagons tausend Jahre altes Buch als Sattelbuch der Heian-Zeit in Japan. Über den kaiserlichen Hof, seinen Aufbau und seine Gepflogenheiten erfährt er in diesem bibliophil aufgemachten Kleinod mehr als sonst irgendwo. Für Platthaus gibt es schlicht keine vergleichbare Quelle. Dass die Autorin, Hofdame im Gefolge der Kaiserin, vor allem von sich selbst erzählt, schmälert das Vergnügen für Platthaus nicht. Im Gegenteil, Shonagons Witz und Offenherzigkeit findet er einmalig, sogar ihre stilisierte Unwissenheit scheint ihm aufschlussreich. Das so entstandene farbige Sittenbild aus den Mauern des Kaiserhofes erschließt sich dem Rezensenten durch Fußnoten und Personenregister. Steins "Pioniertat" kann Platthaus nicht oft genug loben. Der Übersetzer findet den passenden Tonfall für all die kleinen Spitzen im Text, meint Platthaus.
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