Joan Didion

Woher ich kam

Cover: Woher ich kam
Ullstein Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783550050213
Gebunden, 272 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Antje Ravic-Strubel. Joan Didion wurde in Sacramento geboren und verbrachte die meiste Zeit ihres Lebens in Kalifornien. In "Woher ich kam" spürt sie der Geschichte und den Mythen dieses Landstrichs nach, und denen ihrer Familie, die seit vielen Generationen an der Westküste beheimatet ist. Sie beschreibt vornehmlich die weibliche Ahnenreihe, aus der sie stammt, von der Ur-ur-ur-ur-ur-Großmutter Elisabeth Scott, geboren 1766 in Virginia, bis zu ihrer Mutter Eduene Jerrett Didion, die 2001 starb und in Joan Didions Augen viele der "Verwirrungen und Widersprüche kalifornischen Lebens" verkörpert hatte. Sie schreibt über die Pioniersfrau und die Rodney-King-Unruhen im Los Angeles der 90er Jahre, über den Bau der ersten Eisenbahn und die kalifornische Besessenheit mit Gefängnissen, und immer wieder über die eigene, höchst wechselvolle Beziehung zu ihrer Heimat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.07.2019

"Schlichtweg meisterlich" findet Frauke Meyer-Gosau, wie Joan Didion in "Woher ich kam" Historisches und Autobiografisches mit Reportagen und Fakten verbindet, damit ein anschauliches Kalifornien-Bild entwirft und dieses schließlich zum Einsturz bringt. Ausgehend von ihrer Familiengeschichte, nämlich der nach Kalifornien ausgewanderten Urururururgroßmutter, geht Didion der Frage nach, was das überhaupt ist, dieses "legendäre Kalifornisch-Sein", berichtet die Rezensentin: zunächst im glorifizierenden Selbstbild der verantwortungsvollen individualistischen Glücksucher und dann in der objektiven Betrachtung der sich auf Staatskosten und -risiko bereichernden Geschäftsleute. Eine äußerst lohnende Lektüre, findet Meyer-Gosau, nicht zuletzt wegen Antje Rávic Strubel, die den Text "gekonnt in ein lässig didionhaftes Deutsch" übertragen hat.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.05.2019

Wer kaum etwas über Joan Didion weiß, erfährt in der Rezension von Michael Neumann einiges Neue, zum Beispiel dass sie viele Jahre als Promi-Reporterin arbeitete und schon alleine "dienstlich" die Partys der Hollywoodgrößen, Stars und Sternchen der "Drogen und Hippieszene San Franciscos" besuchte, dass sie politisch in vielen Jahrzehnten langsam von rechts nach links schlafwandelte und ihr heimlicher Held eigentlich immer John Wayne blieb. Vor 16 Jahren, so erfahren wir, erschien das vorliegende Buch in Amerika, es war eine "bittere Land- und Staatsbesichtigung der amerikanischen Westküste", schreibt Naumann und findet darin Erklärungen für Didions spätere, gesellschaftskritische Arbeiten. Dabei haben die Autorin die 300.000 Toten der indigenen Bevölkerung Kaliforniens weniger interessiert als die Erfolgsgeschichten Kaliforniens, die sich am Ende als von Bundessubventionen getrieben entlarvten, meint der Rezensent. Das Ergebnis von Didions Erkundung war, dass Kalifornien "ein industrielles, agrarisches, waffentechnisches und digitales Beihilfe-Paradies" ist - was nicht dem familiär überlieferten Bild der Autorin von Pionieren und Selfmade-Männern und -Frauen entsprach. In seiner üblichen, schönen Lakonie urteilt Michael Naumann am Schluss seiner Besprechung, der Titel dieses Buches hätte auch lauten können: "Schlafes Erwachen".

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 12.04.2019

Rezensent Tobias Lehmkuhl hat sich fasziniert mit Joan Didion auf Spurensuche zu deren kalifornischen Urahnen begeben. Bis 1766 und weiter verfolge Didion ihre Ahnen, die ersten Siedler Kaliforniens, klärt der Kritiker auf, der hier von ersten Überschwemmungen und einer an das Preußen des 18. Jahrhunderts erinnernden Urbarmachung liest. Vor allem aber staunt er, wie die Autorin mit Mythen aufräumt: Von einer kalifornischen Gemeinschaft könne keine Rede sein, auch die Toleranz gegenüber Einwanderern hielt sich in Grenzen, erfährt der Kritiker. Ein "erhellender Essay", der nicht zuletzt aufzeigt, wie oft sich Kalifornien verkaufte, schließt er.