Thomas Bernhard

Der Wahrheit auf der Spur

Reden, Leserbriefe, Interviews, Feuilletons
Cover: Der Wahrheit auf der Spur
Suhrkamp Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783518422144
Gebunden, 346 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von W. Bayer, R. Fellinger und M. Huber. Wenn Thomas Bernhard sich öffentlich äußert, drängt sich der Eindruck auf, er verhalte sich genauso wie die Hauptpersonen in seinen Romanen und Theaterstücken: Da wird die Welt zum Katastrophenroman und zum sinnlosen Schauspiel, in dem Bornierte und Böswillige, Nichtwisser und Nichtkönner agieren, die es in gerechtem Zorn und kunstvoller Übertreibung anzuklagen und zu verurteilen gilt. Vorher werden sie aber, Höchststrafe, der Lächerlichkeit überführt. Deshalb konnte es nicht ausbleiben, dass Bernhards Interventionen ständig von Skandalen begleitet sind: Eine frühe Kritik am Spielplan trägt ihm einen Prozess des Intendanten ein, die Dankesrede bei einer Preisverleihung mündet in der Absage einer weiteren Preisverleihung, eine Rezension lässt einen Minister nach dem Sendeverbot eines Bernhard-Porträts rufen, ein Interview erregt Politiker und Journalisten gleichermaßen.
Der vorliegende Band zeigt den "öffentlichen Bernhard": Er enthält, in chronologischer Reihenfolge, seine gewichtigen journalistischen Arbeiten, seine Leserbriefe, seine öffentlichen Erklärungen sowie die folgenreichen Interviews. Er beginnt mit einem Salzburger Vortrag aus dem Jahr 1954 und endet mit den letzten von ihm formulierten Zeilen, einem Leserbrief, der drei Tage nach seinem Tod erscheint. Hier ist nachzuvollziehen, wie Bernhard von der Öffentlichkeit gesehen werden möchte, wie er mit ihr spielt, wie er sie für seine Zwecke benutzt, Skandale inszeniert und er gleichzeitig seine Vorlieben, seine Sympathien, seine Vorbilder preist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.06.2011

Eigentlich, bekennt der hier rezensierende österreichische Autor Thomas Glavinic, konnte er mit Thomas Bernhard nie viel anfangen. Wollte es wohl auch nicht, weil Bernhard zu den Autoren gehört, die Kritiker einem jungen Autor gern als unerreichbares Vorbild hinstellen. Zur Stärkung genehmigt er sich ein sechsgängiges veganes Menü am Neusiedlersee und liest dabei Bernhards Gesprächsband mit Peter Hamm, "Sind Sie gern böse?" und "Der Wahrheit auf der Spur", ein Band mit Reden und Interviews. Milde gestimmt durch Biopopcorn und "frittierte Wiese" stellt er bald fest: War gar nicht so übel, der Mann. Seine Kritik am Literaturbetrieb war "witzig und mutig", Glavinic lacht und stimmt zu. Bei der geeisten Gurke ist ihm der Appetit dann aber vergangen. Zu mächtig rührt sich in ihm das Gefühl, er könne auch nur einer dieser "Quatschköpfe" sein, die Bernhard aufs Korn nahm.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2011

Ein eigentümlicher Effekt stellt sich beim Lesen dieser vermischten Texte von Thomas Bernhard ein: Hannes Hintermeier hört den Autor lachen. Zwar stößt Hintermeier allenthalben auf Bernhards den Bruch kalkulierenden Furor, doch ahnt er schon: allzuoft wurde der Autor schlicht missverstanden. Wollte Bernhard am Ende nur spielen und komisch sein? Jedenfalls vermag der Band Hintermeiers Bernhard-Bild weiter auszudifferenzieren. Nicht immer zur Güte. In den dokumentierten Interviews muss der Rezensent den "Programmsäulenheiligen" der Verlage unter Niveau erleben, beim routinierten "Blabla". Doch einen echten Bernhardianer, so siehts aus, haut das nicht um.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.12.2010

Als Appetithappen für die Fortführung der Thomas-Bernhard-Gesamtausgabe bezeichnet Rezensentin Judith von Sternburg diese lose Sammlung mit Reden, Interviews, Aufsätzen und anderen Schriftstücken Bernhards. Als Hauptgang kommt ihr der Band also nicht in die Stube. Eine wiederentdeckte Rimbaud-Rede und die Möglichkeit, den Autor als Aufreger und Aufgeregter gleichermaßen bei der Arbeit zu beobachten, zu sehen, wie Bernhard mit einer Mischung aus spontanem, kalkuliertem und gewohnheitsmäßigem Schreiben öffentlich wird, lassen Sternburg die Lektüre allerdings stellenweise doch reizvoll erscheinen. Immer wieder, so stellt die Rezensentin fest, steht Literarisches oder immerhin Unterhaltsames neben Unbeholfenem. Nicht immer reißt Sternburg vom Sessel, was der hoch musikalische Bernhard über Musik und Rhythmus in seinem Werk zu sagen hat, dafür rührt sie die Verausgabung dieses Autors in der Reibung mit der Öffentlichkeit doch sehr.