Robert Stockhammer

Ruanda

Über einen anderen Genozid schreiben
Cover: Ruanda
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783518123980
Kartoniert, 188 Seiten, 9,00 EUR

Klappentext

In Ruanda wurden 1994 mindestens 800.000 Menschen ermordet. Im vorliegenden Essay stellt sich Robert Stockhammer den Aporien der Genozidbeschreibung. Diese rühren aus der Einsicht, dass es ebenso problematisch ist, den ruandischen Völkermord mit der Shoah zu vergleichen, wie es problematisch ist, solche Vergleiche kategorisch auszuschließen. Statt dessen lotet er am Beispiel dieses "anderen" Genozids den Vergleichsdruck aus, der auf dem Schreiben über Völkermorde lastet. Dafür untersucht er Bücher, die Afrikaner und Europäer seither darüber geschrieben haben, darunter viele literarische Texte, jedoch auch Zeugnisse von Überlebenden und Reportagen. Neben dem Aufweis vieler bis in die deutsche Kolonialzeit zurückreichender Stereotypen liefert Stockhammer wichtige Reflexionen zur Beschreibbarkeit des Unbeschreibbaren.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.09.2005

Für in "verschiedener Hinsicht ungewöhnlich" hält Angela Schader Robert Stockhammers Studie: "Ruanda. Über einen anderen Genozid schreiben". Erinnerungen von Beteiligten, literarische Auseinandersetzungen, die im Rahmen des Projekts "Rwanda - ecrire par devoir de memoire" entstanden, und Sammlungen von Gesprächen mit Tätern und Opfern berücksichtigt der Literaturwissenschaftler Stockhammer. Er bemüht sich um eine Abgrenzung des ruandischen Genozids vom Holocaust. Vor allem überzeugte die Rezensentin jener Teil seiner Arbeit, in dem er den Völkermord "in den afrikanischen Kontext" stellt. Diese Überlegungen führen weiter zum Verhältnis von Europa und Afrika; eine "simplizistische Rückführung" des ruandischen Genozids auf Stammesfehden halten weder der Autor noch seine Rezensentin für zulässig. Ein Buch, so das Fazit von Angela Schader, das den Leser nachdenken macht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.05.2005

Zwiespältig fällt Andreas Eckerts Urteil über dieses Buch aus, in dem der Berliner Literaturwissenschaftler Robert Stockhammer Reportagen und Berichte von Überlebenden des ruandischen Völkermords dahingehend analysiert, wie sie auf den Holocaust Bezug nehmen. Zunächst stellt Eckert fest, das Stockhammer einen "konzisen" Überblick zu Voraussetzungen und Verlauf des Genozids gibt. Recht gibt er ihm auch darin, gewisse Texte kritisch zu hinterfragen, die allzu leichtfertig rassistische Klischees bedienten. Doch wenn es um den Holocaust als Referenzgröße geht, bleibt Eckert etwas ratlos. Hier erscheint ihm das Problem ein wenig akademisch.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.05.2005

Eine "glänzende Studie über die Aporien der Genozidbeschreibung" sieht Rezensent Alex Rühle in Robert Stockhammers Buch "Ruanda. Über einen anderen Genozid schreiben". Wie Rühle berichtet, untersucht der Literaturwissenschaftler die Praxis des Vergleichens und Gegeneinanderaufrechnens der Völkermorde. Stockhammer zeige, wie die Genozidforschung selbst von Ranglisten geprägt wird, in denen sich Sachkriterien mit Rivalitäten der jeweils betroffenen Gruppen ungut verschränken. Den von Stockhammer eingeführten Begriff der Katastrophenkomparatistik findet Rühle dabei ebenso "griffig" wie "polemisch". Ferner berichtet er über Stockhammers Problematisierung der europäischen Außenperspektive auf Afrika und dessen Ausführungen über die "Erfindung" der "Rassen" der "Tutsi" und "Hutu" durch die europäischen Kolonisatoren im 19. Jahrhundert.
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