Julian Barnes

Die einzige Geschichte

Roman
Cover: Die einzige Geschichte
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2019
ISBN 9783462051544
Gebunden, 304 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Gertraude Krueger. Die erste Liebe hat lebenslange Konsequenzen, aber davon hat Paul im Alter von neunzehn keine Ahnung. Mit neunzehn ist er stolz, dass seine Liebe zur verheirateten, fast 30 Jahre älteren Susan den gesellschaftlichen Konventionen ins Gesicht spuckt. Er ist ganz sicher, in Susan die Frau fürs Leben gefunden zu haben, alles andere ist nebensächlich. Erst mit zunehmendem Alter wird Paul klar, dass die Anforderungen, die diese Liebe an ihn stellt, größer sind, als er es jemals für möglich gehalten hätte.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 30.03.2019

In Julian Barnes' Romanen glauben die Menschen noch an die Ehe, sie gehen in den Tennis-Club und vielleicht tragen die Börsenmakler sogar noch Melonen, überlegt Matthias Heine, der das zwar ein bisschen klischeehaft und aus der Zeit gefallen findet, aber trotzdem ganz gut leiden kann. "Die einizige Geschichte" erzählt von der Liebe eines jungen Mannes zu einer dreißig Jahre älteren Frau, die für ihn ihre Familie verlässt und dann doch am Alkohol zugrunde geht. Dem Rezensenten eröffneten sich dabei immer wieder neue Blicke auf die Personen, neue Perspektiven und neue Abgründe. Und da Barnes genügend Britishness und Humor in die Geschichte einflicht, kann der Rezensent ihre Traurigkeit auch gut aushalten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.03.2019

Rezensent Paul Ingendaay widmet Julian Barnes' neuem Roman eine sehr umsichtige Besprechung, die von ihm ausgemachten Stärken und Schwächen des Buches fein herausarbeitend. Der Kritiker liest die Geschichte um einen jungen Mann, der sich in eine dreißig Jahre ältere, verheiratete und von ihrem Mann geschlagene Trinkerin verliebt und mit dieser bis zu ihrer Demenz-Erkrankung zusammenlebt, vor dem Hintergrund dessen, was Javier Marias einst als "literarisches Denken" bezeichnete: Eine fiktionale Versuchsanordnung, die sich nicht in Philosophie, sondern im Spiel auflöst, erklärt Ingendaay. Und so scheint ihm der in drei Teile geordnete Roman zunächst wie ein kluger, gelegentlich etwas "blutleerer" Essay, der spätestens dann an Fahrt aufnimmt, wenn Barnes seinen angenehm durchschnittlichen Helden zum selbstbefragenden Lebensrückblick führt, dabei auf Zynismus und Sentimentalitäten verzichtet und den Leser tief in die Seele des Mannes blicken lässt. Was andere Kritiker als "deprimierend" bezeichnen mögen, findet Ingendaay im besten Sinne "furchtlos".

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 11.03.2019

Ursula März lernt alle Seiten des Konzepts von der romantischen Liebe kennen und fürchten im neuen Roman von Julian Barnes. Die Geschichte einer einzigen großen Liebe und ihrer Enttäuschung erzählt der Autor laut März auf gewohnt leichte wie raffinierte Weise. Übliche Erwartungen an eine Liebesgeschichte zwischen einem jungen Mann und einer viel älteren, verheirateten Frau werden im Buch allerdings enttäuscht, warnt März. Das Grauen, das der Text schließlich entfaltet scheint der Rezensentin ungewöhnlich für diesen Autor; schwarz und erbarmungslos endet die Geschichte, so März. Wie Barnes die Erzählperspektive im Lauf der Erzählung variiert und der Geschichte anpasst, findet sie höchst kunstvoll.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.03.2019

Alexander Menden erkennt sozialsatirisches Potenzial im neuen Roman von Julian Barnes. Dass der Autor darauf verzichtet, seine Upperclass-Figuren, einen gelangweilten jungen Mann und eine viel ältere, ebenso wohlstandsverwahrloste Frau im England der sechziger Jahre, vorzuführen, und stattdessen retrospektiv die lebensbestimmende Geschichte ihrer Liebe erzählt, nimmt Menden allerdings als Ausdruck von Klasse. Wie der erzählperspektivische Wechsel im Buch mit dem Verfall der Frau und der Beziehung einhergeht, scheint ihm bemerkenswert.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.03.2019

Rezensent Fokke Joel hat diesen neuen Roman von Julian Barnes über die große Liebe eines 19-Jährigen im England der sechziger Jahre gern gelesen. Erzähler Paul Roberts schildert seine Begegnung mit der gut 30 Jahre älteren Hausfrau Susan ganz aus der Perspektive des jungen Mannes, der er einmal war, so Joel. Und es war Liebe, darauf besteht er heute noch, zwischen den beiden gleichermaßen sexuell unerfahrenen Partnern. Das man über Paul viel, über Susan und die Mitglieder der entsetzten ehrenwerten Gesellschaft nur wenig erfährt, findet der Kritiker angemessen, schließlich mache Liebe ja immer irgendwie blind. Das liest sich gut und hat Humor, bescheinigt Joel dem Roman. Auf wenn am Ende eine Katastrophe stehe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.02.2019

Rezensentin Stefana Sabin überrascht es nicht, dass Julian Barnes mit diesem Text zu seinem Säulenheiligen Flaubert zurückfindet, wenn er die emotionale Entwicklungsgeschichte eines liebenden jungen Mannes erzählt, vom Entflammen über das Lodern bis zum Erlöschen. Dass die Enttäuschung der Liebe zu einer viel älteren Frau mit dem Alkohol zu tun hat, scheint die existenzielle Enttäuschung nicht zu mildern. Wie Barnes im Text zwischen der ersten, zweiten und dritten Person wechselt, obgleich es sich immer um denselben Erzähler handelt, findet Sabin verwirrend, aber auch folgerichtig. Die vom Autor so gut beherrschte "eisige Sentimentalität" passt laut Sabin hervorragend zu dieser "schrecklichen" Liebesgeschichte.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 21.02.2019

Rezensentin Ursula März kennt und schätzt Julian Barnes' romantische Seite. Der neue Roman des britischen Autors aber erscheint ihr wie eine "Abrissbirne" der romantischen Liebesidee - und das funktioniert bei Barnes mindestens genau so gut, fügt die Kritikerin hinzu. Erzählt wird die Geschichte des jungen englischen Studenten Paul, der sich in den späten sechziger Jahren gegen alle Konventionen in die mehr als dreißig Jahre ältere, verheiratete Susan verliebt, sie schließlich jahrelang pflegt - bis er die demenzkranke Alkoholikerin in ein Pflegeheim gibt. Wie Barnes Pauls schleichende Selbstentfremdung  auch noch stilistisch markiert, lässt für März nur einen Schluss zu:  Meisterwerk.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2019

Sandra Kegel lässt sich ein auf die Doppelhelix zweier ineinander verstrickter Leben, die Julian Barnes in seinem Roman entwirft. Zu lernen ist daraus für sie allerhand, wenn Barnes retrospektiv und aus doppelter Perspektive eine Liebesgeschichte erzählt, die in den sechziger Jahren beginnt und dann Stück für Stück an Leichtigkeit verliert. Wie die Frage, wohin wir gehen, mit der Frage, woher wir kommen, in Verbindung steht, gehört für sie dazu. Eine reizvolle Lektüre, so Kegel.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.02.2019

Sylvia Staude staunt, wie viel Julian Barnes über die Liebe weiß. In seinem neuen Roman legt er diese Erkenntnisse in den Mund eines auf seine einzige große Liebe zurückschauenden alten Mannes. Eine laut Staude ungewöhnliche Liebesgeschichte insofern, als sie sich zwischen dem dereinst jungen Mann und einer viel älteren, verheirateten Frau entwickelt. Wie nüchtern der Erzähler davon berichtet, findet Staude mitunter unerhört. Umso berückender erscheinen ihr seine Gedanken über die Liebe als das Besondere, die Katastrophe, das Allgemeingültige.