Wilhelm Genazino

Das Glück in glücksfernen Zeiten

Roman
Cover: Das Glück in glücksfernen Zeiten
Carl Hanser Verlag, München 2009
ISBN 9783446232655
Gebunden, 160 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Der Arbeitsmarkt kennt keine Gnade, erst recht nicht für Philosophen. Daher tritt Dr. phil. Gerhard Warlich eine Stelle als Wäscheausfahrer an und richtet sich ein in dieser nicht allzu aufregenden, aber sicheren Existenz. Doch als seine Freundin Traudel sich ein Kind wünscht, bringt das Warlich, der eigentlich nur "halbtags leben" möchte, vollkommen aus dem Gleis. Wilhelm Genazino erzählt diese Geschichte eines traurigen Helden und seiner viel weniger traurigen Freundin mit verblüffender Lakonie. Keiner beschreibt die menschliche Verzweiflung an Leben und Liebe so ironisch und brillant wie er.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.04.2009

Klug, heiter und manchmal "angenehm traurig" findet Rezensent Otto A. Böhmer das neue Buch von Wilhelm Genazino. Es gehe, schreibt der Rezensent, um das "Anspruchsdenken des Glücks" und als Protagonist wird ein studierter Philosoph Anfang vierzig vorgestellt, der als leitender Angestellter einer Großwäscherei sein Geld verdient und dessen Freundin ihn eines Tages mit dem Wunsch konfrontiert, Mutter werden zu wollen. Dies richtet, lesen wir, im Männerweltbild einiges an Verwirrung an, was erst zu Verhaltensauffälligkeiten und am Ende zur Entlassung des Mannes führt. Am Ende findet er Frieden in der Psychiatrie. Auch die Botschaft des Romans, dass nämlich Glück nicht zwingend glücklich macht, imponiert dem Rezensenten außerordentlich.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2009

Helmut Böttiger entdeckt in dem Helden von Wilhelm Genazinos jüngstem Roman eine fast unmerkliche Weiterentwicklung gegenüber den früheren Hauptfiguren des Autors, die der Rezensent allesamt als "Ich-Figuren" Genazinos deklariert. Gerhard Warlich, promovierter Philosoph und als Organisationsleiter einer Großwäscherei tätig, hält die Armseligkeiten des Alltags und die von ihm geforderten Anpassungsleistungen nicht mehr aus, zeigt ein zunehmend sonderliches Verhalten und wird schließlich von seiner Frau in die Psychiatrie gebracht, teilt der Rezensent mit. Dabei wirke die "Verrücktheit" Warlichs sehr "plausibel" und dessen Wahrnehmungen für die Leser ganz realistisch, so Böttiger weiter. Bei Genazino sei das Verrücktwerden "ästhetische Konsequenz", werde also zur Literatur, meint der Rezensent, der hinter Genazinos scheinbar harmlosen Alltagsschilderungen immer einen "doppelten Boden" entdeckt. Und wenn diese Art Literatur auch weder zur Kampfschrift taugt, noch der Trostliteratur zuzuschreiben ist, so freut es Böttiger dennoch, "dass es sie gibt", wie er betont.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.02.2009

Der alles sagende Satz kommt zum Schluss. Nicht im neuen Buch von Wilhelm Genazino, sondern in Martin Lüdkes Besprechung. Dieses kluge und komische Buch über die Tragik des Lebens, heißt es da, ist das Beste, was Genazino geschrieben hat. Und Lüdke erklärt auch, warum: Der Autor nämlich erscheint ihm als legitimer Erbe Kafkas, seine Figuren, hier ein promovierter Ehemann und Philosoph auf dem Abstellgleis, als allerdings von "aggressiver Passivität" geprägte unzeitgemäße Zeitgenossen, die zwar kaum zu einer "vita activa" taugen, dafür aber zu witzigen Dialogen und surrealen Szenen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.02.2009

In Wilhelm Genazinos jüngstem Roman findet Roman Bucheli im Helden zwar einen Erzmelancholiker, wie er ihn aus dessen Werk gewohnt ist. Doch sieht er den Typus in Gerhard Warlich, einem Großwäscherei-Organisationsleiter, der einst über Heidegger promoviert hat, in einer Radikalität dargestellt, die ihn ergriffen hat, wie er zugeben muss. Die Hauptfigur, die am Zwiespalt zwischen "Zaudern und Übermut" - so der Titel des Buches, das Warlich zu schreiben nicht imstande ist - zugrunde geht, will Bucheli wie eine tragische Mischung aus Mr. Bean und Bartleby erscheinen, dem zwar klar ist, was ihn in der Existenz bedroht, der es aber nicht vermag, dagegen anzukämpfen. Und so zeigt sich der Rezensent wirklich berührt von dieser einfühlsamen "Studie einer im Schreck erstarrten Existenz", die zudem auch für die Suche nach der "verlorenen Lebensunmittelbarkeit" wirbt, an der dieser traurige Held gescheitert ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.01.2009

Sehr angetan zeigt sich Hubert Spiegel von Wilhelm Genazinos neuem Roman "Glück in glücksfernen Zeiten", der vom Scheitern einer "zartbesaiteten Seele" erzählt. Im Mittelpunkt sieht er den promovierten Philosophen Gerhard Warlich, der in einer Wäscherei arbeitet und mit seiner Freundin, Leiterin einer Sparkassenfiliale, ein unspektakuläres, ereignisloses, materiell sorgenfreies Leben führt, unter dem er gleichwohl sehr leidet, bis ihm die Idee kommt, eine "Schule der Besänftigung" zu gründen. Das Projekt scheitert freilich und Warlich landet in der Psychiatrie. Spiegel schätzt Genazinos wunderbar leichtes Erzählen, das ihm im Ton dieses Mal gleichwohl "ungewohnt giftig" erscheint. Mit großem Lob bedenkt er die feine Balance zwischen dem Komischen und dem Tragischen, dem Absurden, Satirischen, Lächerlichen und Rührenden.
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