Hart Crane

Die Brücke. Ein Gedicht / The Bridge. A Poem

Cover: Die Brücke. Ein Gedicht / The Bridge. A Poem
Jung und Jung Verlag, Salzburg 2004
ISBN 9783902144713
Gebunden, 168 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Deutsch von Ute Eisinger. Einen fortstürmenden Dithyrambus, worin die Brücke ein Symbol bewussten Zeit- und Raumüberspannens wird, nannte Hart Crane seine Sinfonie des amerikanischen Kontinents in acht Sätzen. Sein Vorhaben war so kühn wie einst der Bau der Brooklyn-Bridge über den East River. Die Gegensätze zwischen Technologie, Naturmythologie und Großstadterfahrung sollen im zentralen Symbol der Brücke aufgehoben werden, und dafür benutzt er historische Erzählungen, von Pocahontas bis Columbus, sowie die unterschiedlichsten musikalischen Verfahren: einzelne Stränge klingen wie Indianergesänge, wie Blues oder Gospels, andere wie irische Balladen oder Werbeslogans.
Crane wurde mit Walt Whitman verglichen, mit Emily Dickinson, Percy B. Shelly. Zu seinen Bewunderern zählten so unterschiedliche Künstler wie Tennessee Williams, Robert Lowell, Eugene O'Neill, Walker Evans, Charles Chaplin und Harold Bloom. "Die Brücke" gilt heute als Schlüsseltext der amerikanischen Moderne. Nun liegt die erste vollständige Übersetzung dieses Werks vor.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.11.2004

In einem "epochalen" Versepos nimmt sich der amerikanische Dichter Hart Crane der Brooklyn Bridge an und macht aus dem steinernen Koloss ein "in tausend Lamellen aufgefächertes Symbol" für Amerika, berichtet Rezensent Alexander Nitzberg. Der Autor verbinde in dem 1930 verfassten Werk Jazz, Barockfuge und Literaturzitat zu einer "urbanistischen Montage", zu einem Labyrinth, in dem der Leser manchmal allein gelassen werde. Wer sich jedoch auf diese "aus Worten gebaute Brücke" begebe, auf den warte so manche Belohnung in Form von "ekstatischen Epiphanien". Lob zollt der Kritiker auch Übersetzerin Ute Eisinger, die mit ihrer Übertragung ins Deutsche, versehen mit "kenntnisreichen Kommentaren", wahre Pionierarbeit geleistet habe. Endlich werde der Leser auch hierzulande mit einem Klassiker der Moderne bekannt gemacht, der den Vergleich mit Größen wie T. S. Elliot oder James Joyce nicht "zu scheuen braucht".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.09.2004

Der "mtt" zeichnende Rezensent zeigt sich überaus beeindruckt von Hart Cranes Langgedicht, das in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts entstanden ist. Mit verschiedenen Rhythmen, seinem Wechsel von freiem und gebundenem Vers und seinen zahllosen Metaphern stelle die Brooklyn Bridge hier eine "überlebensgroße Vision der Vitalität der USA" dar. Ein solches Gedicht zu übersetzen, sei selbstverständlich ein schwieriges Unterfangen, erkennt der Rezensent an, doch Ute Eisinger sei daran letztlich gescheitert. Der Versuch, Versmaß, Satzgefüge und schlicht auch den Geist des Originals zu bewahren, habe sie dazu verführt, auf eine Unzahl von Wortneuschöpfungen und einen häufig gänzlich unüblichen Satzbau zurückzugreifen, so dass dem Leser manches doch ein Rätsel bleibe, bis er die englische Version zu Rate ziehe.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.07.2004

Nikolai Kobus ist der Ansicht, dass Hart Crane, im angloamerikanischen Sprachraum längst "eine feste Größe", hierzulande "noch entdeckt werden" müsse, und zwar "zwingend, dringend". Anlass dazu gebe die nun vorliegende erste Übertragung des Langgedichts "Brücke" von Ute Eisinger, "ein Glücksfall". Geradezu eine Nachdichtung liege hier vor, denn die Übersetzerin habe vermutlich eine "ähnliche Mischung aus Akribie und Unerschrockenheit" gebraucht, "wie sie für den Urtext selbst vonnöten war": "Metrisch streng geordnete Strophen mit Endreim stehen neben Blankversen und freien, rhapsodischen Langzeilen." Der Tonfall changiere "zwischen exaltiertem Pathos, ziselierten Manierismen und rotzigem Slang". Auch inhaltlich sei die "Brücke" weit gespannt, so Kobus, "von der Frühgeschichte Amerikas mit Columbus und Pocahontas über die Zeit der Walfänger und Eisenbahnpioniere bis ins Manhattan der Zwanzigerjahre". Crane habe sich die "Eroberung von Raum und Wissen" zum Ziel gesetzt, darum transferiere er die "Mythen von Atlantis, Cathay und Ultima Thule" "in seinen ?Mythos Amerika?". So sei in der Vergangenheit immer auch "die Zukunft präsent, wie auch die Gegenwart ohne Geschichte" leer bliebe. Ähnlich wie Joyces "Ulysses" umfasse die "Brücke" (deren Modell die Brooklyn Bridge abgegeben hat) "einen Tageslauf von Sonnenauf- bis -untergang" und "zugleich ein Menschenleben".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.06.2004

Die Brooklyn Bridge: Bei Hart Crane spannte sie sich nicht nur über den East River, sondern "aus der Zukunft zurück nach Atlantis". Der junge Dichter, der aus den "Roaring Twenties" auf den Bau des Monuments ein halbes Jahrhundert zuvor zurückblickte, suchte in seinem Langgedicht "The Bridge" das Geheimnis amerikanischer Identität und mithin der Moderne zu ergründen, und der Rezensent Mirko Bonne legt es jedem ans Herz, sich erneut auf sein faszinierendes poetisches Epos einzulassen, zumal es dank der hervorragenden, liebevollen Bemühungen Ute Eisingers jetzt auch in deutscher Sprache zugänglich ist. "Symphonisch verwoben, bilden die Gedichte drei Entwicklungen ab: die Geschichte des Kontinents, seiner Natur, Ureinwohner, Eroberung und Formung zur modernen Zivilisation begleiten Figuren aus Amerikas Mythengeschichte: Kolumbus, Pocahontas, Rip van Winkle." Bonne schwärmt davon, wie Abstraktes und Sinnliches einander umschlingen, wie sich in Cranes "furioser lyrischer Animation (...) die Planwagen in Dampfeisenbahnen, Güterzüge, Metrolinien" verwandeln, er hebt Crane auf ein Podest mit Whitman und Melville und er zitiert aus Klaus Reicherts Nachwort: "ein Exzess, dem man sich unbedingt aussetzen sollte."

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