Jana Hensel

Zonenkinder

Cover: Zonenkinder
Rowohlt Verlag, Reinbek 2002
ISBN 9783498029722
Gebunden, 176 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Jana Hensel war dreizehn, als die Mauer fiel. Von einem Tag auf den anderen war ihre Kindheit zu Ende. Timurtrupp, Milchgeldkassierer, Korbine Früchtchen oder die "Trommel": Die vertrauten Dinge des DDR-Alltags verschwanden gleichsam über Nacht - und ein Abenteuer begann. Plötzlich war überall Westen, die Grenze offen, die Geschichte auch. Von der Freiheit erwischt, machte sich eine ganze Generation daran, das veränderte Land neu zu erkunden.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2002

Nadja Geer beklagt sich über die "einfallslose Tendenz" bei jungen Autoren, die eigene Kindheit zu "stilisieren und zu konservieren". Dieses Buch über die Kindheit in der DDR und die Wiedervereinigung, die die Autorin als 13-Jährige erlebt hat, ist auch nicht viel mehr als ein Romantisierungsversuch a la "Generation Golf", nur eben für die ostdeutsche Generation, kritisiert die Rezensentin. Einzig das Kapitel über die Eltern fand Geer "spannend", denn hier wird für sie, anders als im restlichen Buch, ein "wirklicher Verlust spürbar", indem die Autorin über die große Fremdheit zwischen sich und den Eltern schreibt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.11.2002

Jana Hensel gehört zur Generation der "Zonenkinder", stellt uns Jan Brandt die Verfasserin des gleichnamigen Essay-Bandes vor, deren Kindheit mit dem Mauerfall im Jahr 1989 schlagartig zu Ende ging. Die Jahre danach werden als Periode der kulturellen Anpassung von Ost an West erlebt, wobei sich laut Brandt die Nachwendezeit in zwei Phasen unterteilen lässt. Zunächst habe die absolute Westorientierung geherrscht, die alles DDR-Spezifische geschluckt habe; erst ab Mitte der 90er Jahre entdeckte man den einst als "graue Wirklichkeit" erlebten DDR-Alltag auch als Thema, als biografische Besonderheit. Brandt nimmt an, dass deshalb in den vergangenen Jahren so viele Lesebühnen in Ostberlin aus dem Boden geschossen sind. Zu den literarischen "Zonenkinder" zählt Brandt die Autoren Jakob Hein, André Kubiczek, Antje Rávic Strubel, Julia Schoch und Jochen Schmidt. Bei Hensel, resümiert Brandt, flössen "die wichtigsten Topoi ostdeutscher Selbstbeschreibungstexte der letzten Jahre" zusammen, in einer fast idealtypischen Beschreibung einer DDR-Kindheit, deren Verlust Hensel hinterherspürt und auch hinterhertrauert - darin Florian Illies' "Generation Golf" gar nicht so unähnlich, behauptet der Rezensent. Dennoch, betont er, dürfe man Hensel und ihre Kollegen nicht missverstehen, sie seien durchaus im Hier und Heute angelangt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Jens Bisky bespricht in einer groß angelegten Kritik zwei Bücher über das Leben der Ostdeutschen, das sich, wie der Rezensent meint, bisher als "theorie- und deutungsresistent" erwiesen hat: Wolfgang Englers "Die Ostdeutschen als Avantgarde" und Jana Hensels "Zonenkinder".
Jana Hensel, die in ihrem Buch erzählt, wie sie die Wende mitten in der Pubertät erlebt hat, hat ein durchaus lesenswertes Buch geschrieben, meint Bisky, doch hat er auch einiges daran auszusetzen. Bisky lobt "glänzende" Beobachtungen und meint, dass die beschriebenen Charakteristika einer ostdeutschen Biografie als "Symptom interessieren". Dennoch ist er von dem Buch, das er auch als "Bildungsroman" bezeichnet, enttäuscht. Das Glossar, dass spezifisch ostdeutsche Begriffe erklären soll, findet er einfach nur albern, und er moniert den "selbstgefälligen Ton" der Autorin. Zudem kritisiert er, die "Wirklichkeit der späten DDR" treffe das Buch nicht. Den Rezensenten verwundert das seltsam "greisenhaft kindlich" anmutende Bild dieser "stimmungsgesättigten nostalgischen" DDR. Er vermisst die "Individualität des Erwachsenwerdens" in der Darstellung, die sich Hensel so sehr zu betonen bemüht hat. Diese "spitzweghafte Lebensbeschreibung", befürchtet Bisky, lädt zur "Identifikation mit dem Belanglosen" ein.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.09.2002

Warum sind bloß alle jungen Schreiber darauf aus, ihre eigene Erfahrung immer gleich als die einer ganzen Generation darstellen zu wollen, aus dem Ich immer gleich ein Wir zu machen, fragt sich Susanne Ostwald. Nun haben wir es also mit der Generation Zonenkinder zu tun, wie die Rezensentin angenervt feststellt. "Eine krude Mischung aus Selbstbezichtigung und Ostalgie, Selbstironie und pubertärem Mitteilungsdrang" sei der Essay, der vor nostalgischen Plattitüden nicht zurückschreckt. Zwar blättert Ostwald mit Freude in dem angehängten Glossar, dass auf amüsante Weise die "spezifischen Absurditäten einer institutionalisierten DDR-Erziehung" aufbietet. Überheblich und mit "dem Habitus einer Greisin, die die Welt nicht mehr versteht", beschreibt die 1976 in Leipzig geborene Hensel jedoch die Probleme der Nach-Wende-Jugend, so Ostwald, und macht es sich dabei in ihren Augen zu einfach. So handele es sich hier lediglich um eine Art "Erkenntnisprosa", die vermeintliche Erkenntnislücken zu füllen habe. Dabei geht es doch im Kern, den Hensel mit ihrer überheblichen Art umschreibt, um nichts weiter als um einen typischen Generationenkonflikt, so die Rezensentin. "Es wäre traurig, müsste man wirklich annehmen, dass es keinen Weg zwischen nostalgischer Verklärung und bedingungsloser Anpassung gegeben hat - und keine Leute, die ihn gegangen sind."
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