03.04.2013. Kaum staunte man über die innere Größe des Verlegers Alfred Neven DuMont, 86, und der Chefredaktionen der Berliner Zeitung (online) und der Frankfurter Rundschau (ebenfalls online), die eine Neven DuMont-kritische Kolumne publiziert haben – da muss man sein Bild schon wieder revidieren. Die verlegerkritische Passage in Arno Widmanns Kolumne "Vom Nachttisch geräumt" ist von beiden Redaktionen stillschweigend entfernt worden. Ein solcher tiefer nachträglicher Eingriff in einen online gestellten Artikel ohne jede Kennzeichnung widerspricht der "Netikette".
Kaum staunte man über die innere Größe des Verlegers
Alfred Neven DuMont, 86, und der Chefredaktionen der
Berliner Zeitung (online) und der
Frankfurter Rundschau (ebenfalls online), die eine Neven DuMont-
kritische Kolumne publiziert haben – da muss man sein Bild schon wieder revidieren. Die verlegerkritische Passage in Arno Widmanns
Kolumne "Vom Nachttisch geräumt" ist von beiden Redaktionen stillschweigend entfernt worden. Ein solcher tiefer nachträglicher Eingriff in einen online gestellten Artikel ohne jede Kennzeichnung widerspricht der "Netikette".
Verschwunden ist der Text wohl nach einem
kleinen Bericht des Medienblogs
Meedia mit der Überschrift "DuMont: Roman-
Verriss im eigenen Blatt", der heute Mittag erschien. Hier wird aus dem Artikel Arno Widmanns über "Drei Mütter", den letzten Roman des schriftstellernden Verlegers, zitiert: "Es sieht derzeit so schlecht aus für Zeitungen, dass ich doch ein klitzeklein wenig
mehr an Zahlen als an der blauen Blume interessiert bin," schrieb Widmann da am 28. März. Den Roman, so scheint es nach
Meedia, verreißt der ehemalige Feuilletonchef der
FR, der heute einen Autorstatus beim Verlag DuMont-Schauberg hat. Statt Literatur wünscht sich Widmann eine Diskussion über die
Lage der Zeitungen des Konzerns: "Ein alter Mann hat das Recht auf jede Art von Flucht. Aber hier will einer
fliehen und festhalten zugleich. Er will den Konzern lenken und zu den Müttern. Das muss schiefgehen", zitiert
Meedia aus Widmanns Artikel.
Die
Frankfurter Rundschau, in die Neven DuMont vor vier Jahren noch Millionen Euro investierte, ist nach ihrer Insolvenz unter Opferung
vieler Arbeitsplätze an den Verlag der
FAZ verkauft worden, die nunmehr den gesamten Frankfurter Zeitungsmarkt beherrscht. Die redaktionelle Belieferung der
FR durch den Verlag DuMont-Schauberg wird bisher aufrechterhalten. Auch dem zu DuMont-Schauberg gehörenden
Berliner Verlag geht es schlecht. Ende letzten Jahres meldeten die Zeitungen (unter anderem die
FAZ,
hier), dass der Verlag 40 der 368 Stellen streicht.
Auf den Seiten der
Berliner Zeitung und der
FR findet sich nach der Streichung des Widmann-Artikels nur noch eine
positive Rezension des greisen Germanisten
Walter Hinck, der sich bei näherem Hinsehen aber auch eher zurückhält: "Aus der Rolle des Ich-Erzählers schlüpft der Autor Neven DuMont und meldet das Erscheinen des fertigen Romans 'Drei Mütter'. Aus seiner Fantasiewelt tritt der Roman ins
raue Klima des verlegerischen und buchhändlerischen Wettbewerbs", so Hinck.
Auf Nachfrage des
Perlentauchers ließ die Chefredakteurin der
Berliner Zeitung,
Brigitte Fehrle, um 17 Uhr per Mail mitteilen: "Der Text entspricht nicht unseren
journalistischen Standards. Deshalb wurde er aus dem Netz genommen."
Thierry ChervelPS: Widmanns Bücherkolumne ist bis ins Jahr 2006 beim
Perlentaucher erschienen.