Von Hexen bis Schlangen

Mit Anne Weber durch die Banlieues, eine transhumane Romanze und Manes Sperber. Bücherbrief April

Jazz mit Erdverbundenheit

Alice Rohrwachers "La Chimera" ist ein Tanz zwischen Märchen und Thriller. Im Kino mit Patrick Holzapfel

Halbgeöffnete Augen

Woody Allens "Ein Glücksfall" ist routiniert unspektakulär.  Im Kino mit Benjamin Moldenhauer

BÜCHERSCHAU DES TAGES

Schwärmerische Passage in der Matavai-Bucht

15.04.2024. Die FAZ reist mit dem Naturforscher Georg Forster in die Südsee. Außerdem lauscht sie der erschütternden Geschichte von Julien Greens "Adrienne Mesurat". Die SZ erkennt mit Gernot Bauer und Robert Treichler, wie der FPÖ-Politiker Herbert Kickl die Demokratie in Europa aushebeln will. Die NZZ ruft mit Daisy Hildyard den "Notstand" aus und ergründet die Verflechtungen von Natur und Menschheit. Mehr...

EICHENDORFF21

Taschenbücher des Monats

21.03.2024. Neue Taschenbücher im März: Als politisch brisant empfahl uns die taz Anna Yeliz Schentkes Roman "Kangal" über die Proteste in der Türkei. Als Mittel  gegen Schmerzen aller Art legte uns die SZ Jan Faktors Roman "Trottel" ans Herz. Unter den Sachbüchern ist unbedingt die Neuauflage von Michael Thumanns "Revanche" zu empfehlen, das uns die Effekte von Putins brutaler Machtpolitik auf die russische Gesellschaft nachvollziehbar macht, wie die NZZ versicherte.
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EFEU - DIE KULTURRUNDSCHAU

Superhelden als Erfolgsgaranten

15.04.2024. Die FAZ bewegt sich mit Eike Weinreichs Inszenierung von Viktor Jerofejews Roman "Der große Gopnik" in Freiburg in den "erogenen Zonen von Kultur und Macht". Die FAZ begegnet im Frankfurter Städel-Museum Käthe Kollwitz' "Schwarzer Anna" und ihrer Sense. Berlinale-Moderatorin Hadnet Tesfai und das ZDF wehren sich dagegen, als Sündenböcke für den Berlinale-Eklat herzuhalten: Die "Aufarbeitung" dieses Falls ist wirklich ein unwürdiges Schauspiel, seufzt der Tagesspiegel. In Backstageclassical warnt der New Yorker Intendant Peter Gelb: Die amerikanische Opernkrise wird auch nach Europa kommen. Mehr...

9PUNKT - DIE DEBATTENRUNDSCHAU

Wer weiß denn sowas XXL

15.04.2024. 8,5 Millionen Flüchtlinge, Abertausende Tote, eine grassierende Hungersnot, Gewalt und Grausamkeit: Aber in diesem Fall ist die Öffentlichkeit eher desinteressiert, denn es handelt sich um die Krise im Sudan, die im Tagesspiegel aufgegriffen wird. Der iranische Angriff auf Israel löst unterschiedliche Reaktionen aus: Hat Israel ihn provoziert? Im Observer erzählt Kenan Malik, wie aus Antirassismus Identitätspolitik wurde. Die FAZ attestiert Claudia Roth "umfassendes kulturpolitisches Versagen". Mehr...

IM KINO

Eher halbgeöffnete Augen

10.04.2024. Woody Allen hat wieder einen Woody-Allen-Film gedreht. Leider bestätigt sich in der mit einem Mord angereicherten Dreiergeschichte "Ein Glücksfall" der Trend des Spätwerks hin zum routiniert unspektakulären Billo-Existenzialismus. Man muss wohl schon ein Kind der 1970er oder 1980er sein, um sich in dieser Parallelwelt heimisch zu fühlen. Von Benjamin Moldenhauer. Mehr...

IM KINO

Jazz mit Erdverbundenheit

10.04.2024. Ein Film zum Schwärmen: Alice Rohrwacher widmet sich in ihrem neuen Film Kunstschatzräubern und filmt dabei fulminant gegen die kapitalistische Verwertungslogik an. "La chimera" ist ein unberechenbarer Genretrip zwischen Märchen, Komödie, Drama und Thriller, in dem sich Leben und Tod zu einem verschlungenen Tanz treffen. Von Patrick Holzapfel. Mehr...

MAGAZINRUNDSCHAU

Balanceakt zwischen Zeugenschaft und Voyeurismus

08.04.2024. Compact ruft uns die ethnische Säuberung der Armenier in Bergkarabach zurück ins Gedächtnis. In Eurozine erinnert der ukrainische Schriftsteller Mykola Rjabtschuk indes daran, wie auch die Westeuropäer die Ukraine verleugneten. Bei Denik Referendum prognostiziert der tschechische Politologe Jiří Pehe das Verschwinden Mitteleuropas im Spalt zwischen dem Westen und Russland. Newlines möchte von Nigeria wissen, wie es mit den restituierten Benin-Bronzen weitergeht. Und der New Yorker erinnert am Beispiel der Warhol-Muse Candy Darlin daran, wie trans Personen auch während der Schwulenbewegung im New York der Siebziger ausgegrenzt wurden. Mehr...

MEDIENTICKER

Transversale Reisen durch die Welt der Romane

09.04.2024. Verlagsporträts: Literarische Diverse Gespräch mit der Verlegerin Yasemin Altınay & ein solidarischer Kleinverlag für Kinder- und Jugendbuchautoren: Lieferbar  - Buchkritiken zu B. Travens "Totenschiff" & Wolfgang Schäubles "Erinnerungen"  - Deutschlandfunk-Hörfunk-Tipps: Europäische Jazz-Vielfalt & Hörspiel "Schnitte" von Rolf Dieter Brinkmann ... Mehr...

BÜCHERBRIEF

Von Hexen bis Schlangen

08.04.2024. Wir haben die Literaturbeilagen zur Leipziger Buchmesse, und natürlich auch die Kritiken der vergangenen Wochen gesichtet, um die besten Bücher des Monats herauszupicken - und wir sind fündig geworden: Dank Ronya Othmann, die uns eindringlich an den Genozid an den Jesiden erinnert. Und dank Anne Weber, die uns zu zärtlich ironischen Streifzügen durch die Pariser Banlieues einlädt. Ein besonderes Vergnügen verspricht Fien Veldmann, die uns eine transhumane Romanze zwischen einer Büroangestellten und ihrem Drucker erzählt. Dass auch Habermas äußerst unterhaltsam sein kann, lernen wir von Philipp Felsch. Und der Historiker Andreas Petersen legt die ganze ehemalige Sowjetunion auf Freuds Couch. Mehr...

VORGEBLÄTTERT

Wolfgang Kraushaar: Israel: Hamas - Gaza - Palästina

08.04.2024. Der linke Antisemitismus, wie er sich heute in den der westlichen Metropolen austobt, hat eine lange Vorgeschichte. Ein entscheidender Vorreiter war in Deutschland Dieter Kunzelmann, der einstige Kopf der berühmt-berüchtigten Kommune I. Aber die Impulse kamen auch aus der Mitte: Auch der 2002 verstorbene, wortgewaltige Spiegel-Chef Rudolf Augstein setzte in seinen Kolumnen gern Israelis und Nationalsozialisten gleich. Wir drucken ein Kapitel aus Wolfgang Kraushaars demnächst erscheinenden Buch "Israel: Hamas - Gaza - Palästina" vorab. Mehr...

FOTOLOT

Der Geruch von Napalm am Morgen

05.04.2024. Das Fotobuch "Like Rain falling from the Sky" von Nicola Bertasi zeigt die vergessenen Menschen und allseits beschwiegene Vorgänge rund um den Vietnamkrieg. Es gehört zu den wenigen, die überhaupt Bilder jenseits der Filmbilder zeigen, die uns aus amerikanischen Filmen über den Krieg im Gedächtnis sind. Das liegt auch daran, dass Vergangenheitsbewältigung in Vietnam nicht gerade angesagt ist. Von Peter Truschner. Mehr...

INTERVENTION

Grundlegende Verunsicherung

04.04.2024. Seit dem 7. Oktober zeigt sich die Fratze des Antisemitismus wieder in ihrer ganzen Obszönität: von rechts, von links, von religiöser Seite. Und auch in der Mitte der Gesellschaft. Was macht gerade die Juden immer wieder zum bevorzugten Objekt derartiger hasserfüllter Projektionen?  Was Gralshüter der Homogenität am Judentum irritiert, ist, dass sich der Kern seiner Identität nicht abschließend definieren lässt. Aber eines ist klar: Antisemitismus ist nicht nur ein Angriff auf Juden, sondern auf das Prinzip der offenen Gesellschaft. Von Richard Herzinger. Mehr...

IM KINO

In Komplizenschaft

03.04.2024. Einen Film, der einen zum Lachen bringt, obwohl er von Dingen handelt, die ganz und gar nicht zum Lachen sind, hat Paola Cortellesi gedreht. "Morgen ist auch noch ein Tag", das Regiedebüt der Schauspielerin, übersetzt häusliche Gewalt in stilisierte und eben deshalb wirkungsvolle Bilder. In Italien ein Überraschungserfolg, könnte der Film auch in Deutschland dem Arthauskino einen dringend notwendigen Energieschub verabreichen. Von Jochen Werner. Mehr...

INTERVENTION

Die SPD als "Friedenspartei"

22.03.2024. Mit der Rede vom "Einfrieren" fällt die Sozialdemokratie in alte Positionen zurück, die sie in Wahrheit nie aufgegeben hatte. Eine ernsthafte selbstkritische Aufarbeitung ihrer langjährigen verhängnisvollen Anbiederung an das Kreml-Regime hat nicht stattgefunden. Geschweige denn, dass dieses historische Versagen personelle Konsequenzen nach sich gezogen hätte.
Olaf Scholz nimmt sich dabei das demagogische Manöver Gerhard Schröders zum Vorbild, der 2002 einer deutschen Teilnahme am Irakkrieg eine lautstarke Absage erteilte. Von Richard Herzinger. Mehr...

FOTOLOT

Gelegenheiten, sich schämen zu müssen

13.03.2024. Mari Katayama, Laia Abril und Joanna Szproch formulieren - mit unterschiedlichen Erfolgen, auch bei Publikum und Kuratoren - drei relevante feministische Positionen in der aktuellen Fotografie. Bei manchen dieser Arbeiten fragt sich allerdings, ob sie ihr Potenzial, zum Denken anzuregen, nicht in anderen Räumen als denen der offiziellen Kunstrepräsentation besser entfalten könnten. Von Peter Truschner. Mehr...

INTERVENTION

Die Symbolik der roten Hand

12.03.2024. Einige der Stars traten bei der Oscar-Verleihung mit einem auffälligen Pin auf. In einem roten Kreis wurde eine rote Hand gezeigt, auf ihre Handfläche ist noch ein schwarzes Herz gezeichnet. Die Hand ist das Signet der Initiative "Artists Call for Cease Fire Now".  Die Hollywood-Stars sind sich der finsteren Symbolik des Zeichens offenbar nicht bewusst. Von Thierry Chervel. Mehr...

EICHENDORFF21

24 Bücher um 2024 zu verstehen

13.12.2023. Die Welt ist viel zu durcheinander, als dass es nicht dringend nötig wäre, sich in eine Ecke zu setzen und ein Buch zu lesen. Wie sonst soll man das Tohuwabohu verstehen? Wir haben 24 Bücher zusammengestellt, die helfen werden, das Jahr 2024 zu verstehen. Wie in den letzten Jahren durchsuchen wir auch 2023 nach Büchern, die helfen, die Gegenwart zu verstehen. Manchmal liegt der Trost einzig darin, dass Bücher aufklären! Nötiger als 2023 waren sie nie. Mehr...

SPENDEN

Unterstützen Sie den Perlentaucher

24.11.2021. Der Perlentaucher bietet seinen Service für die Leser kostenlos und möchte dabei bleiben. Falls Sie uns unterstützen mögen - regelmäßig oder einmalig - freuen wir uns! Hier finden Sie verschiedene Möglichkeiten. Mehr...