9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Politik

2115 Presseschau-Absätze - Seite 1 von 212

9punkt - Die Debattenrundschau vom 25.04.2024 - Politik

"Tax the rich", fordern in mehreren Medien, unter anderem im Spiegel und dem Guardian, die Politiker Carlos Cuerpo, Enoch Godongwana, Fernando Haddad und Svenja Schulze. Genauer: Sie fordern eine globale Steuer auf Milliardenvermögen: "Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft mit dem Kampf gegen Ungleichheit Ernst macht. ... Und genau mit diesen Zielen hat Brasilien als Mitglied der Gruppe der 20 (G20) zum ersten Mal einen Vorschlag für eine globale Mindestbesteuerung von Milliardären eingebracht. Sie stellt eine notwendige dritte Säule dar, um die Verhandlungen über die Besteuerung der Digitalwirtschaft und die globale Mindeststeuer von 15 Prozent für multinationale Unternehmen zu ergänzen. Der renommierte Ökonom Gabriel Zucman hat dargelegt, wie diese funktionieren könnte. Weltweit gibt es derzeit ungefähr 3.000 Milliardäre. Die Steuer könnte als Mindestabgabe in Höhe von zwei Prozent auf das Vermögen von Superreichen erhoben werden. Sie würde nicht für Milliardäre gelten, die bereits einen angemessenen Beitrag bei der Einkommenssteuer entrichten. All jene aber, denen es gelingt, Einkommenssteuern zu umgehen, würden so verpflichtet werden, mehr zum Gemeinwohl beizutragen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 24.04.2024 - Politik

Dass es sich bei AfD-Politikern um vaterlandslose Gesellen handelt, war ja schon länger klar. Nun zeigt sich, dass man sich nicht nur von Putins Russland, sondern auch von Xi Jinpings China gern umgarnen lässt. Jian G., der Assistent des prominenten AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah, ist wegen Spionage festgenommen worden. Hinweise auf Krahs ausgesprochen China-freundliche Haltung gab es schon vorher, berichten Thomas Gutschker und Friederike Haupt in der FAZ: "etwa ein Video aus dem Jahr 2021, inzwischen gelöscht, in dem Krah Tibet als Ort des friedlichen Zusammenlebens und Kinderlachens gepriesen haben soll; eine Reise nach China zwei Jahre zuvor, der er ein Schreiben an die Bundestagsfraktion der AfD folgen ließ, in dem er sich über deren harte Haltung gegenüber Huawei beklagte. Als EU-Abgeordneter war er im November 2019 nach Peking geflogen, per Businessclass, und hatte sechs Tage in Luxushotels verbracht; die Hotelkosten übernahmen Stadtverwaltungen."

Auf den Geisteswissenschaften-Seiten der FAZ sucht Armin Nassehi nach Auswegen aus einer "Diskurssituation, in der man nur noch streng binär ausschließlich für oder gegen Israel oder die Palästinenser sein kann". Dabei gehe es aber nicht darum, "Israel und die Hamas auf eine Stufe zu stellen, wie es die großen Symmetrisierer praktizieren, um Ununterscheidbarkeiten zu insinuieren". Letztlich könne ein "dritter Blick" helfen zu erkennen, dass die Konfliktlinien auch innerhalb der beteiligten Länder verlaufen: "zwischen jenen, die sich um eine pragmatische Koexistenz bemühen, und jenen, die mit ihren Strategien geradezu Eschatologisches im Sinn haben und das Religiöse mit dem Nationalistischen verbinden. Nicht ohne Grund ist die Verbindung von Iran mit Russland so stabil, das Interesse an einer Destabilisierung der Region hat. Dieser Konflikt geht durch die gesamte Region - auch durch Israel hindurch. Es ist weniger ein Kampf der Kulturen als eine politische Frage, pragmatisch mit Pluralismus umgehen zu können oder nicht."

Eine Lösung für Israel und Gaza kann es nur geben, wenn beide Seiten eine neue Führung erhalten, konstatiert der Schriftsteller Etgar Keret in der NZZ. Denn sowohl die Hamas als auch die Regierung in Israel blockieren einen möglichen Frieden: "Netanjahu benutzt die Hamas, um zu legitimieren, dass er den Palästinensern ihr Recht auf einen Staat abspricht. Tatsächlich haben aber die Hamas und die Ultrarechten in der israelischen Regierung keine diametral verschiedene Weltanschauung. Die beiden Parteien sind sich einig, dass in diesem Land nur Platz für eine Nation ist; ihr einziger Streitpunkt ist: für welche? Netanjahu und seine extremistischen Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich bevorzugen die Hamas sogar. Sie ist ihnen lieber als jeder andere palästinensische Feind, der, zwar ebenso grausam und entschlossen wie die Hamas, bereit wäre, sich auf eine Zweistaatenlösung einzulassen. Ich habe nicht vor, meine Heimat in nächster Zeit freiwillig zu verlassen, ebenso wenig meine palästinensischen Nachbarn."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.04.2024 - Politik

Mirco Keilberth unterhält sich in Berlin für die taz mit Alexander Schwarz vom Verein ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights), der vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen die Lieferung deutscher Waffen an Israel klagt. Es geht dabei nur um Bodeninvasionswaffen, betont Schwarz, nicht um Abwehrwaffen gegen Luftangriffe. "Menschenrechte mit juristischen Mitteln durchzusetzen steht im Zentrum unserer Arbeit als Menschenrechtsorganisation. Dazu gehört es, grundlegende Rechtsprinzipien wie die Achtung des humanitären Völkerrechts juristisch zu verteidigen. Viele unserer palästinensischen Kollegen in Gaza haben Familienangehörige und Freunde durch die israelische Kriegsführung verloren, darunter viele Kinder. Nach den brutalen Verbrechen der Hamas vom 7. Oktober und den israelischen Reaktionen wurde für uns deshalb schnell deutlich, dass die Einhaltung des internationalen Rechts im Gazakrieg juristisch verteidigt werden muss." Ob man das das internationale Recht nicht auch mal gegen die Hamas verteidigen könnte, fragt Keilberth nicht.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.04.2024 - Politik

Höchst erleichtert nimmt Andreas Ross in der FAZ zur Kenntnis, dass die USA nach monatelanger Blockade durch die Republikaner nun endlich wieder Gelder für Waffenlieferungen in die Ukraine freigibt: "Wenn vermutlich am Dienstag auch der Senat dem Hilfspaket zugestimmt und Präsident Joe Biden das Gesetz unterschrieben hat, dürften die ersten Artilleriegranaten und Waffen binnen Tagen auf dem Schlachtfeld ankommen. Das ist der Unterschied zu vielen Zusagen aus Europa, die, weil die Rüstungsproduktion nicht resoluter hochgefahren wurde, meist nur Versprechen für eine gefährlich ferne Zukunft sind."

Im Zeit-Magazin-Interview mit Paul Middelhoff denkt der jüdisch-amerikanische Philosoph Michael Walzer über den Ausgang des derzeitigen Konflikts zwischen Israel und der Hamas nach. "Wenn es irgendwie gelingen sollte, die Hamas zu schlagen, und eine multinationale Mission daraufhin die Kontrolle über den Gazastreifen übernähme, könnte ich mir vorstellen, dass die Palästinenser diese Chance ergreifen und sich bemühen werden, eine wie auch immer geartete Form von Sicherheit und Selbstbestimmung zu erlangen. Wenn das nicht gelingt und die Hamas den Krieg übersteht, werden sich die Palästinenser radikalisieren und mit ihnen die Israelis. Diese Wirkung hat der Krieg auf Menschen, wenn er nicht eindeutig ausgeht. Auch hier ist Deutschland ein lehrreiches Beispiel: Die Bombardements von Hamburg, Köln und Dresden und der vollständige Sieg über Hitler haben keine neuen Nazis produziert." Klar sei allerdings: "Was Israel da macht, ist kein Genozid."

Die arabischen Länder haben ein Drogenproblem, sein Name ist Captagon. Viel spricht dafür, dass die Drogen von Syrien aus in andere arabische Länder exportiert werden, direkter Profiteur wäre dann das Assad-Regime, berichtet  Serena Bilanceri für die taz: "57 Milliarden US-Dollar soll der weltweite Handel laut der britischen Regierung wert sein. Andere Expert*innen sind zurückhaltender, schätzen ihn auf etwa zehn Milliarden. Die Pillen werden in Kellern und Lagern mit relativ günstigen Maschinen für etwa 50 US-Cent pro Stück produziert, für den Endkunden kosten sie zwischen 1 und 25 US-Dollar pro Pille, je nach Qualität und Herkunftsland. Und Syrien, nach mehr als einem Jahrzehnt Bürgerkrieg, Sanktionen und einer zerrütteten Infrastruktur, hat einen hohen Geldbedarf. Die Iran-nahe Hisbollah und weitere Milizen unterstützen laut Expert*innen ebenfalls den Handel als Einkommensquelle. Sowohl der Iran als auch die Hisbollah haben eine Verwicklung stets verneint."

Die Politologen Sarah Ben Néfissa und Pierre Vermeren legen in Frankreich ein Buch über die "Muslimbrüder an der Macht" vor. Sie werfen den Muslimbrüdern im Gespräch mit Christophe Ayad von Le Monde vor, die Proteste des "arabischen Frühlings" gekapert und dann in die bekannten Sackgassen geführt zu haben, so etwa die Ennahda-Partei in Tunesien. "Die tunesische Erfahrung ist signifikant. Nach einem Jahrzehnt Muslimbrüder-Herrschaft war nichts geschehen: Die Krise des Bildungssystems hatte sich verschärft, es wurden keine öffentlichen Krankenhäuser eingerichtet und so weiter. Die meisten Menschen in Tunesien hatten sich für die Demokratie entschieden. Eine Mehrheit ihrer Wähler hatte vielleicht verstanden, wie wichtig es ist, zwischen Politik und Religion zu unterscheiden. Ihre Stimmen zielten nicht darauf ab, die Umma zu vereinen, sondern darauf, religiöse Menschen an die Regierung zu wählen, von denen sie annahmen, dass sie ehrlich sind, ihr Wort halten und ihr Geld aus den Golfstaaten für wohltätige Zwecke verwenden würden."

Außerdem: In der taz kommt Claus Leggewie auf den Fall George Santos zurück, einen trumpistischen Politiker, der seine Biografie komplett gefälscht hatte.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 19.04.2024 - Politik

"Der 7. Oktober war kein Terroranschlag. Er war der Beginn eines neuen globalen antisemitischen Krieges, in dem alle Jüdinnen und Juden sich angegriffen fühlen, weil sie alle angegriffen werden", schreibt Esther Shapira in der Jüdischen Allgemeinen. Zwar wurde Israel im Moment des Schocks nach dem 7. Oktober das "Recht eines jeden Staates, sich gegen die Ermordung seiner Bürger zu wehren", aber dann hagelte es nur noch "Warnungen, Verurteilungen und Belehrungen" zuerkannt. "Das theoretische Recht beinhaltete offenbar nicht das Recht zur praktischen Umsetzung desselben. Niemand nämlich weiß bis heute eine Antwort auf die Frage, wie Israel die militärische Fähigkeit der Hamas grundlegend so reduzieren kann, dass eine Wiederholung des 7. Oktober ausgeschlossen ist, ohne zugleich den Tod vieler Unschuldiger in Kauf zu nehmen."

Seit Israels großen Sieg im Sechs-Tage-Krieg von 1967 sind wir Israelis "hochnäsig" geworden, meint hingegen Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland, in der SZ. Das rächte sich am 7. Oktober, der Israel völlig unvorbereitet traf, fährt er fort und fragt: "Wie kommen wir aus der Klemme heraus? Ich bin der Meinung, dass unsere Regierung nicht alles tut, was nötig ist, um den Krieg in Gaza zu beenden. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seine eigenen Probleme: Probleme mit der Justiz und Probleme mit der Politik in Israel. Meinungsumfragen zufolge würde er Neuwahlen heute haushoch verlieren. Aber er wurde für vier Jahre gewählt und hat keinen Anlass zurücktreten, es sei denn, seine Koalition zerfiele. Sie zerfällt aber nicht, weil sie heute aus allen extremistischen Parteien des Landes besteht, auch aus extrem rechten Parteien, die keine Alternative zu dieser Regierung haben."

Es ist schon eine Ironie der Geschichte, dass sich die Attacken auf Israel seit einiger Zeit mit Attacken auf Deutschland verbinden, als wäre das Problem erst aus dem Weg zu räumen, wenn dieser lästige Holocaust-Bezug weg wäre. Angefangen hatte das mit dem postkolonialen Historiker Dirk Moses (erinnern wir uns an die Debatte). Heute sekundiert Charlotte Wiedemann in der taz: "Deutschland ist auf die abschüssige Bahn eines falsch verstandenen Exzeptionalismus geraten: Indem die Verantwortung für den Holocaust und die daraus folgenden außergewöhnlichen Verpflichtungen verengt wurden auf ein Bekenntnis zur israelischen Staatsverfasstheit und Politik. Und indem wir anderen vorschreiben, wie sie zu Israel zu denken haben, wenn sie deutschen Boden betreten."

Wiedemann rät den Israelis friedlich mit den Hamas-Mördern in einer Einstaatenlösung à la Omri Boehm zu leben, der von gegenseitiger Anerkennung geprägt sein werde. Genau das leuchtet Ambros Waibel in einem weiteren taz-Essay nicht ein. Wäre es nicht an der Zeit, fragt er, "die Internationale der Hamas-Nichterwähner:innen erklärte uns 'konkret und kohärent', wie sie sich eine Zukunft in der Region mit diesen Leuten in verantwortlicher Position denken? Soll der 7. Oktober der Nationalfeiertag eines Staats 'from the river to the sea' werden? Was wird man den Kindern zum Anlass der Party sagen? Heute feiern wir, dass Zivilisten abgeschlachtet, gedemütigt, missbraucht und entführt wurden?"

Er mache sich Sorgen, wie in Deutschland mit den Palästinensern umgegangen und die Meinungsfreiheit eingeschränkt werde, sagt wiederum Haaretz-Herausgeber Gideon Levy im Gespräch mit der Berliner Zeitung: "Deutschland hat sich dafür entschieden, dass Freundschaft mit Israel bedeutet, keine Kritik an Israel zuzulassen. Aber das ist keine gute Freundschaft."

Die Historikerin Anne-Christin Klotz präsentiert auf Twitter ein rechtsextremes Flugblatt aus dem Jahr 1988, das klingt, als sei es von heutigen Postkolonialen verfasst: "Den Zionismus stoppen!"

In auffälliger Parallelität zum Raketen- und Drohnenangriff auf Israel verschärft das iranische Regime seinen Rollback gegen Frauen ohne Kopftuch, schreibt  Mina Khani in der taz: "Der Staat propagiert seit Jahren und verstärkt seit der 'Frau-Leben-Freiheit'-Bewegung, die vor eineinhalb Jahren ihren Anfang nahm, eine angebliche Verbindung zwischen 'Zionismus' und dem Ungehorsam iranischer Frauen, die ihr Kopftuch ablegen. Im April letzten Jahres hatte etwa der bekannte Kleriker Masud Ali gesagt: 'Die Zionisten sind diejenigen, die gegen den Hidschab und das Familiensystem in Iran agieren'. Auch die Chefin der kulturellen Kommission des Stadtrats von Teheran warf der Protestbewegung vor, auf der Seite der 'Zionisten' zu stehen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 18.04.2024 - Politik

Mit Diktaturen reden ist nicht schön, meint Marcus Becker auf SpOn, aber manchmal notwendig. Im Falle Irans dürften auch nach dem Angriff auf Israel die diplomatischen Gespräche auf keinen Fall abbrechen: "Bei einem Totalabbruch der Kontakte, einschließlich aller Wirtschaftsbeziehungen, entfiele für Iran ein wichtiger Anreiz, die Bombe nicht zu bauen. Dann gäbe es nur noch eine Möglichkeit, das Regime daran zu hindern - einen Militärschlag." Und das, so Becker, kann niemand wollen: "Es ist daher richtig, dass Trumps Nachfolger Joe Biden öffentlich klargemacht hat, sich an einem israelischen Angriff gegen Iran nicht zu beteiligen. Sollte ein Bombardement von Irans Nuklearanlagen dazu führen, dass Iran sich die Bombe zulegt, wären die Folgen unabsehbar. Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman hat erst vor wenigen Monaten angekündigt, sein Land in diesem Fall ebenfalls nuklear zu bewaffnen. Israels Monopol auf Atomwaffen im Nahen Osten wäre passé."

In der Zeit ärgert sich Philip Peyman Engel, Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen, dessen jüdische Mutter mit ihrer Familie 1967 aus dem Iran fliehen musste, enorm über Forderungen, "Israel solle deeskalieren. Da werde ich emotional. Wieso ermahnt Außenministerin Annalena Baerbock jedes Mal, wenn etwas passiert, Israel - und nicht zuerst den Iran oder die Hamas? Wieso wird bei ihr Israel zum Aggressor? Es gibt eine legendäre Schlagzeile des Focus: 'Israel droht mit Selbstverteidigung'. Die bringt es auf den Punkt." Auch Arye Sharuz Shalicar, Major und Pressesprecher der israelischen Armee, fragt in der Zeit: "Dürfen wir Juden uns aus Sicht der Mahner überhaupt wehren?"

Die arabischen Staaten haben jedenfalls kein Interesse an einem Krieg mit Israel, glaubt Matthias Naß auf ZeitOnline: "Sie wollen endlich ihren Frieden mit Israel schließen. Dies zeigte sich in den 'Abraham-Abkommen', die Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und Marokko mit der Regierung in Jerusalem geschlossen haben. Vollends wurde dies deutlich, als Jordaniens Luftwaffe dabei half, die iranischen Drohnen und Raketen vor Erreichen des israelischen Staatsgebiets abzuschießen. Die alten Feindbilder in Nahost schienen plötzlich außer Kraft gesetzt zu sein. Bei der Abwehr des iranischen Angriffs arbeiteten Israels ehemalige Gegner auf das Engste mit dessen westlichen Verbündeten Amerika, Frankreich und Großbritannien zusammen." China allerdings hält dem Iran weiterhin den Rücken frei.

Im Guardian fürchtet die in Brüssel lebende saudische Menschenrechtsaktivistin Lina al-Hathloul um ihre Schwester Loujain, die zu den Frauen gehört, die nicht mehr aus Saudi-Arabien ausreisen dürfen. "Ihr Verbrechen? Sie haben sich für die grundlegenden Menschenrechte eingesetzt. Loujain ist eine prominente saudische Frauenrechtlerin, die die Kampagne gegen das Fahrverbot für Frauen anführte und sich unermüdlich für die Abschaffung des männlichen Vormundschaftssystems einsetzte. Loujains mutiger und offener Aktivismus wurde von den saudischen Behörden mit Repressionen beantwortet. Im März 2018 wurde sie von den Straßen der Vereinigten Arabischen Emirate entführt und gewaltsam nach Saudi-Arabien zurückgebracht." Jetzt unterliegt sie einem "dauerhaften Reiseverbot ohne Ablaufdatum. Die Behörden haben nie eine Begründung geliefert und ignorieren weiterhin unsere Anfragen."

In der NZZ berichtet der Politikwissenschaftler Junhua Zhang über ein Treffen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping mit Ma Ying-jeou, dem ehemaligen Präsidenten Taiwans. Dabei besprachen sie, unter welchen Voraussetzungen, eine Wiedervereinigung "auf demokratische Weise" stattfinden könnte. Was auch immer das für beide Seiten bedeute. Bis heute gelte für Xi Jinping offiziell Deng Xiaopings "Losung 'Ein Land, zwei Systeme". Aber wer würde ihm vertrauen? "Es sei daran erinnert, dass Dengs Konzept im Jahre 1997 eine kluge Lösung für Hongkong war. Indes war es Xi selbst, der Dengs Konzept völlig zerstört hat.(...) Mit anderen Worten: Es war Xis eigener Bruch mit Dengs politischem Plan, der die Glaubwürdigkeit der KPCh für Taiwan zunichtemachte. Seitdem wollen die Inselbewohner nicht mehr auf 'Ein Land, zwei Systeme' hereinfallen."
Stichwörter: China, Iran, Israel, Juden, Hamas

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.04.2024 - Politik

Der Politikwissenschaftler Ali Fathollah-Nejad teilt auf Zeit Online seine Einschätzung zum Konflikt zwischen Iran und Israel. Das iranische Staatsfernsehen zeigte teilweise Fake-Bilder von Raketeneinschlägen in Israel - in Wahrheit aber, so Fathollah-Nejad, fühlte sich die Islamische Republik wegen der Tötung des Generals Mohammad-Reza Zahedi in Damaskus "unter Zugzwang". Den tatsächlichen Ausbruch eines Krieges wolle Iran nicht riskieren - er wäre innenpolitisch fatal: "Ein direkter Krieg gegen Israel und möglicherweise die USA wäre für Teheran militärisch und wirtschaftlich außerordentlich riskant und würde das Überleben des Regimes gefährden. Innenpolitisch befindet sich das Regime in einer tiefen Legitimationskrise. Die Kluft zwischen Staat und Gesellschaft erscheint unumkehrbar. Die iranische Gesellschaft ist sich sehr bewusst, dass das außenpolitische Gebaren der Islamischen Republik den Interessen des Regimes dient und nicht den Menschen im Land. "

Clemens Wergin sieht es in der Welt anders: Im Gegenteil sei Irans Attacke eben "nicht nur eine gesichtswahrende Maßnahme nach Israels Angriff auf iranische Terror-Kommandeure in Damaskus, sondern ein kriegerischer Überfall." Teheran sei zur "offenen Kriegsführung" übergegangen, so Wergin, was unter anderem auch ein Scheitern der westlichen Iranpolitik bedeute, die auf dem Prinzip der Beschwichtung beruht habe - eine "Zeitenwende" wie sie Russland gegenüber verkündet wurde, muss auch hier geschehen, ruft Wergin: "Dazu gehört, die iranischen Revolutionswächter und Iran-Klienten wie die Hutis auf die europäische Terrorliste zu setzen und neue Sanktionen gegen Teheran einzuführen. Westliche Länder sollten aber auch in ernsthafte Konsultationen mit Israel eintreten über Möglichkeiten, das iranische Atomprogramm mit militärischen Mitteln auszuschalten. Denn wenn Irans Angriff auf Israel eins gezeigt hat, dann dass: Wenn sie einmal die Bombe haben, wären die Mullahs verrückt genug, sie auch einzusetzen."

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Netanjahu setzt den zionistischen Gründungsgedanken aufs Spiel, schreibt im Guardian die israelische Politologin Dahlia Scheindlin, Autorin des Buches "The Crooked Timber of Democracy in Israel": "Unabhängig davon, ob man den Zionismus unterstützt oder verabscheut, sollte man seine Ziele bedenken: ein sicherer Hafen für das jüdische Volk zu sein.  …. Ein Ort, an dem das jüdische Volk - und alle anderen - ihr Potenzial entfalten und in Sicherheit leben können. (…) In vielerlei Hinsicht hoffte der Zionismus, dass das jüdische Volk den anderen gleichgestellt werden würde, nicht besser oder schlechter. Er war also sowohl eine Bewegung des Exzeptionalismus als auch des Auserwähltseins, die zum Teil darauf abzielte, Durchschnitt zu werden. Stattdessen steuert Israel auf den Pariastatus zu. Israelis kauern in Unterkünften, sind gezwungen, aus ihrem souveränen Land zu fliehen, und werden in die geschrumpften Grenzen ihres eigenen Landes gezwängt. Unerschütterliche Verbündete hielten Israel während des direkten Angriffs des Irans von Staat zu Staat am Samstagabend die Treue, aber Israels Krieg im Gazastreifen, der auf fast sechs Jahrzehnte Besatzung folgt, hat große Teile der Öffentlichkeit im Nahen Osten und im Westen verloren. In demokratischen Ländern, in denen die Menschen frei wählen, werden sie in Zukunft Führer wählen, die weit weniger freundlich zu Israel sind."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 16.04.2024 - Politik

Wird Israel auf den iranischen Angriff antworten? Und wenn ja, wie? Und wird sich daraus ein Flächenbrand entwickeln, der die ganze Region, vielleicht sogar die ganze Welt an den Abgrund führt? Im Interview mit der FR schließt der französische Islamwissenschaftler Olivier Roy das aus: "Der Iran ist durch seine Stellvertreter und durch die Revolutionswächter militärisch stark. Aber er wird die Armee nicht außerhalb des Irans einsetzen, weil das einen starken Protest in der Bevölkerung auslösen würde. Der Iran kann sich also selbst verteidigen, aber nicht, wenn er in einen echten Territorialkrieg im Nahen Osten verwickelt wird. Russland und China werden vielleicht etwas Unterstützung leisten, aber nicht mehr als das. Und das Wichtigste: Die arabischen Staaten werden sich nicht auf einen Krieg einlassen, weder gegen Israel noch gegen den Iran."

In der taz glaubt Klaus Hillenbrand nicht, dass Israel den Iran angreifen wird, einfach, weil es das nicht nötig habe. Und auch der Iran würde keinen Krieg führen, den er nicht gewinnen kann, schon gar nicht für die Palästinenser: "Vor allem möchte das Mullah-Regime mit seinen Satelliten von den jemenitischen Huthis über die libanesische Hisbollah bis zur palästinensisch-sunnitischen Hamas die eigene Rolle als Regionalmacht ausbauen, um damit den arabischen Raum dominieren zu können. Genau deshalb drohen die Palästinenser wieder zu Objekten herabzusinken, denen man für ihren Terror herzlich zugeneigt ist, deren Tod man aber billigend in Kauf nimmt. Zugleich führen die iranischen Ansprüche dazu, dass Staaten auf der Arabischen Halbinsel näher an Israel heranrücken, weil sie nicht von Teheran dominiert werden möchten. Insofern hat der Iran mit dem Angriff auf Israel das Gegenteil dessen bewirkt, was in seinem Interesse steht."

Im Daily Mail (ausgerechnet) sieht das Andrew Neil ähnlich. Anders als Hillenbrand glaubt er allerdings nicht, dass die Israelis den iranischen Angriff unbeantwortet lassen werden. Und warum sollten sie auch, fragt er: "Wenn so viele Zerstörungswaffen auf Großbritannien niederregnen würden, würden wir dann auf diejenigen hören, die zur Vorsicht mahnen, nachdenklich nicken und zustimmen, dass es wahrscheinlich für alle Beteiligten das Beste wäre, wenn wir einfach die Hände in den Schoß legen würden? Ich behaupte, dass jede britische Regierung, die sich darauf einlassen würde, schnell aus dem Amt gejagt würde." Doch mahnt auch er zu Vorsicht: "Wie und wann Israel darauf reagiert, ist seine Sache. Es muss nur das Gesamtbild im Auge behalten. Es kann dem Iran nicht ohne Verbündete entgegentreten."

In der Welt skizziert der Historiker Michael Wolffsohn einen "neuen Nahen Osten": Israel könne sich im aktuellen Krieg auf die informelle, amerikanisch gesteuerte Anti-Iran-Allianz verlassen, bestehend aus Saudi-Arabien, Bahrain, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch Länder wie Ägypten, Jordanien, Marokko, Mauretanien und der Suden haben Frieden mit Israel geschlossen: "Das bedeutet, dass die Mehrheit der arabischen Welt den Expansionsgelüsten des Iran widersteht - und nicht nur Israel allein. Hinter dem niederschmetternd kriegerischen Iran-Hamas-Israel-Krieg ist also ein neuer Naher Osten erkennbar. Abgesehen von Irans Stellvertretern im Libanon, Syrien, Irak, Jemen und Gaza besteht faktisch ein israelisch-arabischer Frieden. Es gibt aus Sicht der meisten arabischen Regierungen allerdings einen entscheidenden 'Störfaktor', nämlich das Schicksal der Palästinenser. Das entfaltet erhebliche politische und psychologische Wirksamkeit in der arabischen Welt." Wolffsohn glaubt daher: "Einen Staat 'Palästina' dürfte es mittelfristig, vielleicht sogar relativ bald geben."

"Die einzige Option für irgendeine Art von Lösung ist in erster Linie, dass Netanjahu abgelöst wird", meint der französische Arabist Gilles Kepel, der gerade das Buch "Holocaustes" veröffentlicht hat, im Interview mit der FAZ zum Nahostkonflikt. Dass sich in der arabischen Welt so viele auf die Seite der Hamas stellen, die den Terrorismus am 11. September noch verurteilt haben, beunruhigt ihn weniger als die Vorliebe westlicher Akademikerkreise für die Hamas: "Wissen Sie, ich bin alt genug, um miterlebt zu haben, wie stark die öffentliche Meinung und die großen Stimmen der sogenannten Zivilgesellschaften in dieser Region schwanken. Ich nehme das mit einer gewissen Gelassenheit zur Kenntnis. Auch weil die öffentliche Meinung in den meisten arabischen Ländern nicht frei ist." Gleichzeitig ist er "verzweifelt", dass an westlichen Universitäten "das Wissen über die Region nahezu durch Ideologie ersetzt wurde. Ich habe selbst in Sciences Po im großen Amphitheater Emile Boutny unterrichtet - damals hatte mich der IS mit dem Tod bedroht. Am Eingang standen meine Sicherheitsleute. Heute ist derselbe Ort in 'Amphitheater Gaza' umbenannt worden."

"Was sind schon Menschenrechte wert, wenn unsere Energiepreise oder die Lieferketten gefährdet sind", fragt in der SZ die Journalistin Natalie Amiri, die eine "Doppelmoral" der Politik in Deutschland und den USA gegenüber dem Iran diagnostiziert: "Der Islamischen Republik, die in Washington gebrandmarkt und sanktioniert ist, wird dennoch der illegale Ölverkauf an China erlaubt. Indem man wegsieht, lässt man zu, dass dem Regime in Teheran Milliarden in die Kassen gespült werden. Nicht in den Staatshaushalt, sondern auf die Konten der Revolutionsgarde - die mit diesem Geld wiederum ihre Ableger-Organisationen in der Region bezahlt. Islamistische Terroristen, die die Vernichtung Israels im Fokus haben. Pendeldiplomatie für alle: Auch Israel bekommt, trotz öffentlicher Aufrufe zur Mäßigung in Gaza, weiterhin Massen an Waffen geliefert. Das iranische Regime amüsiert sich vermutlich prächtig, wie sehr hier Worte und Handeln auseinanderklaffen, und freut sich über die konsequenzfreie Politik des Westens."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.04.2024 - Politik

Das Wochenende war geprägt von dem iranischen Angriff auf Israel. Symmetrisch war er nicht - sondern disproportional, wenn man den mutmaßlichen israelischen Angriff auf die iranische Botschaft als Auslöser nimmt, meint Nikolas Busse in der FAZ: "Iran hat sich nach einer langen Phase, in der es durch seine Schattenarmeen handelte, aus der Deckung gewagt und seinem Israelhass Lauf gelassen. Das schafft für die Führung in Jerusalem eine schwierige Lage: Kurzfristig wäre es klüger, sich auf die Hamas und Gaza zu konzentrieren, statt in einen Mehrfrontenkrieg in der gesamten Region einzusteigen. Mittel- bis langfristig wird Israel aber nicht mit der ständigen Gefahr aus Iran leben wollen, vor allem dann nicht, wenn noch Atomwaffen hinzukommen könnten."

Während Israels Abwehrkrieg gegen die Hamas im Zentrum einer empörten Weltöffentlichkeit stand, war weitgehend aus dem Blick geraten, "dass der Auslöser für die gegenwärtige Eskalation die größte antijüdische Mordaktion seit dem Holocaust war, begangen von der Hamas mit - mindestens - der Rückendeckung des iranischen Regimes", schreibt Richard Herzinger in seinem Blog: "Dieses steht überdies in einer engen, strategischen Allianz mit Russland - weswegen der mörderische Terrorangriff der Hamas und der russische Vernichtungskrieg gegen die Ukraine nicht isoliert voneinander betrachtet werden dürfen."

Vor zehn Jahren wurden 276 überwiegend christliche Mädchen aus einer weiterführenden Schule in Chibok in Borno, Nigeria, entführt. Täter war eine Terrorgruppe, die "westliche Bildung" (Boko) "verboten" (haram) findet. Für kurze Zeit war die Welt auch hier empört. Bis heute sind viele dieser Mädchen verschwunden, viele wohl ermordet berichtet die Westafrika-Korrespondentin der taz, Katrin Gänsler, die über das Wüten des Islamismus in dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas aber sonst wenig mitteilt. Nur soviel: "Einen Boom erlebt das Entführungsbusiness seit 2020. Nach Angaben der Sicherheitsfirma Beacon Consulting mit Sitz in Abuja wurden alleine vergangenes Jahr mehr als 4.000 Menschen entführt und knapp 10.000 ermordet. So wurden Anfang März im Bundesstaat Kaduna mehr als 280 Schüler:innen vom Hof der dortigen staatlichen Schule verschleppt. Die Motivation dafür ist längst nicht mehr eine ideologische, sondern eine wirtschaftliche. Der Naira ist abgestürzt, die Inflation liegt bei knapp 32 Prozent, und nach Angaben der Weltbank wird die Wirtschaft 2024 gerade einmal um 3,4 Prozent wachsen. Die Bevölkerung nimmt hingegen jährlich um rund fünf Millionen zu."

Vor einem Jahr brach der Krieg im Sudan aus, der schon lange keine Medienaufmerksamkeit mehr bekommt. Dabei wurden hier 8,5 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, eine große Hungerkatastrophe bahnt sich an, konstatiert eine Gruppe von UN-Funktionären im Tagesspiegel. "Die Gewalt hat Tausende von Menschen getötet, Millionen entwurzelt und eine humanitäre Katastrophe ausgelöst. Der Zusammenbruch im Sudan trägt zu den Aufständen in den Nachbarländern der Sahelzone bei und droht, die Region zu destabilisieren. Die erschreckenden Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind alarmierend. Dazu gehören Hunger, wahllose und ethnisch motivierte Tötungen in Darfur und sexualisierte Gewalt. All das hat zur weltweit am schnellsten wachsenden Vertreibungskrise geführt." Letztlich fordern die Autoren eine diplomatische Lösung, die das Leid in der Region beendet.

Außerdem: Frauke Steffens wirft für die FAZ einen Blick auf die politischen Stiftungen und Thinktanks der Republikaner in den USA, die immer offener einem Wahlsieg Trumps zuarbeiten und das gemäßigte Erbe der Republikaner fallen lassen. Zu den prominentesten Stiftungen, die das "Projekt 2025" fördern, gehören die einst renommierte Heritage Foundation und das Claremont Institut, "und auch die etablierten Thinktanks in Washington sehen zu, dass sie ihre politischen Vorschläge auf Trump zuschneiden".

9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.04.2024 - Politik

In der taz wirft Andi Schoon einen Blick auf das wechselhafte Verhältnis zwischen Israel und Südafrika: Schon um die Jahrhundertwende waren viele osteuropäische Juden vor Pogromen nach Südafrika geflüchtet. "Die Nürnberger Gesetze des NS-Regimes brachten dann nach 1933 zahlreiche jüdische Flüchtlinge just in dem Moment nach Südafrika, als der Afrikaanernationalismus im Land mit dem Hitlerfaschismus zu sympathisieren begann. Als letztes Flüchtlingsschiff erreichte 1936 der Dampfer 'Stuttgart' mit mehr als 500 jüdischen Deutschen an Bord Kapstadt, empfangen von einer antisemitischen Protestdemonstration. Danach legte die südafrikanische Regierung eine Quote für jüdische Flüchtlinge fest und erklärte sie sogleich für ausgeschöpft. Im aufkommenden Kalten Krieg verstärkte sich eine diffuse Identifikation zwischen Israel und dem weißen Südafrika. Der Beginn der institutionalisierten Apartheid war im Mai 1948 genau mit der Staatsgründung Israels zusammengefallen. Südafrika war eines der ersten Länder weltweit, das Israel anerkannte."

Auf den Seiten Bilder und Zeiten der FAZ schaut Frauke Steffens indes auf die amerikanischen Debatten über die amerikanischen Juden. "Das Goldene Zeitalter der amerikanischen Juden geht zu Ende" hatte The Atlantic bezugnehmend auf einen Artikel von Franklin Foer über wachsenden rechten und linken Antisemitismus in den USA getitelt, während der jüdische Journalist Peter Beinart in der New York Times die amerikanischen Juden aufrief, "ihren linken oder liberalen Überzeugungen Vorrang vor der Loyalität zu Israel zu geben." Steffens schreibt dazu: "War die Kritik der älteren Generation an Israel noch 'aus Liebe geboren', wie es auch Foer formuliert, sehen Demoskopen unter den Jungen deutliche Veränderungen. Vor drei Jahren fand etwa das 'Jewish Electorate Institute' heraus, dass achtunddreißig Prozent der amerikanischen Juden im Alter von unter vierzig der Aussage zustimmten, Israel sei ein 'Apartheid-Staat'. Im November waren dem Institut zufolge neunundvierzig Prozent der jüdischen Wähler zwischen achtzehn und fünfunddreißig Jahren gegen weitere amerikanische Militärhilfen an Israel."