9punkt - Die Debattenrundschau

Ein bisschen Differenzierung

Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
12.08.2017. Die Debatte um das "Diversity-Memo" von James Damore und um Sexismus bei Google geht weiter: Der New York Times-Kolumnist David Brooks fordert in einem scharfen Kommentar den Rücktritt des Google-CEO Sundar Pichai. Politico.eu erklärt das Verhalten Nordkoreas aus der Geschichte. Politico.eu beleuchtet auch das recht herzliche Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Wladimir Putin. In der taz erzählt Manuel Karasek von seiner venezolanischen Mutter, ihrem Glauben an das chavistische Regime und den Kriegsvorbereitungen in dem Land.
Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.08.2017 finden Sie hier

Internet

Könnte es sein, dass sich die Wahrnehmung im Streit um das Diversity-Memo des Google Programmierers James Damore dreht (unsere Resümees dazu)? In einem scharfen Kommentar legt David Brooks in der New York Times zunächst dar, dass Damores Papier von renommierten Forschern wie Debra Soh in The Globe and Mail (hier) und Geoffrey Miller in Quillette (hier) als wissenschaftlich akkurat beschrieben wird (unser Leser Dieter Kief wies übrigens schon vor einigen Tagen in den Kommentaren darauf hin). Brooks verkennt dennoch nicht, dass sich Programmiererinnen bei Google von dem Papier angegriffen fühlen mussten. Was er aber kritisiert, ist, mit welchem Opportunismus die Leitungsebene bei Google die Debatte an die Wand gefahren hat, indem sie Damore feuerte: In der Debatte, so Brooks, "gibt es eine legitime Spannung. Damore beschreibt eine Wahrheit auf einer Ebene. Seine Kritikerinnen beschreiben eine Wahrheit auf eine anderen Ebene. Er bringt wissenschaftliche Erkenntnisse ins Spiel, sie bestehen auf Gleichstellung. Man muss ein bisschen Differenzierung aufbringen, um diese beiden Ebenen zu harmonisieren. Aber es ist machbar. Nur befindet sich Differenzierung in Amerika im Winterschlaf. Hier tritt die dritte Akteurin auf den Plan, Google Diversity-Beauftragte Danielle Brown. Sie hat erst gar nicht mit den Befunden in Damores Memo gerungen. Sie schrieb einfach, er 'bringe falsche Vermutungen über Gender' vor. Hier schlägt die Ideologie die Vernunft." Die schärfste Kritik bekommt bei Brooks Google-CEO Sundar Pichai ab, den er glatt zum Rücktritt auffordert.

Sarah Jones antwortet in der New Republic mit einer Rücktrittsaufforderung an David Brooks und bringt weitere Wissenschaftler ins Spiel, die Damores Thesen bestreiten.

China verschärft die Internetzensur, melden die Agenturen, hier etwa in der FR: "Gegen drei der größten sozialen Netzwerke des Landes sind Ermittlungen eingeleitet worden, wie die Internetbehörde CAC am Freitag erklärte. Als Grund gab die CAC an, Nutzer der Plattformen verbreiteten Inhalte, die 'Gewalt, Terrorismus, falsche Gerüchte, obszöne Pornografie und mehr' zeigen würden. Ermittelt werde gegen den Twitter-ähnlichen Dienst Weibo, den Messengerdienst WeChat und das Diskussionsforum Tieba."

Außerdem: Hendrik Lehmann berichtet im Tagesspiegel, dass die Berliner Audioplattform Soundcloud vorerst duch Intervention zwei großer Investoren gerettet sei.
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Geschichte

Aus der Geschichte könne man einiges über die Motive des heutigen Nordkorea lernen, schreibt Sheila Miyoshi Jager bei politico.eu. Und da müsse man vor allem sehen, dass Korea schon seit Jahrhunderten ein Spielball der Großmächte gewesen sei und immer seine Unabhängigkeit verteidigen musste - bei den nordkoreanischen Diktatoren nahm dieses Geschichtsbild wahnhafte Züge an: "Das nordkoreanische Regime wird niemals seine nuklearen Waffen zur Disposition stellen. Noch wird es sich von Drohungen einer militärischen Attacke oder ökonomischem Druck aus China einschüchtern lassen. Die Idee war immer, das Joch der 'regierenden Anführer' der Großmächte - und zwar aller Großmächte - abzuwerfen und die koreanische Vereinigung und Unabhängigkeit unter eigenen Bedingungen zu erreichen."

Außerdem: In der FAZ erinnert Mirko Heinemann an die Vertreibung der Griechen aus der Türkei vor hundert Jahren - ein Urbild der "ethnischen Säuberungen" im 20. Jahrhundert.
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Religion

Jacopo Barigazzi beleuchtet in politico.eu die recht herzlichen Beziehungen zwischen Papst Franziskus und Wladimir Putin. Wie Putin habe Franzsikus amerikanische Interventionen in Syrien abgelehnt, überdies seien die Christen in Syrien Putin dankbar für die Unterstützung des Assad-Regimes. Die Intervention in der Ukraine habe der Papst nur sehr mild verurteilt: Für Putin "bieten Fototermine mit dem Papst die Gelegenheit, Russland als eine Bastion des Christentums darzustellen, die daran arbeite, die westliche Zivilisation vor einer Globalisierung ohne Werte zu bewahren. In der katholischen Welt wird tatsächlich darüber diskutiert, ob Russland hier nicht eine Lösung bieten könne."
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Politik

Manuel Karasek, Sohn der Venezolanerin Marvela Ines Mejia-Perez und Hellmuth Karaseks, erzählt in der taz von den Illusionen, die sich seine Mutter immer noch über das chavistische Regime macht und macht sich selbst inzwischen ernsthafte Sorgen über das immer brutalere Regime: "Präsident Maduro und seine Gefolgsleute sind inzwischen bis an die Zähne bewaffnet. Die Nationalgarde wurde in den letzten Jahren von 30.000 auf 60.000 erhöht. In der venezolanischen Armee befinden sich allem Anschein nach auch Söldner der kolumbianischen Farc-Guerilla... Währenddessen erscheinen jeden Tag neue Berichte über die unfassbare Korruption und kriminelle Bereicherung durch führende Chavistas. Viele Venezolaner befürchten, dass es in naher Zukunft zu einem Bürgerkrieg kommen wird oder die Chavisten eine brutale Diktatur errichten werden." Nebenbei erfährt man bei Karasek, dass der bekannte Autor Tariq Ali für den englischsprachigen Kanal des chavistischen Senders Telesur arbeitet.
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Stichwörter: Venezuela, Ali, Tariq

Gesellschaft

Liebe Leser, Wolfgang Tillmans bittet kurz um ihre Aufmerksamkeit:

PLEASE TELL ALL GERMAN FRIENDS WHO LIVE ABROAD: YOU ARE ELIGIBLE TO VOTE IN THE IMPORTANT SEPTEMBER 24 FEDERAL ELECTIONS, IF YOU HAVE A GERMAN PASSPORT AND LIVED IN THE COUNTRY FOR AT LEAST 3 MONTHS DURING THE LAST 25 YEARS. THERE IS A GREAT WEBSITE THAT HELPS YOU GET YOUR REGISTRATION www.fernwahl.de ACT NOW, YOUR APPLICATION HAS TO BE IN BY SEPTEMBER 1. --- This year the far-right AfD party tries to enter the Bundestag (national parliament). There is a 5% share of the vote threshold that any party has to jump in order to get in. Current polls show the AfD between 6% and 9%. If many of the 1 Mio+ Germans abroad and many inside Germany cast their vote against this backward-minded nationalist party, they might drop below the 5% threshold. There is still hope that the poison chalice of far-right populism passes the Bundestag. It would be a great signal. - THIS EASY WEBSITE IS DESIGNED TO HELP GERMANS ABROAD TO GET THEIR VOTE: www.fernwahl.de TELL FRIENDS ABOUT IT! OR HERE THE OFFICIAL DETAILS: Wie? Zur Ausübung des Wahlrechts müssen sich im Ausland lebende Wahlberechtigte vor jeder Bundestags- oder Europawahl in das Wählerverzeichnis der Gemeinde eintragen lassen, in dem sie zuletzt vor ihrem Wegzug gemeldet waren. Link zum "Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis und zu der Versicherung an Eides statt für im Ausland lebende Deutsche": https://www.bundeswahlleiter.de/dam/jcr/dc589523-d709-4c43-adbc-9342dda468ad/bwo_anlage-2_ausfuellbar.pdf Schicken an: die aktuelle Anschrift der zuständigen Gemeindebehörde. Internetseite der Gemeinde aufsuchen und Adresse checken. Wenn man verpeilt hat, wo man zuletzt gemeldet war, … … gilt die "letzte Heimatgemeinde der Vorfahren in gerader Linie im heutigen Bundesgebiet". Wann? Die Eintragung muss schriftlich bis spätestens zum 21. Tag vor der Wahl bei der Gemeinde eingegangen sein, d.h. bis zum 3. September, Sonntag Rausschicken also noch am besten im August wegen Postweg aus dem Ausland! Da der letzte Wochentag der 1. September Freitag ist. Mehr Info unter www.bundeswahlleiter.de ___________ #24092017 #rechtzeitig #briefwahl #beantragen

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